Biden weitet angesichts der Krise um den Truppenabzug die Militäroperationen in Afghanistan aus

Von Mike Head – 22. August 2021

Bei seiner ersten Pressekonferenz im Weißen Haus seit dem Fall von Kabul versuchte US-Präsident Joe Biden am Freitag erneut, die historische und demütigende Niederlage der USA und ihrer Verbündeten in dem fast 20 Jahre andauernden neokolonialen Krieg in Afghanistan herunterzuspielen. Gleichzeitig erklärte er, auch nach Ablauf der Frist für den Abzug am 31. August, auf die sich die USA mit den Taliban geeinigt haben, könnten noch 6.000 US-Soldaten im Land bleiben. Als Vorwand nannte er die Rettung von amerikanischen Staatsbürgern und ausgewählten Afghanen: „Ich glaube, wir können [die Evakuierung] bis dahin abschließen, aber wir werden das anhand des weiteren Verlaufs entscheiden.“ Um den Eindruck von Stärke und Stabilität zu vermitteln, wurde Biden von hohen Regierungsvertretern wie Vizepräsidentin Kamala Harris, Außenminister Antony Blinken und Verteidigungsminister Lloyd Austin flankiert. Biden versprach die Evakuierung nicht nur aller Amerikaner, sondern auch aller Afghanen, die das US-Militär unterstützt haben und jetzt das Land verlassen wollen.

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Vietnam 2.0. Von den Verbrechen des Westens in Afghanistan und der Not, die bleibt

Von Fabian Scheidler – 21. August 2021

Die kopflose Flucht der NATO-Truppen aus Afghanistan und die Not, die sie dort zurücklassen, sind nur das letzte Kapitel einer verheerenden Geschichte, die im Oktober 2001 begonnen hat. Damals verkündete die US-Regierung, auch unterstützt von der rot-grünen Koalition in Berlin unter dem SPD-Bundeskanzler Gerhard Schröder, dass der Terror des 11. September durch einen Krieg in Afghanistan beantwortet werden sollte. Dabei war keiner der Attentäter Afghane. Und die damalige Taliban-Regierung bot den USA sogar eine Auslieferung von Osama bin-Laden an – ein Angebot, das die US-Regierung mit unerfüllbaren Forderungen beantwortete.

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Die Taliban an der Macht

Von Michael Lüders – 18. August 2022

Besatzer, nicht Befreier: 20 Jahre diente Deutschland den USA als Hilfssheriff – ohne irgendeinen Plan. Die Folgen zeigen sich jetzt. – Das Fiasko in Afghanistan ist die zweite große Niederlage der USA seit dem Abzug aus Saigon im April 1975. Erneut muss sich die stärkste Militärmacht der Welt Kriegern geschlagen geben, die über keinerlei Hightechwaffen verfügten, ja: die in Sandalen daherkommen. Nicht allein die USA – ebenso die NATO und die aufeinander folgenden Bundesregierungen, die am „Krieg gegen den Terror“ in Afghanistan seit 20 Jahren beteiligt waren. Die offiziellen Begründungen Berlins für das Engagement erwiesen sich dabei als flexibel. Man begann mit dem Ausspruch des damaligen Verteidigungsministers Peter Struck (SPD): „Die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland wird auch am Hindukusch verteidigt.“ Später entstand der Eindruck, die Bundeswehr bohre vor allem Brunnen und
ermögliche Mädchen den Schulbesuch. In jüngster Zeit standen dann Frauenrechte und die Stärkung der „Zivilgesellschaft“ im Mittelpunkt.

Als hätte es jemals eine Militärintervention aus humanitären Erwägungen gegeben! Der Anschlag auf das World Trade Center und das Pentagon war für die damalige US-Regierung unter George W. Bush der Auftakt für ein lange geplantes Projekt, unliebsame Regime in Nah- und Mittelost zu beseitigen. Am liebsten hätte die Bush-Entourage als erstes den Irak angegriffen. Es war Außenminister Colin Powell, der aus Gründen der Dramaturgie empfahl, zunächst die Taliban zu stürzen, danach erst Saddam Hussein. So geschah es, obwohl 15 der 19 Attentäter vom 11. September aus Saudi-Arabien stammten. Den engen Verbündeten zu bombardieren erschien aber abwegig. Also nahm man die Taliban ins Visier, die
Osama bin Laden Unterkunft gewährt hatten. Mit Freiheit, Demokratie und Menschenrechten, die stets zur Begründung für US-geführte Kriege in der islamischen Welt herangezogen werden, hatte das nichts zu tun.

Afghanistan war lediglich ein geopolitisches Mittel zum Zweck: Die erste Etappe einer Pax Americana in der Region. Doch die installierten Machthaber, etwa der nun geflohene Staatschef Ashraf Ghani, Präsident seit 2014, gelangten nur mit Hilfe manipulierter Wahlen an die Macht. Mit Billigung der NATO wie
auch Berlins setzen die USA ein Marionetten-Regime ein, welches außerhalb einer dünnen, westlich orientierten Mittel- und Oberschicht in Kabul über keinerlei nennenswerten Rückhalt in der Bevölkerung verfügte.

Aus den „Afghanistan Papers“, 2019 von der Washington Post veröffentlicht, geht zweierlei hervor. Zum einen hat die US-Regierung die amerikanische Öffentlichkeit über Jahre hinweg in Sachen Afghanistan belogen und ihre vermeintlichen Erfolge schöngeredet. Zum anderen sind rund 40 Prozent der insgesamt mehr als zwei Billionen (!) US-Dollar, die Washington diese Intervention gekostet hat, in die Taschen korrupter Politiker, Beamter, Warlords oder regionaler Milizen geflossen. Nicht etwa in den Aufbau
demokratischer Verhältnisse oder des Schul- oder Gesundheitssystems.

Fassungslos rätseln hiesige Politiker und Meinungsmacher dieser Tage: Warum hat die afghanische Armee denn nicht gekämpft und den Vormarsch der Taliban aufgehalten? Dabei wäre die Frage eigentlich die: Warum sollte ein Soldat für 50 bis 60 Euro Monatssalär sein Leben für eine ebenso korrupte wie unfähige Regierung riskieren? Die Taliban sind  keine vom Himmel gefallenen Außerirdischen, sie sind tief verwurzelt unter den Paschtunen, der größten ethnischen Gruppe Afghanistans. Über die Madrasas, die Koranschulen, rekrutieren sie einen Großteil ihrer Kämpfer. Pakistan und Saudi-Arabien sind ihre wichtigsten Finanziers. Mit brutaler Gewalt und geschickter Bündnispolitik haben die Taliban in den vergangenen Jahren auch Nicht-Paschtunen unter ihrem Banner vereint. Zugute kam ihnen dabei die rücksichtslose US-Kriegsführung mit Drohnen, denen Tausende Zivilisten zum Opfer fielen.

Für die meisten Afghanen waren die NATO-Truppen ebenso Besatzer wie vor ihnen die Sowjets. Dies einzugestehen dürfte im politischen Berlin als blasphemisch gelten. Deutsche Außenpolitik jenseits der EU beschränkt sich in fast allen Parteien darauf, im Windschatten der USA zu fahren. Die fehlende
strategische und geopolitische Eigeninitiative wird kompensiert durch den Verweis auf westliche Tugenden und Werte. Die aber sind jenseits von Rhetorik nichts wert. Von kleineren Kontingenten abgesehen haben fast alle NATO-Staaten, auch Deutschland, ihre lokalen Mitarbeiter vor Ort im Stich gelassen. Die
deutsche Botschaft in Kabul hatte schon vor Wochen vor der jetzt eingetretenen Entwicklung gewarnt. Geschehen ist nichts. Außenminister Heiko Maas (SPD) trifft qua Amt die Hauptverantwortung für dieses kollektive Versagen der Bundesregierung. Medienwirksame Ankündigungen, man wolle 10.000 Ortskräfte evakuieren, sind in erster Linie Phrasen.

In Afghanistan diente Berlin den USA zwei Jahrzehnte lang als Hilfssheriff. Eigenständig zu denken und zu handeln überforderte die maßgeblichen deutschen Akteure. Entsprechend haben sie auch, anders als etwa Russland oder China, keinen Plan, wie sie mit einer künftigen Taliban-Regierung umzugehen gedenken. (Quelle: Der Freitag, Ausgabe 33/2021 vom 18.08.2021)

[Zum Video: Die Taliban an der Macht]

Die Medienpropaganda und das Afghanistan-Debakel

Von Joseph Kishore – 18. August 2021

Nach dem Zusammenbruch der US-Marionettenregierung in Afghanistan am Wochenende sind die Medien und das politische Establishment vor allem mit einer Frage beschäftigt: Wie konnten sie von dem extrem schnellen Kollaps des Regimes in Kabul so katastrophal „überrumpelt“ werden? Die Antwort auf diese Frage hat sehr viel mit der Rolle der Medien selbst zu tun. Eine der traditionellen Aufgaben der bürgerlichen Presse ist nicht nur die Information der Öffentlichkeit, sondern auch der herrschenden Klasse. Die amerikanischen Medien haben sich jedoch vollständig in eine staatliche Propagandamaschine verwandelt. Dabei hat die herrschende Klasse nicht nur ein Instrument der Täuschung, sondern auch der Selbsttäuschung geschaffen. Die Täuscher wurden zu Getäuschten.

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Bidens Afghanistan-Rede: Amerikas krimineller Krieg endet im Desaster

Von Patrick Martin – 17. August 2021

Am Montagnachmittag hat US-Präsident Joe Biden in einer landesweit ausgestrahlten Fernsehansprache auf den Zusammenbruch der Marionettenregierung der USA in Afghanistan reagiert. Die Rede brachte das Ausmaß und die historischen Auswirkungen der Katastrophe zum Ausdruck, die der amerikanische Imperialismus in Afghanistan erlitten hat und die in vielerlei Hinsicht sogar die Niederlage in Vietnam übertrifft. Das war vielleicht die düsterste Rede eines amerikanischen Präsidenten seit einem halben Jahrhundert.

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Der Sturz des afghanischen Marionettenregimes: ein historisches Debakel für den US-Imperialismus

Von der Redaktion der WSWS – 16. August 2021

Der plötzliche Sturz des US-Marionettenregimes in Afghanistan am Sonntag ist ein demütigendes Debakel für den amerikanischen Imperialismus. Er markiert den Zusammenbruch eines Regimes, das durch einen verbrecherischen Krieg und eine verbrecherische Besatzung aufgezwungen, mit Lügen gefördert und durch Ermordung, Folter und die Bombardierung von Zivilisten an der Macht gehalten wurde. Am frühen Sonntag gab das Pentagon bekannt, dass zwei Marineinfanteriebataillone und ein US-Infanteriebataillon auf dem internationalen Flughafen von Kabul eingetroffen seien, um das afghanische Regime zu unterstützen. Der afghanische Präsident Ashraf Ghani, Kopf einer Marionettenregierung, rief in einem Video die Sicherheitskräfte seines Regimes auf, für „Recht und Ordnung“ zu sorgen. Nachdem die Taliban-Truppen ihren blitzartigen Vormarsch vor den Toren Kabuls kurz unterbrochen hatten, nahmen sie im Laufe des Tages wichtige Punkte in der afghanischen Hauptstadt ein. Bei Einbruch der Dunkelheit berichteten Taliban-Vertreter, dass sie den Präsidentenpalast eingenommen hätten und in Kürze die Bildung einer neuen Regierung ankündigen würden. Der Luftwaffenstützpunkt Bagram, das berüchtigte NATO-Gefängnis und Folterzentrum, fiel an die Taliban, die die dort untergebrachten 7.000 Gefangenen freiließen.

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Niederlage des afghanischen Regimes offenbart Krise des US-Imperialismus

Von Bill Van Auken – 10. August 2021

Die Niederlage der afghanischen Regierungstruppen gegen die aufständischen Taliban führt in den herrschenden Kreisen der USA zu immer erbitterteren Vorwürfen über die Frage „Wer hat Afghanistan verloren?“ Das Wall Street Journal veröffentlichte am Montag einen Leitartikel, in dem der Rückzug der USA als „Debakel“ bezeichnet wurde. Die Taliban, so lautet der Vorwurf, konnten nur deshalb vorrücken, weil „Biden militärische Ratschläge ignorierte und sich so rücksichtslos und ohne einen Plan zur Verhinderung einer Katastrophe zurückzog“. – Eine militärische Katastrophe dieses Ausmaßes kann jedoch nicht allein auf das Fehlen eines „Plans“ zurückgeführt werden. Die Realität ist, dass der US-Imperialismus den Preis für zwei Jahrzehnte Verbrechen gegen das afghanische Volk zahlt, begangen unter vier aufeinander folgenden US-Regierungen, sowohl unter Führung der Demokraten als auch der Republikaner. Gemeinsam schickten sie eine dreiviertel Million US-Soldaten nach Afghanistan, um dort einen schmutzigen Krieg im Kolonialstil zu führen, in dem nach vorsichtigen Schätzungen mindestens 175.000 Zivilisten getötet wurden. Das Ergebnis dieser Massentötungen sowie der Terrorisierung der Bevölkerung durch die ständige Bedrohung mit Bomben- und Drohnenangriffen, nächtlichen Razzien und der systematischen Folter von Gefangenen führte nur dazu, dass sich die Reihen der Aufständischen immer dichter schlossen.

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Das verbrecherische Debakel des US-Imperialismus in Afghanistan

Von Bill Van Auken – 8. Juli 2021

Am letzten Freitag um drei Uhr morgens zogen die US-Soldaten vom Luftwaffenstützpunkt Bagram ab, ohne die afghanischen Regierungstruppen zu benachrichtigen, die sie ersetzen sollten. Bei ihrer Abfahrt schalteten sie auch den Strom ab, woraufhin eine ganze Armee von Plünderern den Stützpunkt belagerte. Dieser unwürdige Abzug symbolisiert treffend das ganze Debakel, das 20 Jahre Krieg und Besatzung der USA in Afghanistan angerichtet haben. Die Bagram Air Base, die in den 1950er Jahren vom sowjetischen Militär gebaut und von den Amerikanern stark erweitert wurde, diente als Hauptquartier des zwei Jahrzehnte andauernden verbrecherischen Angriffskriegs des US-Imperialismus.

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Der Krieg in Afghanistan und der deutsche Militarismus

Von Peter Schwarz – 2. Juli 2021

Am Mittwoch wurden die letzten deutschen Soldaten aus Afghanistan ausgeflogen. Damit endete der bisher größte und längste Kriegseinsatz der Bundeswehr. Mit zwanzig Jahren dauerte er über drei Mal so lange wie der Zweite Weltkrieg. Mehr als 150.000 Soldaten und Soldatinnen erlebten ihren ersten Kriegseinsatz. 59 starben oder wurden getötet, Tausende weitere wurden verletzt und traumatisiert. Allein die militärischen Kosten beliefen sich auf 12 Milliarden Euro.

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Die Taliban übernehmen Afghanistan im Eiltempo

Von Thomas Röper – 2. Juli 2021

In Russland wird von jeher vollkommen anders über den Afghanistan-Krieg berichtet als in Deutschland. Das vollkommene Scheitern der NATO in dem Land war Thema in den russischen Fernsehnachrichten. Während die deutsche Presse das totale Scheitern der Nato und den sinnlosen Tod herunterspielt, den nicht nur deutsche und NATO-Soldaten, sondern vor allem afghanische Zivilisten in den 20 Jahren des Krieges gestorben sind, sind die russischen Nachrichten gnadenlos deutlich. Wer aber glaubt, dass in Russland eine Art Schadenfreude vorherrscht, der liegt falsch. Vielmehr ist man in Russland ausgesprochen besorgt, denn Afghanistan grenzt an Staaten, mit denen Russland in einem Verteidigungsbündnis vereint ist, und man befürchtet, die Kämpfe könnten über die Grenze schwappen. Der Abzug der deutschen und auch der NATO-Truppen geht in einem solchen Eiltempo vor sich, dass man sich zwangsläufig an die Flucht der USA aus Vietnam erinnert. In deutschen Medien ist zwar von einem „Abzug“ der Truppen die Rede, aber Militärstützpunkte, die man 20 Jahre lang aufgebaut und unterhalten hat, in wenigen Wochen zu räumen und tausende Soldaten in so kurzer Zeit abzuziehen, kann man nur als „Flucht“ bezeichnen.

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