Polen: Rechtsextremer Oppositionskandidat gewinnt Präsidentschaftswahlen

Von Martin Nowak – 3. Juni 2025

Laut den Ergebnissen der nationalen Wahlkommission hat Karol Nawrocki am Sonntag die Stichwahl um das Präsidentenamt mit 50,89 Prozent der Stimmen gewonnen. Sein Kontrahent Rafał Trzaskowski erhielt 49,11 Prozent. Der von der extrem rechten oppositionellen PiS-Partei unterstützte Nawrocki bekam 10.606.628 Stimmen, während der Kandidat der Regierungspartei PO auf 10.237.177 Stimmen kam.

Wie bereits in der ersten Runde erreichte die Wahlbeteiligung mit 71,63 Prozent erneut einen Rekordwert. Die darin zum Ausdruck kommende enorme Politisierung macht die Niederlage für die Regierung von Ministerpräsident Donald Tusk umso schwerer.

Es ist dabei vollkommen klar: Das Votum für Nawrocki ist in erster Linie ein Votum gegen die Regierung Tusk. Das bestätigen nicht nur die Zahlen, sondern auch Medienkommentatoren und Mitglieder der Regierungskoalition selbst.

Trzaskowski ist spätestens seit 2013, als er von Tusk in dessen Regierung berufen wurde, ein enger politischer Weggefährte des heutigen Regierungschefs. Seit 2018 ist er Oberbürgermeister von Warschau und unterlag bereits bei der Wahl 2020 knapp dem damaligen Amtsinhaber Andrzej Duda. Trzaskowski, der Mann aus der Hauptstadt, steht exemplarisch für die politische Spaltung des Landes: Während Regierung und PO im Westen und in den Städten stark sind, dominiert die PiS auf dem Land und im Osten.

Auch soziale Unterschiede spiegeln sich im Wahlverhalten wider: Während besser gestellte Angestellte und Manager mehrheitlich Trzaskowski wählten, fand Nawrocki vor allem bei Landwirten und ärmeren Arbeiterschichten Zustimmung.

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Was es mit den Angriffen auf die Krimbrücke auf sich hat

Von Thomas Röper – 3. Juni 2025

Heute wurden erneute Angriffe auf die Krimbrücke gemeldet. Der ukrainische Geheimdienst veröffentlichte Erfolgsmeldungen, die die westlichen Medien wie immer blind übernommen haben. Allerdings läuft der Verkehr auf der Brücke normal.

Die Meldung des Tages war der ukrainische Angriff auf die Krimbrücke. Während Russland und die Ukraine nach über drei Jahren totaler Funkstille endlich wieder direkt miteinander sprechen, eskaliert die Ukraine die Angriffe auf Russland auf ein nie gekanntes Niveau, um die russische Regierung zu Kurzschlusshandlungen zu provozieren, mit denen Selensky dann zu Trump laufen und sagen kann, Russland wolle ja gar nicht verhandeln. Es geht also offensichtlich nicht darum, militärisch etwas zu erreichen, sondern den Verhandlungsprozess zu torpedieren.

Da waren am Sonntag die Drohnenangriffe auf Flughäfen der strategischen russischen Bomberflotte und zwei Sprengungen von Brücken, bei denen gezielt Zivilisten getötet wurden, weil die Sprengungen exakt in dem Moment stattfanden, als Züge kurz bei den Brücken waren. Die Toten und Verletzten waren entsprechend alles Zivilisten.

Am heutigen Dienstag kam dann gegen Mittag die Meldung, die Ukraine habe die Krimbrücke angegriffen. Die Meldung kam vom ukrainischen Geheimdienst SBU und der hat sogar das Video einer Explosion veröffentlicht. Angeblich wurden die Brückenpfeiler mit Seedrohnen angegriffen.

Westliche Medien wie der Spiegel wiederholten wie üblich eins zu eins die Propaganda des ukrainischen Geheimdienstes. Der Spiegel titelte beispielsweise „Explosionen bei annektierter Halbinsel – Ukraine meldet Unterwasserangriff auf Krim-Brücke – Verkehr eingestellt“.

Offensichtlich waren die Angriffe allerdings nicht schlimm, denn tatsächlich wurde die Brücke im Laufe des Tages tatsächlich zwei Mal vorübergehend gesperrt, aber seit dem späten Nachmittag läuft der Verkehr über die Brücke normal […]

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Operation Spiderweb – brillanter taktischer Erfolg oder Selenskijs Phyrrhus-Sieg

Von Rainer Rupp – 3. Juni 2025

Zweifellos war der Drohnenangriff der Ukraine auf strategisch wichtige russische Flughäfen beeindruckend. Aber er ändert nichts an der Entwicklung auf dem Schlachtfeld, auf dem Russland weiterhin und immer schneller vorrückt und seine taktischen Vorteile und materielle Überlegenheit behält.

Wenn man erst einmal von den üblichen Übertreibungen Selenskijs und deren Widerhall in den westlichen Medien absieht und sich auf eine von Wunschdenken freie, also realitätsbezogene Bewertung des Krieges in der Ukraine bezieht, hat der taktisch beeindruckende Drohnenangriff der Ukraine nichts an der strategischen Entwicklung des Krieges geändert.

Die ukrainische „Operation Spiderweb“ hatte fünf russische Luftwaffen zum Ziel, die über das Riesenland verteilt waren. Angeblich wurden jedoch nur Ziele auf drei Basen zerstört, wo 13 strategische Bomber, die zur russischen Triade der nuklearen Abschreckung gehören, zerstört oder beschädigt worden sein sollen. „Ein höchst riskantes Spiel“

Selenskijs Behauptungen, unterstützt von westlichen Medien, haben den Erfolg von „Spiderweb“ anscheinend übertrieben, denn nach dem Angriff aufgenommene Satellitenbilder widerlegen die zunächst gemeldete Zerstörung von 41 Flugzeugen. Die im Internet kursierenden Bilder zeigen sogar nur 7 eindeutig zerstörte Flugzeuge.

Kopfschüttelnde Fragen, warum die wertvollen strategischen Bomber nicht in Hangars oder mit Tarnnetzen abgedeckt waren, wurden gestern in einer auf YouTube gezeigten Video-Diskussion von dem ehemaligen hochrangigen CIA-Analysten Larry Johnson beantwortet. Der wies darauf hin, dass sich die Russen mit diesem Verhalten nach wie vor an die Vorschriften des strategischen, nuklearen Rüstungskontroll-Abkommen START II halten, wonach die nuklearwaffenfähigen Bomber stets für US-Satelliten sichtbar geparkt werden müssen.

Während Selenskij „Spiderweb“ als einen Wendepunkt im Krieg feierte, gehen neutrale westliche Beobachter wie Ex-CIA-Mann Johnson oder Ex-US-Oberst Danny Daniels in ihren Kommentaren davon aus, dass die Bomberverluste zwar die Russen empfindlich getroffen haben, aber dass diese Verluste die Angriffe und die Fortsetzung des Krieges nicht beeinträchtigen würden. Seit Oktober 2023 gewinnt Russland stetig Terrain, während die Ukraine regelmäßig unter zunehmendem Mangel an Personal und Waffen leidet.

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Exklusivinterview „Ein höchst riskantes Spiel“ – General a. D. Kujat zu den Drohnenangriffen auf strategische Bomber Russlands

Interview: Éva Péli – 2. Juni 2025

General a. D. Harald Kujat warnt vor den weitreichenden Folgen der Drohnenangriffe auf russische Bomber am Sonntag. Er bezeichnet die Attacke als „höchst riskantes Spiel“, das den Krieg ausweiten könnte. Kujat beleuchtet im Interview die militärische Bedeutung, mögliche westliche Beteiligung und die Eskalationsgefahr, die trotz laufender Verhandlungen weiter besteht. Das Interview mit Harald Kujat führte Éva Péli.

Éva Péli: Herr General Kujat, wie schätzen Sie den Angriff der ukrainischen Drohnen auf die russische strategische Bomberflotte ein?

General a. D. Harald Kujat: Der ukrainische Angriff unterscheidet sich von den Drohnenangriffen der letzten Zeit. Es ist zweifellos ein gelungener „Coup“ der Ukraine. Trotz der offensichtlichen Erfolge hat dieser Angriff keine nennenswerten Auswirkungen auf die Lage an der Front oder die Verteidigung der Ukraine gegen russische Luftangriffe, auch wenn der Eindruck erweckt werden soll, dies sei der Fall. Tatsächlich spitzt sich die militärische Lage der Ukraine zunehmend zu.

Die Angriffe richteten sich gegen die interkontinental-strategische Bomberflotte Russlands. Es ist noch unklar, wie viele Flugzeuge zerstört wurden und um welche Typen es sich genau handelt. Zwar werden – abhängig von der Zahl der tatsächlich zerstörten Flugzeuge – die Möglichkeiten Russlands, Marschflugkörper gegen die Ukraine einzusetzen, etwas einschränkt, aber dieser Effekt hat keine strategischen Auswirkungen.

Warum macht die Ukraine das?

Dies ist nicht der erste Angriff auf die strategische Bomberflotte von Russland. Bereits zuvor gab es Angriffe auf die Basis in Engels bei Saratow. Zudem wurden zwei Angriffe auf das russische Frühwarnsystem verübt, was eine destabilisierende Wirkung auf das strategische Verhältnis der beiden Supermächte auslösen könnte.

Da diese Angriffe die militärische Lage in der Ukraine nicht beeinflussen, muss man sich fragen, was ihr eigentlicher Zweck ist. Ich kenne nicht die Ziele der ukrainischen Führung, aber es liegt nahe, dass man versucht, den Krieg auszuweiten, indem eine scharfe russische Reaktion provoziert wird, die ein Eingreifen des Westens zur Folge hat. Das wäre eine sehr gefährliche Entwicklung.

Bei der Bewertung dieser Angriffe wird oft übersehen, dass sich in unmittelbarer Nähe der Flugplätze der strategischen Bomberflotte auch Nuklearwaffenlager befinden. Obwohl diese stark geschützt sind, besteht immer das Risiko, dass eine Drohne fehlgeleitet wird und ein solches Lager trifft. Jeder kann sich ausrechnen, welche Folgen dies hätte. Insofern ist dies ein höchst riskantes Spiel, das hier betrieben wird.

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Ermächtigte Bundesjustizministerin Hubig persönlich die Strafverfolgung des Vereins „Friedensbrücke“?

Von Florin Warweg – 2. Juni 2025

Am 27. Mai hatte der Generalbundesanwalt Häuser, Wohnungen und Büroräume von Mitgliedern des Vereins „Friedensbrücke – Kriegsopferhilfe e. V.“ in Berlin und Brandenburg wegen des Vorwurfs der „Unterstützung terroristischer Vereinigungen im Ausland“, gemeint sind damit die Donbass-Republiken Donezk und Lugansk, untersuchen lassen und Haftbefehle ausgestellt. Da ein solches Ermittlungsverfahren nach Strafrechtsparagraph 129 nur möglich ist, wenn zuvor das Bundesjustizministerium eine „Verfolgungsermächtigung“ dazu erteilt hat, wollten die NachDenkSeiten wissen, ob Ministerin Stefanie Hubig diesen Schritt gegen einen Verein, der humanitäre Güter an kriegsgeschädigte Zivilisten verschickt, persönlich abgesegnet hat und mit welcher Begründung das Versenden von humanitären Gütern wie Medikamenten und Rollstühlen als „Terrorunterstützung“ bewertet wird. Von Florian Warweg.

In den Morgenstunden des 27. Mai rückten Beamte des Bundeskriminalamts (BKA) sowie schwerbewaffnete Spezialkräfte der Berliner Polizei auf Initiative des Generalbundesanwalts aus und durchsuchten mehrere Häuser, Wohnungen und Büroräume in Brandenburg und Berlin, darunter ein Grundstück in Zernsdorf, einem Ortsteil von Königs-Wusterhausen, ein Haus in Wandlitz im Landkreis Barnim sowie das offizielle Vereinsbüro im Berliner Bezirk Kreuzberg-Friedrichshain (die NachDenkSeiten berichteten hier).

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Ukraine torpediert Friedensverhandlungen

Von Tobias Riegel – 2. Juni 2025

Die aktuellen ukrainischen Angriffe in Russland kurz vor den Verhandlungen in Istanbul sind als Anschlag auf die Bemühungen um eine Lösung des Konfliktes zu bezeichnen. Diese nur mit westlicher Unterstützung vorstellbaren Angriffe erhöhen das Risiko eines Atomkrieges. Außerdem stellen sie eine schwere Sabotage der Diplomatie dar und sind scharf zu verurteilen.

Mit einem Drohnenangriff hat die Ukraine laut Medienberichten am Sonntag russische Flugzeuge auf russischem Boden zerstört. Zu den großen Gefahren, die diese Angriffe auch auf russische Frühwarnsysteme entfalten – etwa bezüglich des Atomkriegsrisikos –, hat sich Jens Berger heute bereits in den Hinweisen geäußert . In seinen Anmerkungen wird auch die wahrscheinliche Mitverantwortung westlicher Staaten betont, die mutmaßlich mindestens Mitwisser waren und sich mit einem zustimmenden Mitwissen eines schweren Schlags gegen aktuelle diplomatische Bemühungen schuldig machen würden.

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Zivil-militärisches Testfeld Gaza

Von Karin Leukefeld – 2. Juni 2025

Mit der Humanitären Gaza-Stiftung versuchen Israel und die USA erneut, ihre zivil-militärischen Pläne im Gazastreifen umzusetzen. Doch wieder gelingt es nicht. Am ersten offiziellen Arbeitstag (Dienstag, 27.5.2025) verloren die Organisatoren angesichts einer aufgebrachten, hungrigen Menschenmenge die Kontrolle. Die amerikanischen Helfer hätten sich zurückgezogen, berichtete das israelische Nachrichtenportal ynetnews.org. Ein Verteilzentrum in Rafah soll geplündert worden sein. Aus israelischen Hubschraubern und von der israelischen Artillerie sei geschossen worden, berichteten zahlreiche Medien. Aus Kreisen von Hilfsorganisationen wurden Zweifel laut , ob überhaupt Hilfsgüter verteilt worden seien. […]

Es ist das dritte Konzept, mit dem Israel – mit US-Unterstützung – versucht, die Menschen im Gazastreifen mit dem Nötigsten zu versorgen, während der Krieg weitergeht. Die israelische Armee bombardiert weiter von See, zu Boden und aus der Luft und Besatzungstruppen rücken immer weiter in den palästinensischen Küstenstreifen vor. Täglich werden Dutzende Palästinenser getötet: Alte, Kinder, Frauen, Kranke. Die Zahl der Toten ist nach offiziellen palästinensischen Angaben auf über 54.000 gestiegen, tausende Tote liegen unter den Trümmern und können nicht geborgen werden. Denn die israelischen Angriffe gehen weiter. Und weiter gehen auch die Waffenlieferungen, die von den engsten Verbündeten Israels, aus den USA und Deutschland, weiter geliefert werden.

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UN warnen: Gaza ist der „Ort mit dem größten Hunger auf der Welt“

Von Andre Damon – 1. Juni 2025

In Gaza herrscht weiterhin eine massive Hungerkatastrophe. Die Vereinten Nationen warnten am Freitag, die belagerte Enklave sei der „Ort mit dem größten Hunger auf der Welt“.

Jens Laerke, ein Sprecher des Büros der Vereinten Nationen für humanitäre Angelegenheiten, erklärte gegenüber Reportern: „Die gesamte Bevölkerung ist von einer Hungersnot bedroht.“

Schon bevor Israel am 2. März eine vollständige Blockade für Nahrungsmittel, Wasser und Strom verhängte, war der Hunger im Gazastreifen bereits allgegenwärtig. In der letzten Woche ließ Israel dann kleinste Mengen an Nahrungsmitteln in das Gebiet, die überwiegend durch Verteilungszentren der Gaza Humanitarian Foundation (GHF) ausgegeben wurden. Ziel dieses von den USA und Israel unterstützten Projekts ist es, die Bevölkerung im Süden von Gaza zu konzentrieren, um sie auf die Zwangsumsiedlung in andere Länder vorzubereiten.

Aus den so genannten „humanitären Zonen“ sind Todeszonen geworden, in denen israelische Soldaten in den letzten Tagen mehrfach Hilfesuchende angegriffen haben.

An einem Verteilungszentrum der GHF eröffneten israelische Soldaten am Freitag das Feuer auf Hilfesuchende. Dabei wurden 20 Menschen verwundet.

Am Dienstag, Mittwoch und Donnerstag wurden insgesamt zehn Menschen getötet. Sie hatten versucht, in den Verteilungszentren der GHF Lebensmittel zu erhalten, und israelische Truppen eröffneten wiederholt das Feuer auf Hilfesuchende. Hani Mahmoud von Al Jazeera berichtete: „Die Menschen berichten uns, dass die von der GHF verwalteten und betriebenen Einrichtungen nur wenige Meter von den Stationierungsorten des israelischen Militärs entfernt liegen. Sie können die Panzer und gepanzerten Fahrzeuge sehen.“

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Eine neue Ära

Von German-Foreign-Policy.com – 30. Mai 2025

Berlin feiert mit militärischem Appell in Vilnius die formale Indienststellung der Brigade Litauen. Merz und Pistorius nehmen den ersten festen deutschen Militärstützpunkt in Osteuropa zum Anlass, um Russland Revisionismus vorzuwerfen.

Mit einem feierlichen militärischen Appell in der litauischen Hauptstadt Vilnius hat Deutschland am 22. Mai öffentlichkeitswirksam die formale Indienststellung der Brigade Litauen zelebriert. Auf dem Papier existiert die Brigade als Truppenteil der Bundeswehr bereits seit dem 1. April. Bis 2027 will Berlin insgesamt 5.000 Soldaten in Litauen stationieren. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat für nächstes Jahr intensive Manöver angekündigt. Außerdem plant die Bundesregierung, die bereits seit 2017 unter deutscher Führung in Litauen präsente multinationale NATO-Battlegroup in die Brigade Litauen und damit in die Strukturen der Bundeswehr zu integrieren. Merz bekräftigte in einer Rede in Vilnius, Deutschland werde alles tun, um die konventionell stärkste Militärmacht Europas zu werden. Bundeskanzler und Verteidigungsminister warfen Russland in der litauischen Hauptstadt aggressiven Revisionismus vor – ausgerechnet bei einem militärischen Appell zur Indienststellung des ersten permanenten Auslandsstützpunkts der Bundeswehr, noch dazu auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion und in unmittelbarer Nähe zur russischen Grenze.

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Deutschlands Versklavung durch seine Vergangenheit hat es viel zu lange zum Schweigen über Gaza gebracht

Von Gideon Levy – 30. Mai 2025

Nicht zum ersten Mal ist es für Globalbridge ein – nennen wir es „moralisches“ – Muss, einen Kommentar des israelischen Journalisten Gideon Levy zu übersetzen und zu veröffentlichen. Levy, dessen Eltern 1939 vor den deutschen Nazis aus Böhmen nach Israel geflüchtet sind, beleuchtet hier die heutige deutsche Politik gegenüber Israel. (cm)

Deutschland hat das Andenken an den Holocaust und seine Lehren verraten. Ein Land, das es als seine höchste Aufgabe ansah, nicht zu vergessen, hat vergessen. Ein Land, das sich selbst versprochen hat, niemals zu schweigen, schweigt. Ein Land, das einst „Nie wieder“ sagte, sagt nun ‚wieder‘, mit Waffen, mit Geld, mit Schweigen. Kein Land sollte besser darin sein als Deutschland, „widerwärtige Prozesse zu erkennen“. Jeder Deutsche weiß viel mehr darüber als Yair Golan. Hier in Israel sind sie in vollem Gange, doch Deutschland hat sie noch nicht als das erkannt, was sie sind. Erst kürzlich ist es zu spät und zu wenig aufgewacht.

Wenn Deutschland den Flaggenmarsch in Jerusalem sieht, muss es die Reichspogromnacht sehen. Wenn es die Parallelen nicht sieht, verrät es die Erinnerung an den Holocaust. Wenn es auf Gaza blickt, muss es die Konzentrationslager und Ghettos sehen, die es selbst errichtet hat. Wenn es die hungernden Menschen in Gaza sieht, muss es die elenden Überlebenden der Lager sehen. Wenn es die faschistischen Äußerungen israelischer Minister und anderer Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens über Mord und Bevölkerungsaustausch, über „keine Unschuldigen“ und über das Töten von Babys hört, muss es die erschreckenden Stimmen aus seiner Vergangenheit hören, die dasselbe auf Deutsch gesagt haben. 

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[Zum Originalartikel auf Haaretz]