Der Fall Assange und die Arbeiterklasse

Von Thomas Scripps – 24. Februar 2024

Der WikiLeaks-Gründer Julian Assange wartet erneut auf eine Entscheidung der britischen Gerichte über seine Auslieferung an die Vereinigten Staaten. Nach einer zweitägigen Anhörung, in der sein Anwaltsteam die Zulassung einer Berufung vor dem High Court beantragte, behielten sich die Richter Mr. Justice Johnson und Dame Victoria Sharp ihre Entscheidung vor. Es wird erwartet, dass sie erst nach dem 4. März, dem Stichtag für die Einreichung zusätzlicher Unterlagen durch die Anwälte, eine Erklärung abgeben werden.

Wird die Erlaubnis erteilt, muss Assange weiter im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh ausharren, bis das Berufungsverfahren abgeschlossen ist und eine endgültige Entscheidung getroffen wurde.

Sollten die Richter die Zulassung zur Berufung verweigern, gibt es zwei Möglichkeiten. Assange wird unverzüglich den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anrufen und unter anderem eine Anordnung nach Artikel 39 beantragen, um seine Auslieferung zu blockieren, bis das Gericht in Straßburg seine eigene Entscheidung getroffen hat. Wenn dieser Antrag bewilligt wird, muss die britische Regierung entscheiden, ob sie sich an die Anordnung hält oder Assange trotzdem an die USA überstellt.

Alle Eventualitäten sind technisch und politisch möglich. Die britische herrschende Klasse hat eine wichtige Rolle als Kerkermeister des US-Imperialismus gespielt und Assange fast zwölf Jahre lang gefangen gehalten – zunächst in der ecuadorianischen Botschaft in London, die ständig von der Polizei belagert wurde, dann in Belmarsh. Sie könnte dies auch weiterhin tun, indem sie ihm die Einlegung von Rechtsmitteln beim High Court gewährt, die letztlich immer noch abgelehnt werden könnten, oder indem sie ein Rechtsmittel beim Europäischen Gerichtshof zulässt.

Oder der britische und der amerikanische Staat haben beschlossen, dass es an der Zeit ist, Assange in die USA auszuliefern. Ein solcher Plan wäre durch die in dieser Woche vorgebrachten überzeugenden Argumente erschwert, aber keinesfalls ausgeschlossen.

Eine Auslieferung würde Assange vor weitere enorme persönliche und rechtliche Herausforderungen stellen. Er hat während seiner Inhaftierung in Großbritannien schweren persönlichen Schaden erlitten, sowohl physisch als auch psychisch, und war zu krank, um an der Anhörung vor dem High Court teilzunehmen oder diese auch nur per Videoübertragung zu verfolgen. Seine Frau Stella, die ihn als suizidgefährdet einstuft, wenn er in die USA geschickt würde, hat kategorisch erklärt, dass er eine Auslieferung nicht überleben würde.

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Oberstes Gericht von Alabama schreibt Embryonen Persönlichkeitsrechte zu. Ein umfassender Angriff auf demokratische Rechte und die Wissenschaft

Von Patrick Martin- 23. Februar 2024

Vergangenen Freitag entschied der Oberste Gerichtshof von Alabama, dass tiefgefrorenen Embryonen nach dem Recht dieses US-Bundesstaats Persönlichkeitsrechte zustehen. Das Urteil ist ein umfassender Angriff auf die Wissenschaft, die demokratischen Rechte und die verfassungsmäßige Trennung von Kirche und Staat. Die passive, gleichgültige Reaktion der Regierung Biden auf diese rechtsextreme Provokation beweist erneut, dass kein Teil der kapitalistischen Elite, auch nicht die Demokratische Partei, demokratische Rechte verteidigt. Diese wichtige politische Aufgabe fällt der Arbeiterklasse zu.

Dem Urteil des Obersten Gerichtshofs von Alabama ging eine Zivilklage von Eltern voraus, deren Embryonen in dem Labor, in dem sie für eine In-vitro-Fertilisation (IVF) gelagert wurden, versehentlich zerstört worden waren. Ein vorinstanzliches Gericht hatte die Klage abgewiesen und entschieden, dass ein Embryo kein „ungeborenes Kind“ im Sinne der bundesstaatlichen Verfassung sei.

In Alabama hatte sich in einem Referendum 2018 die Mehrheit der Wähler für ein Abtreibungsverbot in der Verfassung ausgesprochen. Dies wurde umgesetzt, nachdem der Oberste Gerichtshof der USA 2022 ein Urteil gefällt hatte, mit dem das Recht auf Abtreibung abgeschafft wurde.

Im aktuellen Fall nun hob der Oberste Gerichtshof von Alabama die Entscheidung der vorgelagerten Instanz auf und erklärte in Orwellscher Sprache, dass befruchtete Eizellen „extrauterine Kinder“ seien, die denselben Schutz genießen wie beispielsweise ein Schulkind.

Das Urteil ist ein rechtlicher und verfassungsrechtlicher Skandal. Ein Gesetz aus dem Jahr 1872, wonach Eltern wegen des Todes eines „minderjährigen Kindes“ Klage vor Gericht erheben können, wurde auf Embryonen angewandt, die durch In-vitro-Fertilisation (IVF) erzeugt wurden – eine medizinische Technik, die erst in den 1970er Jahren, also mehr als 100 Jahre später, entwickelt wurde.

In der Praxis bedeutet dies das Ende der In-vitro-Fertilisation im Bundesstaat Alabama. Ärzte, Kliniken und Eltern müssen nun befürchten, für die Vernichtung von Embryonen haftbar gemacht zu werden. Bei der künstlichen Befruchtung kommt dies häufig vor, da mehr Embryonen erzeugt als eingepflanzt werden. Überschüssige Embryonen oder solche mit genetischen Anomalien werden im Allgemeinen vernichtet oder für Forschungszwecke zur Verfügung gestellt. Als Reaktion auf das Urteil hat das größte Krankenhaus des Bundesstaats, die Universitätsklinik in Birmingham, alle IVF-Behandlungen eingestellt, weil sie befürchtet, dass „unsere Patienten und Ärzte strafrechtlich verfolgt werden könnten“.

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Julian Assanges letzte Anhörung

Von Mathias Bröckers – 22. Februar 2024

Die Auslieferung Julian Assanges würde einen Präzedenzfall schaffen, der den Journalismus und die Pressefreiheit weltweit ernsthaft bedroht. Es geht hier also nicht nur um einen zu Unrecht gejagten und eingekerkerten Menschen, sondern um die Fundamente von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie.

Der eiserne Käfig in dem kleinen holzgetäfelten Gerichtssaal 5 des Royal Courts of Justice blieb zwei Tage lang leer: Julian Assange ist erkrankt und konnte weder persönlich noch über Videolink aus dem Gefängnis in Belmarsh an der Anhörung teilnehmen.

Auch wenn die Auslieferung des Wikileaks-Gründers an die USA von großer internationaler Bedeutung ist, war auch ansonsten kaum Öffentlichkeit zugelassen – Journalisten mussten in London akkreditiert sein, um einen Platz im Nebenraum zu bekommen, wo sie eine Übertragung in schlechter Ton- und Bildqualität verfolgen konnten. Ein Vertreter der Journalistenorganisation „Reporter ohne Grenzen“, die überall Gerichtsverfahren gegen Journalisten begleitet – und dieses Mal reinkamen – , sagte auf der Kundgebung vor dem Gerichtsgebäude, eine solche Abschottung der Öffentlichkeit habe er auf der ganzen Welt noch nicht erlebt.

Tatsächlich ist die gesamte Strafverfolgung Assanges von Beginn an eine Farce zwischen Kafka und Stalin, die der Whistleblower Edward Snowden auf den Punkt gebracht hat: „Wenn das Aufdecken von Verbrechen wie ein Verbrechen behandelt wird, werden wir von Verbrechern regiert.“

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„Das Gericht in Kiew hat bestätigt: Maidan-Scharfschützen schossen aus dem Hotel Ukraina“

Von Stefan Korinth – 21. Februar 2024

Vor zehn Jahren sorgte ein Scharfschützenmassaker an Polizisten und Maidan-Aktivisten für eine hochexplosive Atmosphäre auf dem Kiewer Maidan und leitete den zwei Tage später folgenden Putsch gegen die ukrainische Regierung ein. Der Politikwissenschaftler Ivan Katchanovski von der Universität Ottawa erläutert im Interview mit Multipolar den Tathergang, die vorliegenden Beweise, die fragwürdige Rolle der ARD und die Erkenntnisse eines kürzlich ergangenen Kiewer Gerichtsurteils zu dem Massenmord. Die Richter stellten faktisch fest: Rechtsextreme Maidankämpfer schossen aus dem Hotel Ukraina und sind für den Tod von mindestens zehn Menschen verantwortlich.

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Die drohende „Herrschaft des Verdachts“: Der Digital Services Act der EU

Von Tobias Riegel – 26. Januar 2024

Mit sprachlichen Verdrehungen, die an George Orwell erinnern, wird der Digital Services Act (DSA) der EU angepriesen, der die Löschung von Inhalten erleichtern soll. Er wird im Februar in Kraft treten, mit massiven Folgen für die Meinungsfreiheit. Laut Kritikern könnten Zensur, Selbstzensur und eine allgemeine „Herrschaft des Verdachts“ Folgen des DSA sein. Ein Kommentar von Tobias Riegel.

Einen interessanten und ausführlichen Artikel zum Digital Services Act der EU hat der Richter im Ruhestand Manfred Kölsch auf der Plattform „Netzwerk kritische Richter und Staatsanwälte“ verfasst. Kürzere Versionen des Textes finden sich auch in der Berliner Zeitung und auf der Webseite des Journalisten Norbert Häring.

Der Artikel ist eine gute Grundlage, um sich mit der wichtigen Materie des DSA vertraut zu machen. In dem Zusammenhang soll hier auch auf das „Medienfreiheitsgesetz“ hingewiesen werden. Dieses den DSA indirekt „ergänzende“ Gesetz hat Florian Warweg kürzlich in diesem Artikel beschrieben – ein Fazit:

„Zudem wird darauf verwiesen, dass das Gesetz gleich mehrfach mit Grundsätzen der Pressefreiheit breche. So werde eine behördliche Aufsicht über die Presse etabliert, bei der auch noch die EU-Kommission mitreden wolle. Zudem sollen Verlage nicht mehr über redaktionelle Inhalte entscheiden dürfen, aber weiter für alle Inhalte voll verantwortlich sein. Und im Internet werde die Zensur legaler Presseveröffentlichungen durch die digitalen Torwächter gesetzlich gebilligt und festgeschrieben.“

„Angriff auf die verfassungsmäßige Ordnung“

Das „Medienfreiheitsgesetz“ trägt die an George Orwells „Neusprech“ erinnernde Praxis, Begriffe in ihr Gegenteil zu verkehren, bereits im Namen. Der DSA, der laut Kölsch im Februar in vollem Umfang als EU-Verordnung 2022/2065 in Deutschland in Kraft treten soll, bedroht in seiner jetzigen Fassung meiner Meinung nach ebenfalls massiv die Meinungsfreiheit in der EU.

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Selenskyjs Gesetzentwurf zur Mobilmachung weiterer 500.000 Mann

Von Jason Melanovski – 3. Januar 2023

Die Regierung von Präsident Wolodymyr Selenskyj hat am Montag, den 25. Dezember, dem Parlament einen neuen Gesetzentwurf zur Mobilmachung vorgelegt. Gestützt darauf sollen bis zu 500.000 weitere Soldaten eingezogen werden, um den NATO-Stellvertreterkrieg gegen Russland fortzusetzen.

Die Einzelheiten des Gesetzentwurfs werden absichtlich unter Verschluss gehalten, da man eine Reaktion der Bevölkerung vermeiden möchte. Journalisten der Nachrichtenagentur Hromadske konnten jedoch eine erläuternde Beschreibung herunterladen, ehe die Website des ukrainischen Parlaments für die Öffentlichkeit gesperrt wurde. Hier einige der vorgeschlagenen Änderungen:

  • Das Wehrpflichtalter soll von 27 auf 25 Jahre gesenkt werden.
  • In jeder Bildungsanstalt soll es für alle ukrainischen Bürger im Alter von 18 bis 25 Jahren eine dreimonatige militärische Grundausbildung geben.
  • Für Personen unter 25 Jahren, die bisher keine militärische Grundausbildung abgeschlossen haben, wird ein fakultativer Militärdienst eingeführt.
  • Für ukrainische Staatsbürger, die sich der Einberufung zum Wehrdienst entziehen und den Wehrdienst nicht ableisten, soll es künftig Einschränkungen geben.
  • Alle Zentren für Verwaltungsdienste und die Arbeitsämter und Einstellungszentren sollen in die militärische Rekrutierung einbezogen werden.
  • Der Gesetzentwurf sieht außerdem vor, Einberufungsbescheide per E-Mail zuzustellen und einen Online-Dienst für Wehrpflichtige und Reservisten einzurichten.

Zu den umstrittenen Aspekten des Gesetzentwurfs gehört der Vorschlag, die Pässe von im Ausland lebenden Ukrainern zu annullieren, wenn sie sich weigern, sich zu stellen. Dieser Schritt würde auch ihren rechtlichen Status in dem Land, in dem sie sich derzeit aufhalten, gefährden. Deshalb standen Ukrainer in ganz Europa kurz nach Bekanntwerden des Gesetzes Schlange vor den Konsulaten, um ihre Pässe zu erneuern, ehe die Änderungen in Kraft treten. Im spanischen Valencia standen offenbar 550 Menschen stundenlang an, um ihren Pass zu erneuern und ihren Aufenthalt in Spanien für das kommende Jahr sicherzustellen.

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EU-Autokratie: Das „Medienfreiheitsgesetz“ verschärft die Zensur in der EU (2 Teile)

Von Thomas Röper – 29. Dezember 2023

Die EU-Kommission übernimmt mit dem Medienfreiheitsgesetz de facto die Medienaufsicht in der EU, die eigentlich bei den einzelnen Mitgliedsstaaten der EU liegt. Die Machtübernahme durch Brüssel geht weiter.

Laut den EU-Verträgen liegt die Medienaufsicht nicht bei der EU-Kommission, sondern bei den Mitgliedstaaten. Mit dem Verbot russischer Medien im vergangenen Jahr hat die EU-Kommission bereits de facto die Kontrolle über die Medien in der EU übernommen und Zensur eingeführt. Die Mitgliedsländer der EU haben diese Aneignung weiterer Machtbefugnisse durch die von niemandem gewählte EU-Kommission hingenommen und umgesetzt.

Schon Jean-Claude Juncker hat seinerzeit erstaunlich offen gesagt, dass die EU nach dem Motto funktioniert, man mache einen kleinen Schritt und wenn es dann keine Proteste gibt, mache man eben weiter. Genau das erleben wir auch jetzt, denn die EU-Kommission übernimmt mit dem „Medienfreiheitsgesetz“ nun die Kontrolle über die Medien in allen Mitgliedsländern der EU.

Was das für Meinungs- und Pressefreiheit bedeutet, kann sich jeder ausmalen, der beobachtet hat, wie der Digital Service Act umgesetzt wurde. Mit dem Gesetz hat die EU-Kommission bereits die Aufsicht über die sozialen Netzwerke übernommen. Dass sie fast unmittelbar danach gegen X (vormals Twitter) vorgegangen ist, weil der EU-Kommission dort zu viel Meinungsfreiheit und zu wenig Zensur herrschen, seit Elon Musk Twitter übernommen hat, lässt erahnen, was nun auch den Medien in der EU nun bevorsteht.

[Teil 1 – hier weiterlesen]

[Teil 2 – hier weiterlesen]

Gazakrieg: Alle Kriegsbeteiligten müssen sich ans Völkerrecht halten

Von Zeitgeschehen im Fokus. Interview mit Jacques Baud – 22. Dezember 2023

Zeitgeschehen im Fokus: Es soll in Haaretz einen Artikel gegeben haben, der sagt, dass der israelische Geheimdienst den Angriff der Hamas „unterstützt“ habe. Ist das fake-news oder wissen Sie etwas darüber?

Jacques Baud: Ich weiß es nicht. Aber ich glaube nicht, dass es eine bewusste Absicht war, die Hamas ihren Angriff durchführen zu lassen. Es ist bekannt, dass viele Hinweise ignoriert oder falsch interpretiert wurden, insbesondere die Beobachtungen der Wachposten der Gaza Division, die für die Sicherheit des Gebiets rund um den Gazastreifen („Gaza-Umschlag“) verantwortlich ist. Meine Analyse ist jedoch, dass die Israelis sehr oft mit zu viel Selbstvertrauen sündigten und ihre Gegner unterschätzten.

Wenn man glaubt, dass die Gegner „Untermenschen» („subhumans“) sind, wie es der stellvertretende Bürgermeister von Jerusalem ausdrückte, begibt man sich automatisch in eine Situation, in der man überrascht werden kann. Diesen Fehler haben unsere Medien in Bezug auf die Russen in der Ukraine gemacht – es ist der größte Fehler, den man in einem Konflikt machen kann.

Im Übrigen ist Netanjahus Regierung rechtsextrem. In Europa und in der Schweiz unterstützen die Regierungen, die Parlamentarier und Journalisten sie und rechtfertigen ihre Verstöße gegen das Völkerrecht, aber in Israel ist das ganz anders. Haaretz ist eine Zeitung, die der Regierung kritisch gegenübersteht. Es ist daher zu erwarten, dass die israelische Opposition die Versäumnisse des israelischen Geheimdienstes für politische Zwecke etwas übertreibt.

Ich glaube, dass die Israelis Opfer ihrer Hybris geworden sind.

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Nächste Assange-Auslieferungsanhörung im Februar

Von Moritz Müller – 21. Dezember 2023

Wie am Dienstag bekannt wurde, findet die nächste Anhörung im Fall Assange am 20. und 21. Februar 2024 in London statt. Das sind genau vier Jahre minus vier Tage, seitdem die Auslieferungsanhörungen begannen. Auf diese Ankündigung warten Julian Assange, seine Familie und die interessierten Teile der Öffentlichkeit seit dem vergangenen Sommer. Es ist die übliche quälende Langsamkeit der Behörden, der Julian Assange seit über 13 Jahren ausgesetzt ist. …

Trotz[dem] … scheint es doch so etwas wie Hoffnung zu geben im Fall Assange. Ganz am Ende dieses Beitrags finden sich zwei Briefe, welche Julian Assange als Antwort an die Kölner und Ulmer Mahnwachenden geschickt hat. Er schreibt dort, dass er Ulm besuchen werde, falls er wieder frei sein wird. An die Kölner schreibt er von der Verbindung seiner Freiheit und der unsrigen. Wenn es seinen Verfolgern wirklich gelänge, ihn mundtot zu machen und ihn als abschreckendes Beispiel zu präsentieren, dann wäre die Pressefreiheit und unsere eigene Meinungs- und Redefreiheit ein weiteres großes Stück erodiert.

Wie man an den Briefen sieht, ist er nun zumindest im Besitz einer Schreibmaschine, was es für ihn sicher einfacher macht. Eigentlich bräuchte er jedoch einen Rechner mit Internetzugang. Aus der Sicht der Strafverfolgungsbehörden ist die derzeitige Beschneidung seiner Kommunikation natürlich logisch und folgerichtig. Nicht aber, wenn man meint, dass Julian Assange der Öffentlichkeit mit der Veröffentlichung der Dokumente über die Kriegsverbrechen der USA und ihrer Verbündeten einen großen Dienst erwiesen hat.

Der französische Mathematiker und Assange-Unterstützer Cédric Villani besuchte Julian Assange vor einiger Zeit in Belmarsh. Was er schildert, stimmt einen auch verhalten optimistisch:

„… meine erste Frage ist natürlich die eines jeden, der einen Angehörigen im Gefängnis besucht. Wie geht es ihm? Offensichtlich nicht sehr gut. Übergewicht, neutraler Blick, müde Gesichtszüge – wie könnte es anders sein? Es ist über ein Jahrzehnt her, dass er eine Straße entlanggehen, an einer kulturellen Veranstaltung teilnehmen oder einen Hügel hinaufklettern konnte. Dennoch verleiht das lange, weißblonde Haar seinem Gesicht das Aussehen eines Weisen aus Tolkiens Märchen. Seine robuste Haltung erinnert eher an einen Felsen als an einen zerschlagenen Mann.“

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Israels skandalöser Umgang mit palästinensischen Gefangenen – Folter inbegriffen

Interview mit Siba Irsheid. Interview: Gabi Weber – 13. Dezember 2023

Das Interview, das die promovierte Fachärztin und Palästinakennerin Gabi Weber mit Dr. Siba Irsheid, LL.M., Rechtsanwältin und Syndikus-Abogada (EuRAG), geführt hat, unterscheidet sich grundlegend von den meisten in Deutschland publizierten Texten zur Situation in Palästina und Israel. Im Interview werden Vorgänge angesprochen, die in den meisten deutschen Medien tabu sind.

Die deutschen Medien berichten nicht deutlich genug davon, dass palästinensische Jugendliche und sogar Kinder gefoltert werden. Sie berichten ungenügend über die rechtliche Lage und auch nicht darüber, dass für Palästinenser und israelische Siedler im gleichen Gebiet verschiedenes Recht gilt. Palästinenser sind oft rechtlos. Wird darüber für die deutsche Öffentlichkeit gewissenhaft berichtet?

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