Die Jagd auf „Kreml-Kritiker“ und Ex-Spione: Russlands „Sündenregister“ im Faktencheck

Von Wladislaw Sankin – 30. August 2020

Das Drama um Alexei Nawalny ist längst zum Politikum geworden. Moskau wird in Deutschland lauthals des versuchten Mordes am Oppositionellen beschuldigt. An seiner angeblichen Vergiftung sei die Handschrift des Kreml zu erkennen. Aber was ist die „Handschrift des Kreml“? Es war nicht nur die Bild, die den Kreml und den russischen Präsidenten Wladimir Putin des Mordes an Alexei Nawalny beschuldigte – noch bevor etwas Genaueres über seinen Gesundheitszustand nach einer Notlandung im sibirischen Omsk am 20. August bekannt wurde. Es waren mehr oder weniger alle große deutsche Medien. Mit zahlreichen Politikern von CDU, FDP, SPD und den Grünen präsentierten sie sich in trauter Einigkeit – der Vorwurf gegen Moskau, einen weiteren, diesmal den „schärfsten Kreml-Kritiker“ mit einem Giftanschlag ermorden zu wollen, sei mehr als begründet. Die Stellungnahme der Charité am 24. August goss noch mehr Öl ins Feuer, und ab diesem Moment war in den Reden von Politikern sogar von einer Bestrafung Moskaus die Rede.

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Moskauer Nebel, made in Berlin. Der Fall Nawalny und die deutschen Medien

Von Velten Schäfer – 29. August 2020

Die Ausflaggung Alexej Nawalnys als „Kremlkritiker“ setzt von Bild über Tagesthemen bis zu den Linksliberalen eine stereotype Assoziationskette in Gang: Wer den „Kreml“ kritisiert, verdient erstens jede Unterstützung. Zweitens geht, was immer ihm zustößt, ganz gewiss auf Putins Kappe. Der zweite, sachliche Punkt – was genau ist denn passiert, wer steht gegebenenfalls hinter der Giftattacke – ist nun bis auf Weiteres schwer zu klären. Dieser Umstand aber hat letztlich auch viel mit dem ersten, politischen Feature jener Denkgewohnheit zu tun.

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Tausende protestieren in Russland – Warum berichten die deutschen Medien nicht?

Von Thomas Röper – 27. August 2020

In einer russischen Teilrepublik finden seit Wochen Massenproteste statt, Aktivisten hatten Zeltlager errichtet und sich Auseinandersetzungen mit der Polizei geliefert. Warum haben die deutschen „Qualitätsmedien“ darüber nicht berichtet, die doch sonst jeden kleinen Protest in Russland zur Revolution gegen Putin verklären? Obwohl die deutschen Medien permanent den Eindruck erwecken, in Russland herrsche strenge Zensur, gibt es sehr dort wohl oppositionelle Medien. So gibt es zum Beispiel TV-Rain, von denen man im Westen manchmal hört und auf den sich westliche Medien gerne berufen, wenn es um Skandale in Russland geht. In diesem Fall berichten sie aber nicht. Vor zehn Tagen hat TV-Rain aus der russischen Teilrepublik Baschkortostan berichtet. Die Teilrepublik liegt ganz im Südosten des europäischen Teils von Russland und dort haben Tausende seit Wochen gegen die Abholzung eines Waldes demonstriert, der den Menschen dort eine große, historische Bedeutung hat und der unter speziellem Schutz steht. Es wurden dort Zeltlager errichtet und es gab Rangeleien mit der Polizei, die die Firma geschützt hat. Auch ohne Russisch-kenntnisse sind diese Bilder in dem Beitrag gut zu erkennen.

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Lehrstück „Charité“ im Fall Nawalny – das Aha-Erlebnis der Russen

Von Irina Alksnis – 26. August 2020

Ein russischer General sagte einst: „Es spielt keine Rolle, welche Farbe unsere Haut hat und wie unsere Augen geformt sind. Für die Gegner sind wir alle einfach nur Russen.“ Wie zutreffend diese Bemerkung ist, zeigt gerade der jetzige Trubel um den Aktivisten Nawalny. Die Behauptung, der Kreml habe etwas mit der Vergiftung von Alexej Nawalny zu tun, ist laut dem Sprecher des russischen Präsidenten derart inhaltslos, dass man sie nicht ernst nehmen kann. Eine Erklärung, wie man sie von Dmitri Peskow sicherlich nicht anders erwartet hatte. Doch dieser Fall hebt sich von den ähnlich gestrickten Skandalen der jüngsten Vergangenheit ab.Das Ärzteteam der Berliner Charité sieht die Ursache für den gesundheitlichen Zustand von Alexej Nawalny bekanntlich in einer „Intoxikation durch eine Substanz aus der Wirkstoffgruppe der Cholinesterase-Hemmer“. Darauf würden die klinischen Befunde hinweisen, heißt es in der offiziellen Erklärung der Ärzte. Welche Substanz es genau war, die den russischen Aktivisten vergiftet haben soll, wissen die deutschen Mediziner noch nicht: Die Untersuchung läuft. Die Erklärung des Ärzteteams hat bisher vor allem zwei Folgen. Die eine ist eine Flut wilder Spekulationen in den Medien und sozialen Netzwerken, was daran liegt, dass die „Wirkstoffgruppe der Cholinesterase-Hemmer“ eine sehr weitgefasste Gruppe ist.

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Kreuzritter und Heuchler im virtuellen Kampf gegen das „Regime Putin“

Von Ulrich Heyden (Moskau) – 26. August 2020

Den „Fall Navalny“ nutzen deutsche Politiker und Medien, um von Problemen in Deutsch-land abzulenken. Spiegel Online veröffentlichte gestern ein großes Video-Interview mit dem Grünen-Politiker Jürgen Trittin. Der behauptete, Putin habe „die Kontrolle über Russland“ verloren. Er habe sein „Versprechen gebrochen, Russland Stabilität zu bringen“. Der Beweis: Der Oppositionsführer Aleksej Navalny sei vergiftet worden. Spuren für eine Vergiftung konnten die Ärzte im sibirischen Omsk zwar nicht finden. Und auch die Ärzte der Berliner Charité vermuten bisher nur eine Vergiftung und können keine exakten Angaben machen, geschweige denn, den Tatablauf erklären. Doch eine Vermutung deutscher Ärzte reicht deutschen Politikern allemal, um scharfe Maßnahmen gegen das „Regime Putin“ zu fordern.

Corona: Wollten IWF und Weltbank Lukaschenko bestechen?

Von Boris Reitschuster – 18. August

Die Nachricht geht durch die sozialen Netzwerke wie eine Bombe: Weißrusslands Präsident Alexander Lukaschenko soll vom IWF und der Weltbank großzügige Millionenangebote erhalten haben für den Fall, dass er von seiner Politik als „Corona-Muffel“ abweiche und in der kleinen Republik zwischen Russland und Polen strikte Corona-Maßnahmen einführe. In den großen Medien ist über Lukaschenkos angebliche Aussage nichts zu finden. Viele Menschen in den sozialen Netzwerken sind deshalb etwas ratlos und wissen nicht, was sie von der Information zu halten haben, und ob es sich um Fake-News handelt oder nicht. Da ich des Russischen mächtig bin, habe ich die Originalquelle gesucht und gefunden.

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https://www.reitschuster.de/post/corona-wollten-iwf-und-weltbank-lukaschenko-bestechen

Tagesschau-Halali zum Abschuss Lukaschenkos

Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam – 21. August 2020

Putin „mischt sich ein“, Heiko Maas „verteidigt“ bloß „unsere Werte auch jenseits unserer Außengrenzen“: Der USA-EU-Westen, die Bundesregierung und der ihr angeschlossene öffentlich-rechtliche Rundfunk sind unbestritten Sieger im Propagandakrieg gegen Weißrusslands Präsidenten Lukaschenko. EU-Ratspräsident Charles Michel blies die Fanfare: „Die Wahlen in Belarus … entsprachen nicht internationalen Standards. Daher erkennen wir die Ergebnisse nicht an.“ Und schon war der berühmte Sack Reis wieder mal umgefallen. Noch hat der Propagandasieg aber keine schlimmeren Folgen.

Der Schauprozess gegen Julian Assange: Eine grausame juristische Farce

Von Thomas Scripps und Kevin Reed – 17. August 2020

Die Verfolgung von Julian Assange ist ein beschämender und erniedrigender Schauprozess, der einen unschuldigen Mann für die Aufdeckung der Verbrechen des US-Imperialismus seiner Freiheit und seines Lebens berauben soll. Falls dafür überhaupt ein weiterer Beweis nötig gewesen wäre, wurde dieser in der Anhörung am vergangenen Freitag erbracht. Im Verlauf des stümperhaften Verfahrens wurde Assange zunächst nicht in den Videoraum gebracht, um ihm eine Beteiligung am Prozess zu ermöglichen. Darüber hinaus erschienen die US-Staatsanwälte nicht rechtzeitig zur Anhörung, weil sie die Uhrzeit falsch verstanden hatten. Nur fünf Beobachter wurden in den Gerichtssaal gelassen und alle Journalisten und Rechtsbeobachter, die die Anhörung aus der Ferne verfolgen wollten, wurden ausgeschlossen.

https://www.wsws.org/de/articles/2020/08/17/pers-a17.html

Antisemitismus. Ein kaputter Diskurs

Von Gerhard Hanloser – 8. August 2020

Die Beschäftigung mit Antisemitismus und seiner Kritik war lange Zeit eine Disziplin, kombiniert und unterfüttert mit gesellschaftstheoretischen und -kritischen Elementen. Wer sich publizistisch zu diesem Thema äußerte, musste vor allem eines leisten: Arbeit am Begriff. Davon kann im heutigen Streit um Antisemitismus keine Rede mehr sein. Anstelle einer disziplinierten begrifflichen Arbeit prägen Moralisierung und instrumentelle Politisierung die Diskussion.

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ARD-aktuell macht sich lächerlich

Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam – 7. August 2020

Ihre Tagesschau ist ein Schandfleck auf der ohnehin fadenscheinigen Demokratieweste unserer Gesellschaft. „Die wollen uns wohl für dumm verkaufen“, meint Tantchen Trudi aus Berlin ärgerlich und beobachtet fasziniert, wie sich die 20-Uhr-Tagesschau am 1. August unglaubwürdig macht: „20 000 Menschen haben in Berlin gegen die Auflagen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie demonstriert“, tönt es aus der Wunderlampe. Die ARD-aktuell-Redaktion bleibt mit solcher Kleinrederei auf ihrer regierungsfromm staatstragenden Linie. Statt mit informativen Angaben darüber aufzuwarten, was hierzulande Sache ist, berieselt sie ihr Publikum mit sensationell aufgemachten Corona-Trivialitäten aus dem Ausland: über einen debilen Präsidenten in Brasilien, über besoffene Mallorca-Urlauber, Maskenpflicht bei den Salzburger Festspielen, vermehrte Wilderei in Südafrika. Über die Schweinereien, die sich unsere Bundesregierung im Schatten der Pandemie-Bekämpfung leistet, berichtet sie kein Wort. Nochmals kurz zu Tantchens Faszinosum: Das Hamburger Volksparkstadion fasst rund 60 000 Besucher. Die Zentralredaktion ARD-aktuell beim NDR in Hamburg hatte damit gleich nebenan eine konkrete Vergleichsgrundlage. Die Redakteure brauchten nur ihre Archivbilder vom vollbesetzten Stadion mit den aktuellen aus Berlin zu vergleichen, um sofort zu bemerken, dass dort eine vielfach größere Menschenmenge demonstrierend unterwegs war. Doch auch Tagesthemen-Moderator Ingo Zamperoni blieb am besagten Abend bei der absurden behördlichen Falschinformation, es hätten nur „um die 20 000 Menschen“ in der Hauptstadt demonstriert.

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