Documenta 15 oder die Demontage von Reisscheunen

von Rainer Werning – 23. Juli 2022

Die documenta 15 in Kassel läuft Gefahr, die letzte Kunst- und Kulturausstellung ihrer Art zu sein. Sie geriet bis dato dermaßen tief ins Räderwerk ätzender und verletzender „Antisemitismus“-Kritik, dass als vorläufig letzter Akt Sabine Schormann als Generaldirektorin der documenta einvernehmlich mit dem Aufsichtsrat der Weltkunstschau am 16. Juli zurücktrat. Dabei hätten die diesmal von indonesischen Künstlern kuratierte Ausstellung und das von ihnen präsentierte Konzept „lumbung“ eigentlich gute Chancen haben können, auf vielfältige Weise die interkulturelle Kommunikation zwischen dem „Westen“ und dem „globalen Süden“, der vormals auch als „Dritte Welt“ oder „Trikont“ (Asien, Afrika, Lateinamerika) bezeichnet wurde, zu beleben und zu bereichern. „Lumbung“ bezeichnet ja die Reisscheune als gemeinsamen (H)Ort des Verwaltens und Teilens einer lebenswichtigen Ressource. Stattdessen sind Scheunen niedergerissen worden – mit nicht absehbaren Konsequenzen. Und: Letztlich in und mit welchem Interesse? Ein unaufgeregter Zwischenruf in aufgeheizter Stimmungslage …

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Nach uns die Sintflut (II)

Von German-Foreign-Policy.com – 22. Juli 2022

Europa, das Ende 2021 Erdgasprojekte in Afrika zur Klimarettung stoppen wollte, fördert sie nun, um von russischem Gas unabhängig werden und den Kampf gegen Moskau verschärfen zu können. – Die verstärkte Nutzung afrikanischer Länder als Lieferanten von Erdgas für Europa stößt auf dem afrikanischen Kontinent zunehmend auf Kritik. Hintergrund sind Beschlüsse, die eine Reihe wohlhabender Industriestaaten im vergangenen Jahr auf der Glasgower Klimakonferenz (COP26) fällten. Sie sahen vor, die Finanzierung der Öl- und Gasförderung im Ausland zu stoppen, was wiederum die Nutzung von Erdgas als Energieträger in Afrika erschwert. In Afrika haben bis heute 600 Millionen Menschen keinen Zugang zu Strom; Erdgas gilt dort als geeigneter Energieträger, um dies mit möglichst geringer Klimabelastung zu ändern. Jetzt allerdings vollziehen die Staaten Europas plötzlich eine Kehrtwende und dringen auf Erdgaslieferungen aus afrikanischen Staaten – um rasch von Erdgas aus Russland unabhängig zu werden und Russland noch schärfer boykottieren zu können. Aus zahlreichen afrikanischen Staaten kommt scharfe Kritik; das europäische Vorgehen sei „bevormundend“ und „heuchlerisch“, protestiert ein einstiger Spitzenvertreter der UN. Auf der Jagd nach Flüssiggas kaufen die Staaten Europas weiterhin auch ärmeren Ländern Südasiens die Lieferungen weg.

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Sri Lanka: Neuer Präsident Wickremesinghe ordnet brutales Vorgehen von Polizei und Militär gegen Demonstranten an

Von Saman Gunadasa – 22. Juli 2022

Am Freitag attackierten Hunderte von Soldaten und Polizisten in den frühen Morgenstunden das zentrale Protestlager der Demonstranten in der Grünanlage Galle Face Green in Colombo. Mit schweren Waffen und Sturmhauben ausgerüstet griffen sie wahllos Demonstranten an. Dutzende mussten ins Krankenhaus. Die Polizeiaktion um 2 Uhr morgens war die erste Amtshandlung von Ranil Wickremesinghe, seit er am Mittwoch vom sri-lankischen Parlament zum Präsidenten ernannt worden war. Sie muss als nachdrückliche Warnung vor den Plänen des rechten, von den imperialistischen Mächten unterstützten Parteivorsitzenden der United National Party verstanden werden.
Nachdem sein Amtsvorgänger Rajapaksa letzte Woche wie ein Verbrecher aus dem Land geflohen ist, hat Wickremesinghe sich vorgenommen, mit Gewalt gegen die riesige Protestbewegung vorzugehen, die das Land in den letzten drei Monaten erschüttert hat. Der Angriff am Freitagmorgen wurde direkt von Wickremesinghe angeordnet. Am Mittwochabend hatte er kurz nach seiner Amtseinführung erklärt: „Wir werden mit aller Entschiedenheit und im Einklang mit dem Gesetz gegen sie vorgehen. Wir werden nicht zulassen, dass eine Minderheit von Demonstranten das Streben der schweigenden Mehrheit nach einem Wechsel im politischen System unterdrückt.“

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Die Stimme aus dem Donbass – Kinder im Visier ukrainischer Soldaten

Von Elena Malinowa – 22. Juli 2022

In den europäischen Massenmedien wird darüber berichtet, dass am 15. Juli 2022 „die vierjährige Lisa bei dem russischen Raketenangriff auf Winnyzja ums Leben kam“. Auch wir in Donezk trauern um das kleine Mädchen, das unweit des im Stadtzentrum von Winnyzia liegenden Militärobjekts „Haus der Offiziere“, in dem damals hunderte ausländischer Söldner untergebracht waren, getötet wurde … Wie der Volksmund sagt: „Jedes Ding hat zwei Seiten“. Warum wird im Ausland aber stets nur eine Seite dargestellt und natürlich immer nur die Seite der Ukraine, die dabei immer hundertprozentig Recht habe? Ist sie wirklich so unschuldig?

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Baerbock und die „Volksaufstände“

Von Tobias Riegel – 22. Juli 2022 um 12:08

Das Spiel geht weiter: Mitglieder der Bundesregierung warnen eindringlich vor den Auswirkungen der eigenen Politik. Bewusste Entscheidungen werden dabei als Folge von höherer Gewalt dargestellt. Baerbocks Worte zu den Aufständen zeigen auch: Von „Fehlern“ kann nicht die Rede sein, die Regierung ist sich der dramatischen Folgen der eigenen Politik vollauf bewusst – und führt sie dennoch fort.

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Klimadialog mit dem Schlächter von Kairo entlarvt Menschenrechtspropaganda der Bundesregierung

Von Johannes Stern – 22. Juli 2022

Wenn es noch eines Ereignisses bedurft hätte, die Menschenrechtspropaganda und klimapolitischen Phrasen der Bundesregierung zu entlarven, war es die Durchführung des 13. Petersberger Klimadialogs Anfang der Woche. Partner und Stargast des Treffens im Auswärtigen Amt war kein anderer als der ägyptische Diktator Abdelfattah al-Sisi.
Führende Vertreter der Regierung – allen voran die Grünen – bezeichnen den russischen Präsidenten Wladimir Putin regelmäßig als „Massenmörder“ und Russland als „Terrorstaat“, um die Nato-Aggression gegen das rohstoffreiche Land zu rechtfertigen. Wenn diese Charakterisierung auf ein internationales Staatsoberhaupt zutrifft, dann auf den Schlächter von Kairo. Al-Sisi, der sich am 3. Juli 2013 nach Massenprotesten gegen den islamistischen Präsidenten Mohamed Mursi mit westlicher Unterstützung an die Macht putschte, führt ein brutales Terrorregime. Seine Herrschaft begann mit einem Blutbad.

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Ukraine greift Atomkraftwerk in Saporischschja an

Von Thomas Röper – 22. Juli 2022

Am 18. Juli hat die ukrainische Armee das Atomkraftwerk in Saporischschja, das seit Beginn der Militäroperation unter russischer Kontrolle ist, mit drei Kamikaze-Drohnen angegriffen. – Ich habe extra einige Tage gewartet, bevor ich diesen Artikel schreibe, denn ich wollte abwarten, ob deutsche „Qualitätsmedien“ nicht doch noch über den ukrainischen Drohnengriff auf das Atomkraftwerk in Saporischschja berichten. Dass es irgendwo kleine Meldungen gegeben hat, kann ich nicht ausschließen, aber die großen deutschen „Qualitätsmedien“ sind nicht der Meinung, dass die Deutschen erfahren sollen, dass die ukrainische Armee das mit vier mächtigen Reaktoren größte Atomkraftwerk Europas mit drei Kamikaze-Drohnen angegriffen hat. Dass es dabei zu keiner Katastrophe gekommen ist, wird von Verantwortlichen als „glücklicher Zufall“ bezeichnet. Ein Vertreter der Behörden in Saporischschja erklärte, dass das Ziel des Angriffs wahrscheinlich das Kühlsystem, also die empfindlichste und kritischste Stelle des Kraftwerks, war. Bei dem Angriff wurden elf Menschen verletzt, vier von ihnen befinden sich in einem kritischen Zustand.

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Die Documenta 15 und der verlogene Vorwurf des Antisemitismus

Von Sybille Fuchs – 22. Juli 2022

Am 16. Juli trat Sabine Schormann, die Generaldirektorin und Geschäftsführerin der Documenta 15, unter massivem politischem Druck zurück. Zuvor hatte sich der Vorwurf des Antisemitismus gegen die Weltkunstausstellung in Kassel zugespitzt. Entsprechende Vorwürfe waren bereits vor der Eröffnung der Documenta erhoben worden, die in diesem Jahr vom indonesischen Künstlerkollektiv Ruangrupa ausgerichtet wird, das neben allgemeiner Kritik am Kolonialismus auch Kritik an der Palästinenserpolitik der israelischen Regierung übt. Die Kritik erreichte Orkanstärke, als auf der Ausstellung kurzzeitig ein riesiges, zwanzig Jahre altes Transparent des indonesischen Kollektivs Taring Padi gezeigt wurde, das sich gegen die von der Suharto-Diktatur geprägten gesellschaftlichen Verhältnisse in Indonesien richtet. Unter Hunderten Figuren und Szenen fanden Kritiker zwei, die antisemitische Merkmale aufweisen: In einer Reihe Soldaten oder Polizisten im Sturmschritt findet sich eine Figur mit Schweinsgesicht, einem Halstuch mit Davidstern und einem Helm mit der Aufschrift „Mossad“ – anscheinend ein Hinweis auf die Mitwirkung des berüchtigten israelischen Auslandsgeheimdiensts am Putsch Suhartos, dem 1965 zwischen 400.000 und einer Million Kommunisten und regierungskritische Studenten zum Opfer fielen. Die zweite Figur, ein Mann in Anzug und Krawatte mit Haifisch-artigen Zähnen, einer Zigarre im Mund und angedeuteten Schläfenlocken mit einer SS-Rune auf dem Hut, ähnelt auf fatale Weise den Nazi-Karikaturen jüdischer Kapitalisten.

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Eskaliert die Lage in der Ukraine im August?

Von Thomas Röper – 21. Juli 2022

Wenn man Meldungen aus Kiew, Brüssel, Washington und Moskau im Zusammenhang betrachtet, ist demnächst eine massive Eskalation der Kampfhandlungen in der Ukraine zu erwarten, die der Westen nach Kräften befeuert. – Dass Russland in der Ukraine militärisch eingreifen würde, war schon Ende letzten Jahres abzusehen. Russland hatte seit Anfang 2021 immer wieder auf seine roten Linien hingewiesen, was die Stationierung von NATO-Truppen in der Ukraine und den NATO-Beitritt der Ukraine anging. Als letzten Versuch, das Problem diplomatisch zu lösen, hat Russland im Dezember letzten Jahres Verhandlungen über gegenseitige Sicherheitsgarantien mit den USA und der NATO vorgeschlagen. Und Russland hat erklärt, dass es gezwungen sei, „militärtechnisch“ zu regieren, wenn der Westen diese Verhandlungen ablehnt. … Das Ergebnis ist bekannt: Der Westen hat Verhandlungen darüber Anfang Februar 2022 abgelehnt, parallel dazu hat Kiew den Beschuss des Donbass verstärkt und Selensky hat die nukleare Bewaffnung der Ukraine angedroht. Daraufhin hat Russland am 24. Februar militärisch reagiert. Das war absehbar. … Derzeit erleben wir eine Wiederholung dieser Situation, denn wieder zeigt Russland klar seine roten Linien auf, während Kiew verkündet, genau diese überschreiten zu wollen und der Westen Kiew die dazu nötige Rückendeckung, dieses Mal in Form der nötigen Waffen, bietet. Konkret geht es darum, dass Russland Angriffe der Ukraine auf russisches Territorium, vor allem auf zivile Ziele, als rote Linie betrachtet, deren Übertretung eine sehr harte militärische Reaktion Russlands nach sich ziehen würde.

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Die Abspaltung des Donbass von der Ukraine war kein Verstoss gegen das Völkerrecht

Von David C. Hendrickson – 15. Juli 2022

Im internationalen Völkerrecht – auch in der UNO-Charta festgehalten – gibt es ein Recht auf Sezession, wenn sich ein Volk von einer Regierung nicht mehr vertreten fühlt, die ihrerseits nicht mehr demokratisch legitimiert ist. Dieser Fall trat im Jahr 2014 ein, als auf dem Kiever Maidan die ordentlich gewählte Regierung weggeputscht wurde. Redaktionelle Vorbemerkung: Journalisten haben die Aufgabe, Nachrichten und Meinungen kurz und verständlich zu formulieren und, wenn immer möglich, das wichtigste am Anfang zu sagen. Wissenschaftler pflegen einen anderen Stil: Sie präsentieren ihre Erkenntnisse ohne Druck auf Kürze, und wenn es zum Beispiel Politologen sind, dann erklären sie eine neue Situation nicht ohne Grund in der historischen Reihenfolge der Ereignisse. Das hat auch David C. Hendrickson gemacht, ein US-amerikanischer Experte im Bereich des Völkerrechts. Der wichtigste Abschnitt seiner ausführlichen Analyse ist dieser: „Die Menschen in den westlichen und zentralen Regionen der Ukraine unterstützten die neue revolutionäre Regierung in Kiew, die nun fest bei den Westmächten verankert ist, während eine entschiedene Mehrheit der Menschen auf der Krim und im Donbass für Selbstbestimmung eintrat – d.h. nicht von Kiew regiert werden wollte – und dafür Schutz suchte bei Russland. Hatten sie das Recht, dies zu tun? Die Logik des Gesetzes diktiert, dass sie es hatten. Dieses Recht war durch die vorherige Aufhebung der Verfassung auf sie übergegangen.“

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