Was geschah in Sweida – und warum?

Von Karin Leukefeld – 23. Juli 2025 um 9:00

Viel wurde in den vergangenen Tagen über „konfessionelle Konflikte in Südsyrien“ geschrieben und geredet. Die „vom schiitischen Islam abstammenden“ Drusen würden von „sunnitischen beduinischen Stämmen“ bekämpft, wurde über Medien verbreitet. Allerdings ist die ethnische und religiöse Vielfalt Syriens und der gesamten Region nicht der Grund, warum dort Kriege geführt werden. Die großartige kulturelle und soziale Vielfalt zwischen dem östlichen Mittelmeer und der Persischen Golfregion – und darüber hinaus – ist eine Waffe, mit der verschiedene Akteure die Gesellschaft Syriens und der gesamten Region spalten und für eigene Interessen nutzen wollen.

Seit mehr als 100 Jahren – mit der Zerteilung der Region durch das britisch-französische Sykes-Picot-Abkommen (1916) und die anschließende britisch-imperiale Balfour-Erklärung (1917) – intervenieren Großbritannien, Frankreich, Deutschland (E3) und die USA in die Angelegenheiten souveräner Staaten Westasiens. Ihr Statthalter ist Israel, das sie aufrüsten und finanzieren, um ganz in imperial-kolonialer Tradition die Region zu zerteilen und zu beherrschen.

Wie damals geht es um die Kontrolle von See- und Transportwegen zwischen Ost und West, es geht um Gas, Öl und andere Rohstoffe, und es geht um Land; um Land, das die Menschen der Region seit Generationen bewohnt, bearbeitet und entwickelt haben und das die USA, die E3 und Israel sich aneignen wollen.

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Wie die Probleme des Rentensystems auf einen Schlag gelöst werden könnten

Von Thomas Röper – 23. Juli 2025

Dass die Renten in Deutschland für viele kaum zum Leben reichen und dass die Altersarmut steigt, ist allgemein bekannt. Anstatt das Problem zu lösen, werden immer absurdere Vorschläge diskutiert.

Die deutsche Rentenversicherung, früher mal weltweit ein Vorbild, ist nur noch ein Schatten ihrer selbst, denn etwa die Hälfte der heute in den Ruhestand gehenden Rentner sind de facto von Altersarmut betroffen. Die Schuld dafür wird von Politik und Medien der Demografie gegeben, denn die Deutschen haben immer weniger Kinder, was dazu führt, dass immer weniger Beitragszahler immer Rentner finanzieren müssen. Das klingt logisch.

Als Antwort auf das Problem wurden in den letzten Jahrzehnten immer wieder Rentenreformen durchgeführt, die vor allem eines waren: Rentenkürzungen. Eine andere Lösung ist den deutschen Regierungen nicht eingefallen.

Die letzte große Rentenreform wurde noch unter Schröder durchgeführt und sie hatte eine Laufzeit von etwa 20 Jahren, was bedeutet, dass sie nun voll wirksam ist. In dieser Zeit verschob sich der Rentenbeginn für Neu-Rentner jedes Jahr um einen Monat, wobei die Rente der Neu-Rentner jedes Jahr ein bisschen niedriger war, als die der Rentner des Vorjahres. Es war absehbar, dass nach Ablauf der Zeit wieder Diskussionen über eine neue Rentenreform kommen würden, weil sich an dem Grundproblem ja nichts geändert hat.

Das Problem der Rentenversicherung ist jedoch weniger die Demografie, sondern die Berechnung der Beiträge. Das Problem ist die Beitragsbemessungsgrenze, die Einkommen von derzeit über 8.050 Euro monatlich von den Beiträgen zur Rentenversicherung befreit.

Derzeit liegt der Beitragssatz zur Rentenversicherung bei 18,6 Prozent von Bruttolohn und wird von Arbeitgebern und Arbeitnehmern je zu Hälfte bezahlt. Das bedeutet, dass jemand, der 8.050 Euro monatlich verdient, aus seinem Einkommen 748,65 Euro in die Rentenkasse einzahlt. Das bedeutet aber auch, dass jemand der 100.000 Euro monatlich verdient (solche Spitzengehälter gibt es ja), auch nur 748,65 Euro in die Rentenkasse einzahlt. Er bezahlt also nicht 9,3 Prozent seines Einkommens, sondern nur 0,75 Prozent.

Ist das gerecht? Natürlich nicht.

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Nach Annahme des „NABU-Gesetzes“: Vom Westen organisierte Proteste gegen Selensky in der Ukraine

Von Thomas Röper – 23. Juli 2025

Am Dienstag hat Selensky ein Gesetz durch das Parlament gebracht, das im Westen kritisiert wird und gegen das in vielen ukrainischen Städten umgehend von westlichen NGOs organisierte Proteste begonnen haben. Erleben wir den Beginn eines neuen Maidan? […]

Hier geht es nämlich um die Proteste, die in der Ukraine unmittelbar nach der Abstimmung über das Gesetz ausgebrochen sind, denn diese Proteste wurden vom Westen initiiert. Ob das nur eine Warnung an Selensky ist, oder ob ein Maidan 2.0 orchestriert wird, um Selensky zu stürzen, werden die nächsten Tage zeigen.

In diesem Artikel werde ich nur kurz erklären, worum es bei dem Gesetz geht (mehr Details finden Sie wie gesagt im oben verlinkten Artikel), und ausführlich zeigen, wer die Organisatoren der Proteste sind, denn da gibt es einige sehr interessante Details.

Worum es bei dem Streit geht

Kurz gesagt geht es dabei um folgendes: Nach dem Maidan hat der damalige US-Vizepräsident Joe Biden unter dem Vorwand, die Korruption in der Ukraine bekämpfen zu wollen, das Anti-Korruptionsbüro der Ukraine (NABU) eingerichtet. Seitdem war für Fälle von Korruption in der Ukraine nicht mehr die Staatsanwaltschaft, sondern das neue Büro zuständig, das von der US-Botschaft in Kiew gelenkt wurde und in der Ukraine zum wohl wichtigsten Hebel der Macht für die US-Regierung wurde, denn das Büro hat in der Ukraine gegen jeden, der die US-Politik gestört hat, Ermittlungen wegen Korruption eröffnet. Darüber habe ich in meinem Buch „Das Ukraine-Kartell“ sehr ausführlich berichtet.

In der Ukraine tobt ein Machtkampf, in dessen Zentrum wohl Selensky wichtigster Mitarbeiter Andrej Jermak steht, der sowohl der alten als auch der neuen US-Regierung ein Dorn im Auge ist, der in der Ukraine aber als graue Eminenz gilt, die so mächtig ist, dass manche fragen, ob Selensky oder Jermak die Macht in der Ukraine hat.

Das NABU hat im Zuge des Machtkampfes Korruptionsermittlungen gegen Leute aus Selenskys und Jermaks engem Umfeld gestartet, was als Warnung an Selensky und Jermak verstanden wurde. Darauf hat der Selenskys Präsidialverwaltung direkt unterstellte ukrainische Geheimdienst SBU zurückgeschlagen und Ermittlungen gegen angebliche Anti-Korruptionsaktivisten eröffnet und ohne richterlichen Beschluss deren Büros und Wohnungen durchsucht.

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Sozusagen ein kleiner Putsch – Selensky entmachtet US-Strukturen in der Ukraine

Von Thomas Röper – 22. Juli 2025

In der Ukraine tobt ein heftiger Machtkampf, über den deutsche Medien nicht berichten. Heute hat Selensky in der Rada die Entmachtung der mächtigen, von der US-Botschaft kontrollierten Anti-Korruptionsbehörden durchgesetzt, die angefangen haben, in Selenskys Umfeld wegen Korruption zu ermitteln.

Das ukrainische Parlament, die Rada, hat am heutigen Dienstag ein Gesetz beschlossen, dass das Anti-Korruptionsbüro der Ukraine (NABU) und die Anti-Korruptionsstaatsanwaltschaft (SAP), die bisher unabhängig von staatlichen Strukturen der Ukraine operiert haben, der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft unterstellt.

Deutschen Medien ist dieser Vorgang, im Gegensatz zu amerikanischen Medien, kaum eine Meldung wert. Im Spiegel habe ich bisher nichts darüber gefunden. Das zeigt ein weiteres Mal, dass deutsche Journalisten entweder nichts von der Ukraine verstehen, oder ihre Leser bewusst dumm halten, denn diese Entscheidung hat sehr weitreichende Konsequenzen.

In den USA ist es anders, dort gab es alleine bei Bloomberg zwei Artikel darüber. Sie trugen die Überschriften „Razzien in der Ukraine wecken Besorgnis über Kiews Bemühungen zur Korruptionsbekämpfung“ und „Die Ukraine hat sich in ihrem Überlebenskampf ein selbstverschuldetes Handicap zugezogen“ und der O-Ton darin war, dass es nicht gut sei, wenn die „unabhängigen“ ukrainischen Anti-Korruptionsbehörden unter die Kontrolle der Generalstaatsanwaltschaft geraten, die – das wurde nicht explizit gesagt, war aber zwischen den Zeilen zu lesen – keineswegs unabhängig, sondern ein Machtinstrument von Selensky und seinem Apparat ist.

Auch die G7 haben den Schritt kritisiert und ihre „ernsthafte Besorgnis“ geäußert, worauf der zweitgenannte Bloomberg-Artikel hinweist, denn darin wird davon gesprochen, der Westen könnte die Waffenlieferungen an Kiew wegen der in der Ukraine nun weniger kontrollierten Korruption einstellen. Das ist eine sehr deutliche Warnung, auch wenn sie „nur“ von Bloomberg und nicht direkt von einer westlichen Regierung kommt.

All das klingt nicht allzu spektakulär, aber der Eindruck täuscht, denn was in Kiew derzeit vorgeht, ist ein Machtkampf, bei dem Selensky und sein Büro mit sehr hohen Einsätzen spielen. Um das zu erklären, muss ich zum Verständnis weit ausholen, aber diese Geschichte ist für alle, die sich für politische Machtspiele interessieren, ein wahrer Leckerbissen, das verspreche ich.

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Was sind die Gründe für die radikal anti-russische Politik der baltischen Staaten?

Von Alexander Fokin/TASS (übersetzt und eingeleitet von Thomas Röper) – 22. Juli 2025

In Europa gehören die drei baltischen Staaten zu den eifrigsten Trommlern für eine radikal anti-russische Politik. Was sind die Gründe dafür? […]

Natürlich liegt der Grund unter anderem in der sowjetischen Vergangenheit, die die Balten als Besatzung bezeichnen. Übrigens begegnen dem in Russland viele mit Unverständnis, denn die baltischen Sowjetrepubliken wurden als „Schaufenster nach Europa” finanziell überdurchschnittlich gefördert und der Lebensstandard dort war höher als in den meisten Teilen der Sowjetunion, was das Baltikum zu einem beliebten Urlaubsziel von Sowjetbürgern gemacht hat.

Ein russischer Professor hat sich mit der Frage, was die Gründe für die anti-russische Politik und Stimmung im Baltikum sind, befasst und in der russischen Nachrichtenagentur TASS einen interessanten und selbstkritischen Artikel dazu veröffentlicht, den ich übersetzt habe. […]

Drei Schwestern und eine Grenze: Wie die baltischen Staaten Geschichte in Geopolitik verwandelt haben

Fünf kurze, aber miteinander verbundene Geschichten, die verdeutlichen, wie der „sowjetische Westen” zur „europäischen Front” wurde und warum Russland diese Erfahrungen auch heute noch verarbeiten muss

In diesem Jahr feiert das Baltikum eine Reihe von Jubiläen. Litauen, Lettland und Estland feiern die „Wiederherstellung ihrer Staatlichkeit”. Diese Feiertage werden jedes Mal nicht nur als Anlass für Konzerte und Feuerwerke gesehen, sondern auch als weitere Gelegenheit, die eigene Version der Vergangenheit zu präsentieren. Warum nehmen gerade diese drei der 15 ehemaligen „Schwesterrepubliken“ heute die härteste, manchmal radikal anti-russische Haltung ein?

Die Antwort findet sich in ihrer gesamten Entwicklung vom Status als „Schaufenster der Sowjetunion“ bis zum vorderen Rand der NATO im Baltikum.

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Stoppt den eskalierenden Völkermord in Gaza!

Von der Redaktion der World Socialist Web Site – 22. Juli 2025

Israel verschärft seinen Völkermord in Gaza und geht täglich mit tödlicher Gewalt gegen eine wehrlose Bevölkerung vor. Eine Grausamkeit folgt der nächsten, und die Regierung Netanjahu beschleunigt mit Unterstützung der imperialistischen Mächte ihr Bestreben, das palästinensische Volk auszuhungern, zu terrorisieren und zu vernichten.

Am Sonntag wurden mindestens 115 Palästinenser getötet, darunter 92 bei zwei separaten Massakern. Diese richteten sich gegen Menschenmengen, die humanitäre Hilfe suchten. Der Euro-Med Human Rights Monitor berichtet, dass allein bei einem dieser Massaker im nördlichen Gazastreifen 67 Menschen getötet wurden. In dem Bericht heißt es: „Die Besatzungsarmee befahl den Zivilisten, sich mit erhobenen Händen – ein klares Zeichen der Kapitulation – den Hilfswagen zu nähern. Daraufhin eröffnete sie ohne jede Provokation auf sie das Feuer.“

Inmitten der Gespräche über einen angeblichen „Waffenstillstand“ gehen die Massaker unvermindert weiter. Allein in den letzten 10 Tagen kam es zu folgenden Vorfällen:

  • Am 10. Juli wurden bei einem israelischen Angriff auf ein ziviles Gebiet außerhalb der Gesundheitsklinik von Project HOPE in Deir al Balah 15 Menschen getötet, darunter neun Kinder und vier Frauen, und 30 weitere verletzt.
  • Am 11. Juli wurden bei einem israelischen Luftangriff auf die einzige katholische Kirche Gazas drei Menschen getötet und mehrere weitere verletzt.
  • Ebenfalls am 11. Juli wurden 10 Palästinenser in der Nähe einer Lebensmittelverteilungsstelle im Nordwesten von Rafah getötet und 60 verletzt. Am darauf folgenden Tag starben 31 der 132 Verwundeten, die im Feldlazarett des Roten Kreuzes aufgenommen worden waren, an ihren Verletzungen.
  • Zwischen dem 10. und 13. Juli wurden mindestens vier Journalisten bei verschiedenen israelischen Angriffen getötet, darunter einer, der beim Aufsuchen seines Hauses gezielt angegriffen wurde, und ein weiterer zusammen mit seiner schwangeren Frau und drei Kindern in einem Zelt für Binnenflüchtlinge.
  • Am 14. Juli wurden bei einem israelischen Angriff auf ein Wohnhaus, in dem Vertriebene in Tal al Hawa untergebracht waren, zwölf Palästinenser, die meisten von ihnen Frauen und Kinder, getötet und 30 weitere verletzt.
  • Am 16. Juli wurden 21 Menschen an einer militarisierten Hilfsverteilungsstelle im Süden von Khan Yunis getötet; 15 von ihnen starben in einer Massenpanik, indem sie erstickten oder todgetrampelt wurden.

Die von Israel und den USA gegründete Organisation „Gaza Humanitarian Foundation“ (GHF) hat sogenannte „Hilfskorridore“ eingerichtet, die in Wirklichkeit killing fields (Todesfelder) sind: absichtlich angelegte Fallen, die von israelischen Drohnen und Scharfschützen überwacht und gezielt angegriffen werden. Seit Ende Mai sind an diesen Orten fast 1.000 Menschen getötet und mehr als 6.000 verletzt worden.

Das Massaker an wehrlosen Menschen, die Hilfe suchen, steht in direktem Zusammenhang mit einer gezielten Hungerkampagne. Das Gesundheitsministerium von Gaza berichtet, dass innerhalb von 24 Stunden 18 Menschen verhungert sind. Es sind die Auswirkungen einer drastischen Verschärfung der Hungersnot unter der fast vollständigen Blockade von Lebensmitteln, Wasser und Strom durch Israel.

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„Ich bin Völkermordforscher – und ich erkenne ihn, wenn ich ihn sehe“ – Die Vorwürfe des Völkermordes an den Palästinensern nehmen zu

Von Omer Bartov (übersetzt und eingeleitet von Thomas Röper) – 22. Juli 2025

Gerade haben fast 30 Staaten von Israel gefordert, den Krieg in Gaza umgehend einzustellen. Und in der New York Times hat ein jüdischer Genozidforscher erklärt, warum Israel einen Völkermord begeht und vor den Folgen für die Welt gewarnt.

Die Außenminister von fast 30 Staaten und internationalen Organisationen fordern in einer gemeinsamen Erklärung ein sofortiges Ende des Kriegs im Gazastreifen. Bemerkenswert daran ist, dass es sich dabei ausschließlich um Staaten des Westens handelt, der Israel bisher bei seinem Vernichtungskrieg gegen die Palästinenser unterstützt. Die Unterzeichner der Erklärung sind die Außenminister von Australien, Österreich, Belgien, Kanada, Zypern, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Island, Irland, Italien, Griechenland, Japan, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, den Niederlanden, Neuseeland, Norwegen, Polen, Portugal, Slowenien, Spanien, Schweden, der Schweiz und Großbritannien.

Nicht unterzeichnet haben die Erklärung Deutschland und die USA.

Da es in Deutschland immer noch umstritten ist, ob Israel in Gaza einen Völkermord begeht, übersetze ich einen Artikel eines jüdischen Genozidforschers, der vor einer Woche in der New York Times veröffentlicht wurde. Der Artikel erklärt nicht nur, warum es sich bei Israels Vorgehen um einen Völkermord handelt, sondern stellt auch die wichtige Frage, was es für die Zukunft der Holocaust-Forschung und der Erinnerung an den Holocaust bedeuten kann, wenn Israel nun selbst einen Holocaust begeht und diesen mit dem Holocaust an den Juden rechtfertigt. […]

Ich bin Völkermordforscher – und ich erkenne ihn, wenn ich ihn sehe

Von Omer Bartov

Einen Monat nach dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 war ich der Ansicht, dass es Hinweise darauf gab, dass das israelische Militär bei seinem Gegenschlag auf Gaza Kriegsverbrechen und möglicherweise Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat. Doch entgegen dem Ruf der schärfsten Kritiker Israels schien mir die Beweislage damals nicht auszureichen, um von Völkermord zu sprechen.

Im Mai 2024 hatte die israelische Armee rund eine Million Palästinenser, die in Rafah, der südlichsten und letzten relativ unversehrten Stadt des Gazastreifens, Zuflucht gesucht hatten, aufgefordert, in das Küstengebiet von al-Mawasi zu fliehen, wo es kaum oder gar keine Unterkünfte gab. Im Anschluss zerstörte die Armee weite Teile von Rafah, ein Vorhaben, das bis August weitgehend abgeschlossen war.

Zu diesem Zeitpunkt schien es nicht mehr möglich zu leugnen, dass das Muster der Operationen der israelischen Streitkräfte (IDF) mit den Aussagen israelischer Führungspersonen nach dem Hamas-Angriff übereinstimmte, die auf einen völkermörderischen Vorsatz hinwiesen. Premierminister Benjamin Netanjahu hatte angekündigt, der Feind werde einen „hohen Preis“ für den Angriff zahlen, die Armee werde die Teile Gazas, in denen Hamas aktiv sei, „in Schutt und Asche“ legen, und er forderte „die Bewohner Gazas“ auf, „jetzt zu fliehen, denn wir werden überall mit aller Kraft vorgehen“.

Netanjahu hatte seine Landsleute zudem aufgefordert, sich daran zu erinnern, „was Amalek euch angetan hat“, ein Zitat, das viele als Anspielung auf eine Bibelstelle verstanden, in der die Israeliten aufgefordert werden, „Männer wie Frauen, Kinder und Säuglinge“ ihres alten Feindes, das Volk der Amalekiter, zu töten. Regierungs- und Militärvertreter bezeichneten die Palästinenser als „menschliche Tiere“ und forderten später deren „vollständige Vernichtung“.

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Deep Precision Strike

Von German-Foreign-Policy.com – 22. Juli 2025

Bundesregierung bereitet vorläufige Beschaffung US-amerikanischer und langfristige Entwicklung europäischer Marschflugkörper vor. Letztere sollen militärische Unabhängigkeit von den USA sichern.

Die Bundesregierung bereitet die vorläufige Beschaffung weitreichender US-Marschflugkörper und die langfristige Entwicklung von den USA unabhängiger europäischer Marschflugkörper vor. Wie Verteidigungsminister Boris Pistorius in der vergangenen Woche bestätigte, ist Deutschland an einem Erwerb der mobilen Abschussplattform Typhon interessiert. Damit lassen sich Marschflugkörper vom Typ Tomahawk mit einer Reichweite von gut 2.000 Kilometern abfeuern. Typhon und Tomahawk werden von US-Konzernen hergestellt und sind bereits erhältlich. Zugleich treiben Berlin und London die Entwicklung eigener weitreichender Waffen (Deep Precision Strike, DPS) voran. Sie könnten in sieben bis zehn Jahren zur Verfügung stehen und als zentraler Baustein des European Long-Range Strike Approach (ELSA) dienen, eines Projekts, das von heute sieben EU-Staaten getragen wird und die europäischen Staaten bei Marschflugkörpern oder auch ballistischen Raketen von den USA unabhängig machen soll. Mit Blick auf ELSA haben auch französische Rüstungskonzerne erste Vorschläge für weitreichende Waffen vorgelegt. Damit zeichnet sich erneut harte innereuropäische Konkurrenz in der Rüstungsindustrie ab.

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ARD-Interview mit Weidel: Bei Merz oder den Grünen wäre das nicht passiert

Von Tobias Riegel – 22. Juli 2025

Das ARD-Sommer-Interview mit AfD-Chefin Alice Weidel schlägt immer noch hohe Wellen – zu Recht: Das Zulassen der Störungen ist ein klarer Fall der Ungleichbehandlung. Der Vorgang ist offensichtlich ungerecht und wird darum die Rechten stärken. Pseudolinke Akteure wollen diesen kontraproduktiven und undemokratischen Charakter ihrer Aktionen nicht wahrhaben – dadurch werden auch „reale“ Linke in Verruf gebracht. Ein Kommentar von Tobias Riegel.

Man stelle sich vor: Beim letzten ARD-Sommer-Interview wäre nicht AfD-Chefin Alice Weidel, sondern Grünen-Chefin Franziska Brantner von einer Handvoll rechter Demonstranten mit großen Lautsprechern in ihren politischen Äußerungen empfindlich gestört worden – der Umgang mit der Situation und die Reaktion in den Mainstream-Medien wären radikal anders gewesen als nun bei Weidel. Die Protestaktionen wären als ein „Kampf gegen die Demokratie“ gebrandmarkt worden, die ARD-Verantwortlichen hätten sich schützend vor die „attackierte“ Grüne gestellt, die Polizei wäre umgehend eingeschritten und zahlreiche Medien hätten dieses Durchgreifen gefeiert.

Zweierlei Maß

Wie kann aber eine solche Ungleichbehandlung mit den eigenen Phrasen der „demokratischen Mitte“ in Einklang gebracht werden? Gar nicht. Es bleibt ein Akt der politischen Heuchelei und der offensichtlichen Unfairness. Wer den fragwürdigen Vorgang um das Weidel-Interview als einen wirksamen „Kampf gegen Rechts“ verkaufen will, der führt nichts Gutes im Schilde. Es gibt aber auch Medienbeiträge, die die Proteste als ein Zeichen der „Hilflosigkeit“ einer „demokratischen Mitte“ beschreiben.

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Merz kündigt massive Einschnitte bei den Sozialleistungen an

Von Peter Schwarz – vor 19 Stunden

Die Bundesregierung bereitet ab Herbst massive Einschnitte bei den Sozialleistungen, den Renten und im Gesundheitsbereich vor. Das machte Bundeskanzler Friedrich Merz am vergangenen Freitag auf der Sommerpressekonferenz deutlich. Auch auf den Wirtschaftsseiten der Medien finden sich zahlreiche Vorschläge, wie Milliardensummen auf Kosten von Bedürftigen, Rentnern, Kranken und Lohnabhängigen eingespart werden können.

Inzwischen ist klar, dass Union und SPD den geplanten Sozialabbau in ihrem Koalitionsvertrag bewusst ausgespart und an Expertenkommissionen delegiert hatten, um als erstes die gewaltige Erhöhung der Militärausgaben auf den Weg zu bringen. Sie rechneten offenbar mit massivem Widerstand, wenn sie Aufrüstung und Sozialabbau gleichzeitig angekündigt hätten. Doch nun soll, wie Merz deutlich machte, keine Zeit mehr verloren werden. Arbeiter und Bedürftige sollen die Kosten von Rüstung und Krieg bezahlen.

„Die Bevölkerung muss wissen, dass für Altersversorgung, Gesundheitsversorgung und Pflegebedürftigkeit auch höhere Anstrengungen von uns allen unternommen werden müssen,“ sagte der Bundeskanzler auf der Sommerpressekonferenz. „Da steht uns eine große gesellschaftspolitische Kraftanstrengung bevor.“

Hatte es ursprünglich geheißen, Experten würden bis zur Mitte der Wahlperiode im Frühjahr 2027 Vorschläge zur „Reform“ der Sozialversicherungen ausarbeiten, drückte Merz nun aufs Tempo. „Wir haben nicht so lange Zeit,“ drängte er. „Was wir bis zur Mitte der Legislaturperiode nicht entschieden haben, das wird in der zweiten Hälfte nicht mehr möglich sein. Die Probleme müssen wir schneller lösen, als wir sie im Augenblicke meinen, lösen zu können.“

Um welche Summen es dabei geht, machen Meldungen über die wachsenden Defizite der Sozialkassen deutlich. Die Ausbreitung von Niedriglöhnen, Tarifabschlüsse unter der Inflationsrate und sogenannte „versicherungsfremde Leistungen“, die den Sozialkassen ohne entsprechende Einnahmen aufgebürdet wurden, lassen deren Einnahmen und Ausgaben immer weiter auseinanderklaffen.

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