Israel kündigt „Antwort“ auf iranische Angriffe an, Völkermord im Gazastreifen wird fortgesetzt

Von Andre Damon – 17. April 2024

48 Stunden nach dem iranischen Luftangriff auf Israel gaben israelische Offizielle am Montag zu verstehen, dass Israel militärische Angriffe auf iranische Ziele vorbereitet. Unterdessen eskaliert der Krieg im Nahen Osten, der wesentlich von den USA provoziert ist.

„Der Abschuss so vieler Raketen, Marschflugkörper und UAVs [Drohnen] auf das Gebiet des Staates Israel wird eine Antwort erhalten“, sagte der Generalstabschef der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF), Generalleutnant Herzi Halevi, am Montag.

NBC News veröffentlichte einen Beitrag des Auslandskorrespondenten Raf Sanchez mit der Überschrift „Israels Antwort auf den iranischen Angriff könnte ‚unmittelbar bevorstehen‘, sagt ein Offizieller“. Darin heißt es, dass „jede Antwort mit den Amerikanern koordiniert wird“.

David Ignatius von der Washington Post berichtete in einem Meinungsartikel am Montag, israelische Entscheidungsträger seien „zu dem Schluss gekommen , dass sie zur Abschreckung gegenüber dem Iran Vergeltung für den massiven Raketenbeschuss an diesem Wochenende üben sollten“.

US-Vertreter weigerten sich ihrerseits wiederholt und kategorisch, einen israelischen Schlag gegen den Iran auszuschließen oder abzulehnen. Während des täglichen Pressebriefings im Weißen Haus am Montag erklärte der Sprecher des Weißen Hauses, John Kirby: „Es ist eine israelische Entscheidung, ob und wie sie auf das, was der Iran am Samstag getan hat, reagieren werden, und wir überlassen es ganz ihnen.“

Auf die Frage eines Reporters, ob der Iran „den USA trotzen kann, ohne mit Konsequenzen rechnen zu müssen“, antwortete Kirby mit einer Drohung: „Wenn ich in Teheran sitzen und mir ansehen würde, was am Samstagabend passiert ist, würde ich nicht darauf wetten, dass die Vereinigten Staaten nicht bereit sind, sich hier zu engagieren und bei der Verteidigung Israels zu helfen.“

Und weiter: „Ich meine, es waren amerikanische Kampfpiloten in der Luft, die Drohnen und Raketen, die auf Israel zusteuerten, abgeschossen haben, sowie Zerstörer der US-Marine auf See, die sie von dort aus abgeschossen haben. Die Botschaft sollte also für jeden klar sein. Wenn der Präsident sagt, dass wir unsere Verpflichtungen in der Region ernst nehmen werden, wenn wir Israel helfen werden, sich zu verteidigen… dann werden wir tun, was wir tun müssen, um Israel zu verteidigen.“

Auch US-Außenminister Antony Blinken sicherte Israel bei einem Treffen mit dem stellvertretenden irakischen Ministerpräsidenten Mohammed Ali Tamim die uneingeschränkte Unterstützung der USA zu. Er sagte: „Wir werden weiterhin die Verteidigung Israels unterstützen und unser Personal in der Region schützen.“ Und weiter: „Dieses Wochenende hat gezeigt, dass Israel sich nicht allein verteidigen musste und muss, wenn es das Opfer einer Aggression, das Opfer eines Angriffs ist.“

Der iranische Angriff auf Israel wurde durch einen Angriff auf die iranische Botschaft in Syrien am 1. April provoziert, bei dem sieben hochrangige iranische Militärs getötet wurden. Die Vereinigten Staaten behaupteten zwar, sie hätten nichts von dem Angriff gewusst, verteidigen aber den Angriff Israels mit der Behauptung, die Botschaft sei ein von Terroristen genutztes Gelände. Sie haben zudem ihr Veto gegen eine Resolution des UN-Sicherheitsrats eingelegt, die den israelischen Angriff verurteilt hätte.

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„Foreign Relations“ über „die Gespräche, die den Krieg in der Ukraine hätten beenden können“

Von Thomas Röper – 16. April 2024

Foreign Relations berichtet über die Friedensgespräche zwischen Russland und der Ukraine im März 2022 und bestätigt dabei im Prinzip die Aussagen aus Russland, dass der Krieg schon im April 2022 hätte beendet werden können, aber dass vor allem die USA das nicht wollten.

Und wieder stellt sich heraus, dass die böse „russische Propaganda“ in der Regel die Wahrheit sagt. Leser des Anti-Spiegel wissen von den Friedensgesprächen, die im März 2022 zwischen Russland und der Ukraine stattgefunden haben. Dann reiste Anfang April jedoch der britische Premierminister Johnson nach Kiew und danach war in Kiew von Friedensgesprächen keine Rede mehr, stattdessen hieß es von da an, die Entscheidung solle auf dem Schlachtfeld fallen.

Die weitgehend totgeschwiegenen Friedensverhandlungen

Bei den Friedensgesprächen hat Kiew Ende März 2022 einen Vorschlag auf den Tisch gelegt, der im Kern beinhaltete, dass die Ukraine ein neutrales Land bleibt und nicht der NATO beitritt. Im Gegenzug wollte Russland sogar Kiews Ambitionen unterstützen, in die EU aufgenommen zu werden. Über die strittigen Gebietsfragen wollte man sich in zehn oder 15 Jahren, also wenn die Nerven sich beruhigt haben, in Ruhe und einvernehmlich einigen.

Sicher waren damit noch nicht alle Details geklärt, denn Russland ging es auch noch um die Rechte der ethnischen Russen in der Ukraine und über die künftige Begrenzung der Bewaffnung der ukrainischen Armee wurde noch verhandelt, aber generell war man damit Ende März nahe an einem Waffenstillstand.

All das ist für Leser des Anti-Spiegel nicht neu, denn schon im Sommer 2023 hat der russische Präsident Putin den Kiewer Vorschlag bei einem Treffen mit afrikanischen Staats- und Regierungschefs offen gemacht und sogar in die Kameras gezeigt. Für Konsumenten deutscher Mainstream-Medien ist das hingegen neu, denn die haben darüber praktisch gar nicht berichtet.

Gleiches gilt für einen sehr interessanten Artikel, den General a.D. Harald Kujat, ehemaliger Generalinspekteur der Bundeswehr, Michael von der Schulenburg, ein angesehener deutscher Diplomat, der Jahrzehnte für die UNO und die OSZE gearbeitet hat, und der emeritierte Professor für Politikwissenschaften des Otto-Suhr-Instituts der Freien Universität Berlin Hajo Funke im November 2023 gemeinsam veröffentlicht haben. In dem Artikel haben sie die Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine vom März 2022 im Detail beleuchtet und auch den von Kiew vorgeschlagenen Vertragstext gezeigt. Und sie haben gezeigt, wie die USA und Großbritannien einen Frieden verhindert haben.

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Armenien als neuer Zankapfel im Ost-West-Konflikt

Von Amalia van Gent – 16. April 2024

Stehen dem Südkaukasus neue dramatische, geopolitische Umwälzungen bevor? Von seinem strategischen Partner Russland im Stich gelassen, sucht Armenien nach Alliierten im Westen – ein Akt von großer Sprengkraft.

Das Gipfeltreffen zwischen ranghohen Politikern der EU, der USA und Armeniens vom 5. April in Brüssel sollte in aller Welt die Solidarität des Westens auf Seite Armeniens demonstrieren. »Wir sind hier, um die transatlantische Unterstützung für Armeniens Souveränität, Demokratie, territoriale Integrität und sozioökonomische Widerstandsfähigkeit zu bekräftigen«, stand in einer gemeinsamen Erklärung, die der Presse zuvor verteilt wurde.

Schulter an Schulter mit Armenien?

Dieses Treffen, an dem die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen, der US-Außenminister Antony Blinken, der Leiter der EU-Außenpolitik Josep Borrell und der armenische Premierminister Nikol Paschinjan teilnahmen, hatte die Regierungen von Russland, der Türkei und des Irans in Spannung versetzt; sie drohten, dieses aus ihrer Sicht »feindliche Treffen« zu blockieren. Die öffentlichen Erklärungen aus Brüssel hielten sich aber in Grenzen: Die EU stehe »Schulter an Schulter mit Armenien«, erklärte von der Leyen in ihrem gewohnt überschwänglichen Tonfall; dabei kündigte sie ein auf vier Jahre angelegtes Finanzpaket in Höhe von 270 Millionen Euro für Armenien an. »Wir teilen die Zukunftsvision des armenischen Volkes und wollen, dass Armenien seinen Platz als starke, unabhängige Nation einnimmt, die in Frieden mit ihren Nachbarn lebt«, doppelte der US-Außenminister nach. Auch er bezog sich in erster Linie auf die wirtschaftliche Unterstützung der USA, die in diesem Jahr auf 65 Millionen Dollar beinah verdoppelt werden sollte.

Armenien, die kleinste Republik im Südkaukasus, wird von seinem übermächtigen Nachbarn Aserbaidschan existentiell bedroht. Nikol Paschinjan war nach Brüssel gereist, weil er von seinen westlichen Gesprächspartnern in erster Linie ernsthafte Sicherheitszusicherung zu erhalten hoffte. Eine solche Zusicherung kam aber nicht, zumindest nicht in aller Öffentlichkeit.

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Ein angekündigter Völkermord

Von Chris Hedges – 10. April 2024

Der Völkermord in Gaza ist die letzte Stufe eines Prozesses, den Israel vor Jahrzehnten begonnen hat. Jeder, der dies nicht kommen sah, war blind für den Charakter und die ultimativen Ziele des Apartheidstaates.

In Gaza gibt es keine Überraschungen. Jeder entsetzliche Akt des israelischen Völkermords wurde im Voraus angekündigt. Und das schon seit Jahrzehnten. Die Enteignung der Palästinenser von ihrem Land ist das schlagende Herz des israelischen Siedlerkolonialprojekts. Diese Enteignung hatte dramatische historische Momente – 1948 und 1967 –, als große Teile des historischen Palästina beschlagnahmt und Hunderttausende von Palästinensern ethnisch gesäubert wurden. Die Enteignung hat auch schrittweise stattgefunden – der schleichende Landraub und die ständige ethnische Säuberung im Westjordanland, einschließlich Ostjerusalem.

Der Überfall der Hamas und anderer Widerstandsgruppen auf Israel am 7. Oktober, bei dem 1.154 Israelis, Touristen und Wanderarbeiter starben und etwa 240 Menschen als Geiseln genommen wurden, lieferte Israel den Vorwand für das, wonach es sich seit langem sehnt: die totale Auslöschung der Palästinenser.

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Zum Originalartikel von Chris Hedges auf Substack oder auf Scheerpost. (Der Bericht auf Substack erschien am 30. März 2024. Die Zahl der Toten und Verwundeten ist seither noch gestiegen; die Red.)

Die Vereinigte Front gegen China

Von German-Foreign-Policy.com – 16. April 2024

Berlin entsendet mehr als 30 Militärflugzeuge und zwei Kriegsschiffe zu Manövern in die Asien-Pazifik-Region, verstärkt parallel zum Aufmarsch gegen Russland seine Beteiligung am Aufmarsch gegen China.

Die Bundeswehr weitet ihr „Indo-Pacific Deployment“ aus und entsendet dieses Jahr fast drei Dutzend Militärflugzeuge sowie zwei Kriegsschiffe zu Kriegsübungen in die Asien-Pazifik-Region. Demnach sind unter anderem Beteiligungen an einem Großmanöver der USA nahe Hawaii, an einem Luftwaffenmanöver in Australien, an weiteren Militärtrainings etwa in Japan sowie an der US-geführten Überwachung von Embargomaßnahmen gegen Nordkorea geplant. Bislang hatte Berlin nur Einheiten jeweils einer Teilstreitkraft in die Asien-Pazifik-Region geschickt – die Fregatte Bayern 2021/22, ein Geschwader der Luftwaffe 2022 und Truppen des Heeres 2023. Wie der Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Ingo Gerhartz, bestätigt, soll die Ausweitung des „Indo-Pacific Deployment“ bestätigen, dass Berlin sich parallel zum militärischen Aufmarsch gegen Russland auch an den Militäraktivitäten gegen China beteiligen will. Zugleich sind die USA dabei, ihre Militärbündnisse in Ostasien zu festigen und vor allem die erste Inselkette unter Kontrolle zu nehmen, der Strategen spezielle Bedeutung im Kampf gegen die Volksrepublik beimessen. US-Medien sprechen von einer „vereinigten Front gegen China“.

Pacific Skies

Die Luftwaffe wird das diesjährige „Indo-Pacific Deployment“, das als Weltumrundung geplant ist, gemeinsam mit den Luftwaffen Frankreichs und Spaniens durchführen. Soweit bislang bekannt, soll die „Pacific Skies-Flotte“ rund 50 Flugzeuge umfassen; 32 davon stellt die Bundeswehr. Nach Angaben von Luftwaffeninspekteur Generalleutnant Ingo Gerhartz sind erst Kriegsübungen in Alaska, anschließend weitere in Japan vorgesehen, bevor die Flotte geteilt werden soll. Ein Teil wird laut Gerhartz in Australien an dem Großmanöver Pitch Black teilnehmen, zu dem ein deutsches Geschwader bereits im Jahr 2022 entsandt wurde. Pitch Black ist eine multinationale Kriegsübung, mit der sich Australien regelmäßig auf einen möglichen Krieg etwa gegen China vorbereitet. Ein anderer Teil der Pacific Skies-Flotte soll nach Hawaii verlegen, um dort an RIMPAC 2024 teilzunehmen, einem US-Großmanöver, an dem sich die Bundeswehr seit 2016 beteiligt. Damals probten deutsche Einheiten unter anderem die „Befreiung“ einer Insel, die von einer Miliz namens Draco gehalten wurde. Draco heißt Drache; dieser gilt im Allgemeinen als Symbol für China. Abschließend ist erstmals die Teilnahme der deutschen Luftwaffe an einem Manöver in Indien geplant.

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Der Völkermord im Gazastreifen als explizite Politik: Michael Hudson nennt alle Namen

Von Pepe Escobar (Übersetzung: Andreas Mylaeus) – 15. April 2024

In einem der bisher wichtigsten Podcasts des Jahres 2024 legt Professor Michael Hudson – der Autor bahnbrechender Werke wie „Super-Imperialism“ (deutsche Übersetzung unter dem Titel „Finanzimperialismus – Die USA und ihre Strategie des globalen Kapitalismus“) und des kürzlich erschienenen „The Collapse of Antiquity“ (deutsche Übersetzung unter dem Titel „Der Zusammenbruch der Antike“) – die wesentlichen Hintergründe dar, um das Undenkbare zu verstehen: einen Völkermord im 21. Jahrhundert, der rund um die Uhr live auf den gesamten Planeten übertragen wird.

In einem E-Mail-Austausch hat Prof. Hudson erläutert, dass er jetzt im Wesentlichen „alles ausplaudert“, wie „vor 50 Jahren, als ich am Hudson Institute mit Herman Kahn (dem Vorbild für Stanley Kubricks Dr. Strangelove) gearbeitet habe, israelische Mossad-Mitglieder ausgebildet wurden, darunter auch Uzi Arad. Ich habe zwei internationale Reisen mit ihm unternommen, und er hat mir so ziemlich das geschildert, was heute passiert ist. Er wurde Chef des Mossad und ist jetzt Netanhayus Berater“.

Prof. Hudson zeigt auf, dass „der grundlegende Plan für Gaza dem entspricht, wie Kahn im Vietnamkrieg die Aufteilung des Landes in Sektoren entworfen hat, mit Kanälen, die jedes Dorf abschnitten, so wie es die Israelis mit den Palästinensern tun. Schon damals hatte Kahn Belutschistan als das Gebiet ausgemacht, in dem er Unruhe im Iran und in der übrigen Region schüren wollte“.

Es ist kein Zufall, dass Belutschistan seit Jahrzehnten ein CIA-Juwel ist, und in jüngster Zeit kam noch der Anreiz hinzu, den chinesisch-pakistanischen Wirtschaftskorridor (CPEC) mit allen Mitteln zu stören – ein wichtiger Knotenpunkt der chinesischen Belt and Road Initiative (BRI).

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[Zum Originalbeitrag auf strategic-culture.su]

Beweise begraben, Zeugen zum Schweigen bringen

Von Karin Leukefeld – 15. April 2024

„Ich bin Dr. Ghassan Abu Sitta. Ich komme gerade aus Deutschland zurück, wo man mir die Einreise verweigert hat. Ich wollte an einer Konferenz in Deutschland teilnehmen, um über den Krieg in Gaza zu sprechen. Ich sollte als Zeuge über meine Arbeit als Arzt sprechen, der in den Krankenhäusern in Gaza gearbeitet hat.“ Ghassan Abu Sitta sitzt in einem Auto, das ihn vom Flughafen abgeholt hat. Es ist Freitag gegen Abend, der 12. April 2024. In der Hand hält der Arzt ein Mikrophon von Middle East Eye (MEE), einem in England ansässigen Internetportal, das in englischer und französischer Sprache Nachrichten über den Nahen und Mittleren Osten veröffentlicht. Ruhig und überlegt berichtet der Arzt, was ihm am Berliner Flughafen widerfahren ist, eindringlich blicken seine Augen durch die großen, dunkel gerahmten Brillengläser.

„Heute Morgen um 10.00 Uhr landete ich in Berlin, um an einer Konferenz zu Palästina teilzunehmen. Wie viele andere aus Großbritannien (UK), den USA und Europa war ich gefragt worden, dort zu über die 43 Tage zu berichten, die ich in Krankenhäusern in Gaza verbracht habe. Ich habe dort sowohl im Shifa-, als auch im Ahli-Krankenhaus gearbeitet. Bei meiner Ankunft wurde ich an der Passkontrolle gestoppt. Dann hat man mich in den Keller des Flughafens gebracht, wo ich 3,5 Stunden befragt wurde.

Am Ende dieser 3,5 Stunden sagte man mir, ich dürfe deutschen Boden nicht betreten. Dieses Verbot gelte für den gesamten April. Aber nicht nur das. Sollte ich versuchen, mich per Zoom oder FaceTime mit der Konferenz in Verbindung zu setzen, selbst wenn ich außerhalb von Deutschland sei, oder sollte ich ein Video mit meinem Vortrag an die Berliner Konferenz senden, sei das ein Vergehen gegen deutsches Recht. Ich liefe Gefahr, eine Geldstrafe zu erhalten oder bis zu einem Jahr im Gefängnis zu landen. Dann sagte man mir, ich solle einen Rückflug nach England buchen. Mein Pass wurde mir abgenommen und ich erhielt ihn erst zurück, als ich das Flugzeug bestieg.

Der Mann, Ghassan Abu Sitta, dem die deutschen Behörden die Einreise verweigerten, der nicht einmal per Internet mit dem Palästina-Kongress Kontakt aufnehmen sollte, zu dem er als Redner eingeladen war, ist Chirurg und auf plastische Chirurgie spezialisiert. Als Freiwilliger für Medecins sans Frontiere (MSF) ist Abu Sitta bereits auf vielen Kriegsschauplätzen im Einsatz gewesen. In Gaza war er bei den Angriffen der israelischen Armee 2009, 2014, 2021 und zuletzt wieder nach Beginn des Krieges am 7. Oktober 2023 tätig.

43 Tage arbeitete Ghassan Abu Sitta zunächst im Shifa-Krankenhaus in Gaza Stadt und im Ahli-Krankenhaus, auch bekannt als das „Englische Krankenhaus“ oder das „Baptistenkrankenhaus“, das älteste Krankenhaus im Gazastreifen. Gegründet wurde es 1882 von Quäkern, als Gaza und arabische Gebiete zum Osmanischen Reich gehörten. Unter dem britischen Mandat wurde die Klinik von den Engländern übernommen und wird heute vom Ökumenischen Rat der Kirchen – World Council of Churches – zusammen mit der Anglikanischen Kirche in Großbritannien geleitet.

Ghassan Abu Sitta ist Palästinenser mit britischer Staatsangehörigkeit. Er lebt und arbeitet in Großbritannien und wurde erst kürzlich zum Direktor der Universität Glasgow gewählt. Seine Familie wurde 1948 – im Zuge der Nakba – aus Palästina vertrieben. Sein Onkel Salman Abu Sitta, bekannt für seine Dokumentation von Palästina und Vorschläge für eine Rückkehr der Palästinenser, war damals 10 Jahre alt.

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Biden zum iranischen Angriff auf Israel: eine Fallstudie in imperialistischer Heuchelei

Von der WSWS-Redaktion – 15. April 2024

Auf die Drohnenangriffe des Irans am Samstag auf Israel haben die imperialistischen Mächte mit heftigen Verurteilungen reagiert.

„Ich verurteile diese Angriffe auf das Schärfste“, erklärte US-Präsident Joe Biden. Erneut betonte er „Amerikas unerschütterliches Engagement für die Sicherheit Israels“.

Die G7-Gruppe der imperialistischen Mächte gab eine Erklärung heraus, in der es heißt: „Wir … verurteilen den direkten und beispiellosen Angriff des Irans auf Israel auf das Schärfste.“ Und weiter: „Der Iran hat einen weiteren Schritt getan, um die Region zu destabilisieren, und riskiert dabei, eine unkontrollierbare regionale Eskalation zu provozieren.“

Diese Statements, die alle großen Nato-Mächte unisono abgaben, sind der Gipfel der Heuchelei. Die Staaten, die im Nahen Osten „eine unkontrollierbare regionale Eskalation“ provozieren, sind Israel und seine imperialistischen Unterstützer.

Der zeitliche Ablauf ist eindeutig: Der iranische Schlag war eine Reaktion auf den israelischen Angriff vom 1. April auf die iranische Botschaft in Syrien, bei dem sieben hochrangige iranische Militäroffiziere, darunter zwei Generäle, getötet wurden.

Als Reaktion auf Israels offen völkerrechtswidrigen und mörderischen Angriff auf die Botschaft, die zu iranischem Territorium zählt, haben die imperialistischen Mächte diesen Schlag von vornherein in Kauf genommen. Sie haben Israels Angriff auf die Botschaft unterstützt. Der US-Botschafter bei den Vereinten Nationen, Robert Wood, erklärte: „In dieser Einrichtung sollen terroristische Führer und Elemente zugegen gewesen sein.“ Die USA, Frankreich und Großbritannien haben im UN-Sicherheitsrat ihr Veto gegen eine Resolution eingelegt, in der der Angriff Israels verurteilt werden sollte.

Jetzt überschlagen sich die Imperialisten, um die Reaktion des Irans auf Israels Angriff zu verurteilen. Dies ist umso verlogener, als die iranische Aktion weitgehend symbolisch war. Die iranische Regierung kündigte den Angriff vom Samstag 72 Stunden im Voraus an, um die Auswirkungen möglichst gering zu halten. Wie die Nachrichtenagentur Reuters am Sonntag berichtete, „hat der Iran den Drohnen- und Raketenangriff auf Israel am Samstag schon Tage zuvor angekündigt, so dass Massenopfer und eine Eskalation verhindert werden konnten“.

Die imperialistischen Mächte beanspruchen für sich, dass sie und ihre Stellvertreter so viele Menschen töten können, wie sie wollen. Sie können gezielte Attentate durchführen und unter völliger Missachtung von allem, was dem Völkerrecht auch nur ähnlich sieht, tun und lassen, was sie wollen. Aber jede noch so kleine Reaktion wird als Verbrechen angeprangert. Dies ist das Gesetz des Kolonialismus und Imperialismus.

Während Biden die Aktionen des Irans „auf das Schärfste verurteilt“, spricht er über Israels Angriff auf Gaza eine andere Sprache. Israel wird von den Vereinigten Staaten und anderen imperialistischen Mächten finanziert, bewaffnet und politisch unterstützt.

Israel begeht aktiv einen Völkermord an der Bevölkerung von Gaza. Es hat bereits mindestens 40.000 Menschen getötet. Eine ganze Bevölkerung von 2,2 Millionen Menschen wird systematisch vertrieben, ausgehungert und bombardiert, und Ärzte und Mitarbeiter von Hilfsorganisationen werden vorsätzlich umgebracht.

Der Völkermord im Gazastreifen entwickelt sich zu einem regionalen Krieg, der sehr schnell die ganze Welt mit einbeziehen kann.

Wenn die Biden-Administration – im Allgemeinen eher im Hintergrund als durch offizielle Verlautbarungen – jetzt erklärt, dass sie es vorziehen würde, wenn Israel nicht mit sofortigen Militärschlägen antwortete, so ist dies durch taktische Erwägungen bedingt.

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Eskalation in Nahost

Von German-Foreign-Policy.com – 15. April 2024

Baerbock und Scholz fordern nach Irans Vergeltungsangriff auf Israel Deeskalation auch von Seiten Israels – in Übereinstimmung mit Biden. Hardliner in Berlin dringen auf aggressiveres Vorgehen gegen Teheran.

Nach Irans Vergeltungsangriff auf Israel dringt die Bundesregierung in Übereinstimmung mit der US-Administration auf Deeskalation zwischen Teheran und Tel Aviv. „Alle [!] Akteure in der Region“ müssten jetzt „besonnen“ handeln, forderte am gestrigen Sonntag Außenministerin Annalena Baerbock; „alle“ schließt Israel ein. Bundeskanzler Olaf Scholz warnte „alle“, „insbesondere“ – aber nicht nur – Iran, davor, „so weiterzumachen“. US-Präsident Joe Biden hatte zuvor in Israel dafür plädiert, die erfolgreiche Abwehr eines Großteils der aus Iran anfliegenden Drohnen und Raketen als „großen strategischen Sieg“ zu werten – dies, um jeden Vergeltungsschlag Israels überflüssig zu machen. Die US-Regierung will einen Flächenbrand in Nah- und Mittelost vermeiden, um ihre Kräfte voll und ganz auf den eskalierenden Machtkampf gegen China zu konzentrieren. Ein eskalierendes Vorgehen gegen Iran fordern hingegen diverse außenpolitische Hardliner in Berlin sowie US-Republikaner. Als Optionen gelten verschärfte Iran-Sanktionen oder sogar eine US-Beteiligung an etwaigen israelischen Luftangriffen auf die Islamische Republik.

Angriff auf Irans Konsulat

Konkreter Auslöser für Irans Angriff auf Israel in der Nacht von Samstag auf Sonntag war der israelische Angriff auf ein iranisches Konsulatsgebäude in Damaskus am 1. April. Beide Staaten führen seit vielen Jahren eine Art Schattenkrieg: Während Teheran mehrere Milizen unterstützt, die in unterschiedlicher Form gegen Israel kämpfen – von der Hamas über die libanesische Hizbollah bis zu den jemenitischen Huthi –, setzt Tel Aviv unter anderem auf Cyberattacken gegen Iran sowie auf Morde an Iranern, darunter Nuklearexperten wie Mohsen Fakhrizadeh, der im Jahr 2021 umgebracht wurde, oder auch Kommandeure der iranischen Revolutionsgarden wie Oberst Sayad Khodayee, der im Mai 2022 in Teheran vor seiner Wohnung erschossen wurde. In dem Konsulatsgebäude in Damaskus, das Israel am 1. April zerstörte, kamen drei hochrangige iranische Kommandeure und vier weitere Offiziere zu Tode, darunter Mohammad Reza Zahedi, ein Brigadegeneral der für Auslandsoperationen zuständigen Quds-Brigade. Der Angriff stellte insofern eine neue Eskalationsstufe dar, als diplomatische Gebäude besonderen Schutz genießen; Angriffe auf sie sind laut Völkerrecht gravierende Verbrechen und äußerst selten. Der israelische Angriff wurde denn auch nicht zuletzt von UN-Generalsekretär António Guterres scharf kritisiert.

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Ukrainisches Parlament weitet Einberufungen aus, um mehr junge Menschen an die Front zu zwingen

Von Jason Melanovski und Clara Weiss – 14. April 2024

Am 11. April verabschiedete das ukrainische Parlament (Rada) ein neues Gesetz, das die Zahl der Einberufungen ins Militär erhöhen soll. Schätzungen zufolge wurden in dem imperialistischen Stellvertreterkrieg gegen Russland bereits mindestens 400.000 Ukrainer getötet. Nachdem letztes Jahr eine „Gegenoffensive“ katastrophal gescheitert ist, verliert die ukrainische Armee in der Region Donbas immer mehr Gebiete.

Millionen Einwohner der Ukraine sind aus dem Land geflohen – viele von ihnen, um der Einberufung zu entgehen. Da an der Front in gravierendem Ausmaß Soldaten fehlen, ist das ukrainische Militär dazu übergegangen, Menschen von der Straße, in Einkaufszentren und anderen öffentlichen Orten zu entführen und zwangsweise in die Armee einzuziehen. In seiner Rede zum Jahreswechsel 2023/24 kündigte Selenskyj einen Plan an, zusätzliche 500.000 ukrainische Soldaten einzuziehen; die Kosten sollen bei 13,3 Milliarden Dollar liegen.

Alle Männer zwischen 18 und 60 Jahren sollen verpflichtet werden, innerhalb von 60 Tagen ihre persönlichen Angaben bei den Wehrbehörden zu aktualisieren. Diese Vorgabe gilt auch für ukrainische Männer im Ausland. Das neue Gesetz wird es den ukrainischen Behörden leichter machen, Einberufungen zu verschicken, u.a. durch ein elektronisches System. Zudem verpflichtet es die Kommunalverwaltungen und die Polizei dazu, das Militär bei der Aushebung von Soldaten zu unterstützen.

Die Endfassung des Gesetzesentwurfs beinhaltet keine Vorgabe zur Demobilisierung von Männern nach dreijähriger Dienstzeit. Seit letztem Herbst protestieren die Frauen und Familien von Soldaten, von denen viele seit mehr als zwei Jahren durchgehend an der Front kämpfen, regelmäßig in den großen ukrainischen Städten für die Rückkehr ihrer Partner, Väter und Brüder. Das Vorhaben hat bereits eine Gegenreaktion der Bevölkerung in den sozialen Netzwerken ausgelöst, u.a. von Soldaten.

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