»Der Westen und die Ukraine stecken in Schwierigkeiten«

Interview mit Jacques Baud – 30. November 2022

»Unsere Medien geben lediglich die ukrainische Propaganda wieder.« Fragen an Jacques Baud zur aktuellen Lage in der Ukraine. – Jacques Baud hat einen Master in Ökonometrie und ein Nachdiplomstudium in internationaler Sicherheit am Hochschul-institut für internationale Beziehungen in Genf absolviert und war Oberst der Schweizer Armee. Er arbeitete für den Schweizerischen Strategischen Nachrichtendienst und war Berater für die Sicherheit der Flüchtlingslager in Ost-Zaire während des Ruanda-Krieges, arbeitete u.a. für die Nato in der Ukraine und ist Autor mehrerer Bücher über Nachrichtendienste, asymmetrische Kriegsführung, Terrorismus und Desinformation.

Zeitgeschehen im Fokus: Warum hat sich Russland aus der Stadt Cherson zurückgezogen?

Jacques Baud: Seit Mai versprach Selenskij eine große Offensive auf Cherson, um die Krim zurückzuerobern und den Süden des Landes zu befreien. Im Juli kündigten die Ukrainer sogar an, dass diese Initiative eine Million Mann umfassen würde, doch sie fand nie statt. Natürlich erwähnt man im Westen nur die Offensiven, aber nie deren Ergebnisse! Daher spricht man auch von Russlands »schwieriger Lage«. In Wirklichkeit wurden die von unseren Medien angekündigten zahlreichen ukrainischen Offensiven nicht nur alle erfolgreich zurückgeschlagen, sondern systematisch von der russischen Artillerie ohne wirkliche Kämpfe vernichtet. So erlitten die Ukrainer enorme Verluste, ohne Boden gutmachen zu können, während die russischen Verluste sehr gering waren. Die genaue Anzahl der Toten auf beiden Seiten ist nicht bekannt, da weder die Russen noch die Ukrainer genaue Zahlen nennen. Dennoch deuten Schätzungen von US-Militärexperten darauf hin, dass insgesamt das Verhältnis der Verluste zwischen Ukrainern und Russen 20 – 11:1 betragen könnte. Die Ukraine befürchtet zu Recht, dass die westliche Öffentlichkeit, wenn sie die Zahl der Toten kennen würde, sich der Unterstützung des Krieges durch ihre Regierungen widersetzen würde. Aus diesem Grund geben unsere Medien niemals Schätzungen zu den ukrainischen Verlusten ab und behaupten weiterhin, dass Russland den Krieg verliert. Das ist auch der Grund, warum die Ukrainer, als die Russen den ihnen die Möglichkeit boten, ihre Toten einzusammeln, sich weigerten, dies zu tun – wie in der Stadt Izium. Für diejenigen, die den Konflikt ernsthaft analysieren (was unsere Staatsmedien ausschließt!), haben sich die Russen also nicht unter ukrainischem Druck aus Cherson zurückgezogen.

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»Die Welt ist in einer enormen Umbruchsphase«

Interview mit Karin Leukefeld – 30. November 2022

Interview mit der freien Journalistin und Nahost-Expertin Karin Leukefeld. –
Zeitgeschehen im Fokus: Wir haben im Iran wieder einmal medial aufbereitete Unruhen, die im Westen vor allem als Kampf der »unterdrückten Frauen« gegen die Regierung analysiert werden, aber wohl einen anderen Hintergrund haben. Können Sie dazu etwas sagen? Karin Leukefeld: Wenn wir über diese Frage sprechen, dann möchte ich vorausschicken, dass wir sehr wenig über dieses Land wissen. Das hängt unter anderem auch damit zusammen, dass der Iran seit der Islamischen Revolution vom Westen als Feindesland betrachtet wird. Vor dieser Zeit war der Iran unter der Regierung des Schahs ein Verbündeter der USA. Im »Westen« wissen die Menschen nicht sehr viel über dieses Land. Man bezeichnet die Regierung als »Extremisten« und seit dem Irakkrieg der USA 2003 als »Expansionisten«. Dazu zählt man auch das Verhalten im Syrienkrieg an der Seite der syrischen Armee. Aber was gesellschaftlich innerhalb des Landes geschieht, darüber wissen wir sehr wenig. Was wir in den letzten Jahren sehen, ist die Folge von 9/11. Dazu muss man sich nochmals vor Augen halten, was der ehemalige US-General, Wesley Clark, berichtete, nämlich dass man nach den Anschlägen im Pentagon überlegt hatte, welche Länder man aus den Angeln heben soll: Der Iran gehörte auch dazu.

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NATO beschließt Truppenverstärkungen an den Grenzen Russlands

Von Andre Damon – 30. November 2022

Am Dienstag trafen sich die NATO-Außenminister im rumänischen Bukarest mit Vertretern der NATO-Beitrittskandidaten Ukraine, Finnland und Schweden, um über die weitere Ausweitung des NATO-Kriegs gegen Russland in der Ukraine und die Stationierung zusätzlicher Truppen an der russischen Westgrenze zu beraten. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg erklärte im Vorfeld des Treffens: „Als Reaktion auf Russlands umfassenden Überfall auf die Ukraine erhöhen wir die Bereitschaft unserer Truppen. Und wir haben die Zahl der NATO-Battlegroups von vier auf acht verdoppelt; eine davon befindet sich hier in Rumänien und wird von Frankreich angeführt.“ Erst letzte Woche hätten die NATO-Verbündeten eine Übung durchgeführt, um die Luft- und Raketenabwehr in Rumänien zu testen, so Stoltenberg. „Spanische, türkische und amerikanische Flugzeuge sowie französische Jets vom Flugzeugträger Charles de Gaulle waren daran beteiligt. Sie haben gezeigt, wie die NATO-Verbündeten zusammenarbeiten und bereit sind, nicht nur jeden Zentimeter Boden, sondern auch den Luftraum über den NATO-Verbündeten zu verteidigen.“ Der „Luftraum über den NATO-Verbündeten“ wird immer größer, da Stoltenberg Finnland und Schweden fast wie NATO-Mitglieder behandelt.

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Auf eigenen Füssen in Petersburg – was sich in den letzten sechs Wochen dort verändert hat

Von Gilbert Doctorow – 30. November 2022

Der Westen beschließt gegen Russland eine Sanktionswelle nach der anderen, immer im Glauben, Russland damit substanziell schaden zu können. Aber schaden diese Sanktionen Russland wirklich? Kann man mit wirtschaftlichen Sanktionen das flächenmäßig größte Land der Welt wirklich schwächen oder gar zerstören? Oder schadet man damit vielleicht sogar sich selbst? Unser geopolitischer, in Brüssel lebender Experte Gilbert Doctorow reiste nach sechs Wochen Brüssel erneut nach St. Petersburg in Russland und berichtet über die dort beobachteten Veränderungen.

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