Völkermord in Gaza: Merz verschafft sich ein Alibi

Von Peter Schwarz – 28. Mai 2025

Es gibt kritische Worte, die fallen unweigerlich auf ihren Urheber zurück. Das gilt insbesondere für die „Kritik“, die Bundeskanzler Friedrich Merz Anfang dieser Woche an der israelischen Kriegsführung in Gaza übte.

Regierungshörige Medien bezeichnen sie als „Wende in der deutschen Israel-Politik“. Tatsächlich sind Merz Äußerungen nichts dergleichen. Der Kanzler versucht, sich ein Alibi für ein Menschheitsverbrechen zu verschaffen, das er wie kaum ein anderer deutscher Politiker eineinhalb Jahre lang bedingungslos unterstützt hat, ohne dass er dabei an seiner Politik das Geringste ändert. Selbst zu einem Stopp der Waffenlieferungen an die israelische Armee ist die Bundesregierung nicht bereit.

Als Oppositionsführer hatte Merz die Regierung von Olaf Scholz, die Israel mit großen Mengen Waffen und Munition versorgte und jeden Verteidiger der Palästinenser als „Antisemiten“ verfolgte, von rechts angegriffen. Er warf Scholz wiederholt vor, er stehe nicht eindeutig genug an der Seite Israels und verzögere die Lieferung von Waffen. Noch im Januar betonte Merz, er werde das „faktische Exportembargo“ der aktuellen Bundesregierung bei Rüstungsgütern „umgehend beenden“.

Kurz nach der Bundestagswahl lud Merz den mit internationalem Haftbefehl gesuchten israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu zum Staatsbesuch nach Deutschland ein und versicherte ihm, dass der Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs unter seiner Kanzlerschaft nicht vollstreckt werde. Im Koalitionsvertrag der neuen Regierung werden „das Existenzrecht und die Sicherheit Israels“ als „Teil der deutschen Staatsräson“ beschworen. Noch in seiner ersten Regierungserklärung sagte Merz dem „unerträglichen Antisemitismus“ in Deutschland den Kampf an und beteuerte, Deutschland stehe „unverbrüchlich“ an der Seite Israels.

Wenn der Kanzler seine Tonlage jetzt etwas ändert, dann weil sich schlichtweg nicht mehr leugnen lässt, dass das Regime von Benjamin Netanjahu das größte Staatsverbrechen seit den Nazis begeht. Es hat offen seine Absicht erklärt, den ganzen Gazastreifen zu besetzen und seine zwei Millionen Einwohner zu vertreiben.

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Karlspreis: Gegründet von einem elitären Zirkel ehemaliger NSDAP- und SA-Mitglieder, und als Namensgeber dient „der Sachsenschlächter“

Von Florian Warweg – 28. Mai 2025

„Für ihr herausragendes Engagement für Einheit, Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit Europas wird Ursula von der Leyen mit dem Internationalen Karlspreis zu Aachen 2025 ausgezeichnet.“ So lautet die offizielle Begründung für die Verleihung des Preises am morgigen 29. Mai an die Präsidentin der Europäischen Kommission. Sie hätte „ob in der Pandemie, im Umgang mit dem russischen Angriffskrieg oder bei der Stärkung der europäischen Wirtschaft – mit Entschlossenheit und strategischem Weitblick“ die Interessen Europas vertreten und „entscheidende Weichen für die Zukunft“ gestellt. Anlass für die NachDenkSeiten, sich mit den politischen, ideologischen und auch historischen Hintergründen dieses Preises zu beschäftigen.

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„Sachsenschlächter“ Karl der Große als Namensgeber

„Sterben soll, wer Heide bleiben will“ – unter diesem Leitmotiv überzog der Namensgeber des Preises, Karl der Große, vier Jahrzehnte lang einen Großteil Europas mit Krieg. Besonders blutig gestaltete sich dabei die mit Waffengewalt erzwungene Christianisierung des damaligen Sachsenreiches, die sogenannten „Sachsenkriege“ in den Jahren 772 bis 804 nach unserer Zeitrechnung, denen Abertausende Männer, Frauen und Kinder zum Opfer fielen. Als selbst für die damalige Zeit außergewöhnlich grausam wird in diesem Zusammenhang in den Reichsannalen (Annales regni Francorum) auf das „Blutgericht von Verden“ im Jahr 782 verwiesen. Laut diesen Aufzeichnungen über Ereignisse im Fränkischen Reich des 8. und 9. Jahrhunderts sollen allein an einem Tag 4.500 unbewaffnete Sachsen auf direkten Befehl Karls enthauptet worden sein. Die aktuelle Geschichtswissenschaft geht mehrheitlich davon aus, dass die Angaben zur Verantwortung von Karl dem Großen für das Massaker korrekt sind.

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Transatlantische Zollschlachten

Von German-Foreign-Policy.com – 27. Mai 2025

Trump fordert im Zollkonflikt mit der EU deren stärkere Beteiligung am Wirtschaftskrieg gegen China. Berliner Denkfabrik: US-Wirtschaftsmodell ist nicht mehr „nachhaltig“; Trump untergräbt den US-Dollar; Staatsbankrott ist langfristig denkbar.

US-Präsident Donald Trump dringt in den Zollverhandlungen mit der EU auf deren umfassendere Teilnahme am Wirtschaftskrieg gegen China. Dies geht aus US-Medienberichten hervor. Demnach soll Brüssel unter anderem zusätzliche eigene Zölle auf Importe aus der Volksrepublik verhängen, um damit die Auswirkungen der US-Zölle zu verstärken. Seine Drohung vom Freitag, schon ab dem 1. Juni Zölle in Höhe von 50 Prozent auf Einfuhren aus der EU zu verhängen, hat Trump am Sonntag nach einem Telefonat mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zurückgezogen. Ob von der Leyen Zugeständnisse machte, ist nicht bekannt. Wie es in einer aktuellen Analyse aus der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) heißt, sucht die Trump-Administration mit ihrem globalen Zollkrieg mit aller Macht Auswege aus einer „prekäre[n] Lage“: Aufgrund der ausufernden Staatsschulden sei ein Staatsbankrott auf lange Sicht nicht auszuschließen; die industrielle Grundlage der militärischen Macht der Vereinigten Staaten sei nicht verlässlich gesichert; Trump wolle den US-Dollar als globale Reservewährung halten, unterminiere ihn aber zugleich: Das US-Wirtschaftsmodell, urteilt die SWP, sei „nicht nachhaltig“.

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Danke, BBC London, für konkrete Infos über Gaza!

Von Christian Müller/Globalbridge – 27. Mai 2025

„Israel Kritisieren ist Antisemitismus”, so lautet eine verbreitete These, nicht zuletzt in Deutschland. Doch die heutige Situation zeigt, wie unsinnig und verheerend diese These ist. Wer sich über das Geschehen im Gaza-Streifen auch nur halbwegs gut informiert, weiß, wie menschenverachtend und brutal die israelische Armee auf Befehl der Regierung im Gaza-Streifen bombardiert und schießt, nicht nur gezielt auf Mitglieder der Hamas, sondern auch auf ganz normale zivile Menschen, die nichts mehr als leben möchten, da, wo sie geboren und aufgewachsen sind. Viele Medien sind in der Berichterstattung über das Morden im Gaza-Streifen zurückhaltend, sie wollen ja nicht antisemitisch sein. Nicht so BBC in London. Dort hat man – Danke! – keine Hemmungen, die grauenhafte Realität im Gaza-Streifen zu zeigen. (cm)

Klar, auch bei BBC sind der Sport und das gesellschaftliche Leben der Adeligen und Superreichen wichtiger als alles Andere, aber BBC berichtet wenigstens regelmäßig auch über den Vernichtungskrieg im Gaza-Streifen – und im Gegensatz zum Krieg in der Ukraine handelt es sich im Gaza-Streifen wirklich um einen Vernichtungskrieg! Ein weniger als fünf Minuten dauerndes Video, das BBC am 25. Mai aufgeschaltet hat, sagt mehr als tausend Worte.

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Merz-Regierung setzt auf Krieg

Von Peter Schwarz – 27. Mai 2025

Die neue Bundesregierung unter Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) ist erst drei Wochen im Amt, doch schon jetzt ist klar, dass die Eskalation des Kriegs mit Russland und die militärische Aufrüstung im Zentrum ihrer Politik stehen und alle anderen Bereiche überschatten werden. Während Merz von Kriegsgipfel zu Kriegsgipfel reist, bereitet Finanzminister Klingbeil einen Sparhaushalt vor, der die gewaltigen Kosten des Militarismus auf die arbeitende Bevölkerung abwälzt.

Bereits Merz‘ Vorgänger Olaf Scholz (SPD) hatte vor drei Jahren eine militärpolitische „Zeitenwende“ verkündet, dafür einen 100-Milliarden-Euro-Sonderfonds bereitgestellt und den Ukrainekrieg mit Militärhilfen von 13 Milliarden Euro befeuert. Nun wirft Merz auch noch die letzten Vorsichtsmaßnahmen beiseite, die einer ungebremsten Eskalation des Kriegs mit Russland im Wege standen.

Am Montag verkündete der Kanzler in einem WDR-Interview, es gebe „keinerlei Reichweitenbeschränkungen mehr für Waffen, die an die Ukraine geliefert worden sind. … Die Ukraine kann sich jetzt auch verteidigen, indem sie zum Beispiel militärische Stellungen in Russland angreift.“

Da Deutschland bisher keine Waffen mit mehr als 84 Kilometer Reichweite geliefert hat, wurde dies als Eingeständnis gewertet, dass Deutschland der Ukraine nun auch den umstrittenen Taurus-Marschflugkörper mit 500 Kilometern Reichweite zur Verfügung stellt. Scholz hatte dies noch abgelehnt, da Moskau den Einsatz der hochkomplexen Waffe, deren Einsatz deutsches Personal erfordert, als deutsche Kriegsbeteiligung wertet und mit Gegenschlägen droht, die auch deutsche Ziele treffen könnten.

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Feuer frei auf Russland: Bundeskanzler Merz setzt Deutschland Kriegsgefahr aus

Von Marcus Klöckner – 27. Mai 2025

Wo politische Vernunft und Anstand enden, beginnt die deutsche Russlandpolitik. Gestern gab Friedrich Merz bekannt https://www.nachdenkseiten.de/?p=133615, dass es keine Reichweitenbeschränkung mehr für von Deutschland an die Ukraine gelieferte Waffen gibt. Damit kann die Ukraine nun Ziele tief in Russland treffen. Merz machte die Entscheidung auf einem Podium sitzend bei einer Veranstaltung öffentlich – und nicht etwa im Parlament, wo etwas so Weitreichendes hingehört. Merz‘ Auftreten folgt einem Kalkül. Ein Kommentar von Marcus Klöckner.

Friedrich Merz besuchte am Montag das Internationale WDR Europaforum in Berlin. Dort setzte er sich zum Gespräch mit einem Journalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf ein Podium und sagte: „Es gibt keinerlei Reichweitenbeschränkungen mehr für Waffen, die an die Ukraine geliefert worden sind.“ Mimik und Gestik wirken – Merz typisch – so, als spräche hier einer eine banale Selbstverständlichkeit aus. Doch in Wirklichkeit hat Merz eine politische Bombe platzen lassen.
Denn die Aussage von Merz bedeutet zweierlei. Erstens gestattet die Bundesrepublik Deutschland nun der Ukraine, Ziele tief im Innern Russlands mit deutschen Waffen zu treffen. Zweitens liegt es nahe, dass Deutschland der Ukraine auch Taurus-Raketen liefern wird – oder haben Politiker hinter den Kulissen bereits Taurus freigegeben? Die Frage drängt sich zumindest auf, wenn man berücksichtigt, dass erst vor kurzem bekanntgegeben wurde, man wolle aus strategischen Gründen nicht mehr öffentlich kommunizieren, welche Waffen der Ukraine zur Verfügung gestellt werden.

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Bundesanwaltschaft ermittelt gegen humanitäre Helfer im Donbass

Von RT DE – 27. Mai 2025

Schon seit Jahren wurden humanitärer Hilfe für den Donbass Steine in den Weg gelegt: Kontenkündigungen, Entzug der Gemeinnützigkeit. Nun wurden die Volksrepubliken Donezk und Lugansk rückwirkend zu terroristischen Vereinigungen erklärt und humanitäre Helfer zu Terrorunterstützern.

Seit dem heutigen Morgen gab es eine Reihe von Hausdurchsuchungen in mehreren Orten bei Personen, die an humanitärer Hilfe für den Donbass beteiligt waren. Die Durchsuchungen erfolgten durch Beschluss eines Ermittlungsrichters am Bundesgerichtshof, was bedeutet, die Ermittlungen werden von der Bundesanwaltschaft geführt.

Der Vorwurf lautet auf „Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland“. Dabei werden die Volksrepubliken Donezk und Lugansk in Gänze als terroristische Vereinigungen definiert.

In einem Bericht der Süddeutschen Zeitung heißt es: „Gegen zwei Personen des Vereins hat der Generalbundesanwalt in Karlsruhe im Zuge der Ermittlungen auch Haftbefehle erlassen. Die Festnahmen konnten aber nicht vollstreckt werden, weil sich beide Vereinsmitglieder nach Erkenntnissen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR derzeit in Russland aufhalten.“

Der Verein Friedensbrücke-Kriegsopferhilfe leistet seit 2015 humanitäre Hilfe im Donbass. Dazu zählten Projekte zur Selbstversorgung, Unterstützung von Bewohnen in frontnahen Gebieten, Kulturprojekte für Kinder, Wiederherstellung von Schulgebäuden und anderes mehr.

Eine Klassifizierung der beiden Donbassrepubliken als „terroristische Vereinigung“ war bereits 2015 auf der Ebene der EU angedacht, dann aber nicht umgesetzt worden. Im Frühjahr vergangenen Jahres erteilte Bundesjustizminister Marco Buschmann im Zusammenhang mit dem Spionageprozess, der derzeit vor dem Oberlandesgericht München läuft, die Ermächtigung, einen der Angeklagten wegen „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ anzuklagen, weil er 2014 und 2015 im Donbass aufseiten der Volksrepubliken gekämpft haben soll.

Der Spiegel berichtet, das BKA habe ihm gegenüber bestätigt, dass der Generalbundesanwalt die Ermittlungen leitet, und dass die Ermittlungen „wegen des Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland“ erfolgen. Bisher ist noch unklar, wie viele Personen von den Durchsuchungen betroffen waren.

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Greift Israel den Iran trotz der amerikanisch-iranischen Verhandlungen an?

Von Andrej Zeltyn/TASS (Übersetzung: Thomas Röper) – 27. Mai 2025

Die amerikanisch-iranischen Verhandlungen über das iranische Atomprogramm sind vor dem Hintergrund anderer dramatischer Meldungen medial in den Hintergrund getreten, dabei geht es auch dort um Krieg und Frieden und die Folgen könnten auch für Europa dramatisch sein. […] Statt einen eigenen Artikels zu schreiben, übersetze ich hier einen Artikel, den ein russischer Experte für die russische Nachrichtenagentur TASS geschrieben hat. […]

Kurz vor dem Scheitern: Die USA, der Iran und das Gespenst eines israelischen Angriffs

Andrej Zeltyn über die Spirale, die sich im Nahen Osten dreht, und die Gefahr einer neuen militärischen Eskalation in der Region

Über dem Nahen Osten ziehen wieder Wolken auf. Die Verhandlungen zwischen den USA und dem Iran über das Atomprogramm stehen kurz vor dem Scheitern, und es besteht die Gefahr eines direkten israelischen Angriffs auf iranische Einrichtungen. Die Situation entwickelt sich rasch von einer diplomatischen Sackgasse zu einer realen Bedrohung einer neuen militärischen Eskalation.

Was die fünfte Runde gezeigt hat

Trotz der formellen Dynamik der Verhandlungen – das letzte Treffen der amerikanisch-iranischen Unterhändler fand am 23. Mai in Rom in der diplomatischen Vertretung Omans, das als Vermittler fungiert, statt – gibt es keine wirkliche Annäherung der Positionen. Obwohl die Verhandlungen auf recht hohem Niveau geführt werden (die iranische Delegation wird vom iranischen Außenminister Abbas Araghtschi geleitet, und auf amerikanischer Seite leitet der Sondergesandte von Präsident Donald Trump, Steve Witkoff, das Verhandlungsteam), kann man bisher nicht von nennenswerten Ergebnissen sprechen. Die USA fordern einen Stopp der Urananreicherung und den Abbau der nuklearen Infrastruktur, während der Iran weiterhin auf der souveränen Entwicklung der Nukleartechnologie besteht und deren „zivilen Charakter“ betont. Infolgedessen scheinen die Parteien in eine taktische Sackgasse geraten zu sein, in der jedes Zugeständnis als Zeichen der Schwäche gewertet wird.

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„Bundeswehr soll konventionell zur stärksten Armee Europas werden“ – egal, was es kostet

Von Alexander Neu – 27. Mai 2025

Der neue Bundeskanzler Friedrich Merz machte in seiner ersten Regierungserklärung am 14. Mai 2025 seinem Ruf als teuerster Bundeskanzler aller Zeiten alle Ehre: Die Bundesregierung, so Merz, werde der Bundeswehr alle finanziellen Mittel zur Verfügung stellen, die sie brauche, „um konventionell zur stärksten Armee Europas zu werden“. Dieses politische Ziel muss unter mindestens zwei verschiedenen Gesichtspunkten kritisch betrachtet werden: sicherheitspolitisch und finanzpolitisch. In diesem Beitrag geht es um die bisher kaum beachtete finanzpolitische Seite seiner Ankündigung.

Der Startschuss zum unbedingten Aufrüstungswillen fiel bereits bei der Münchner Sicherheitskonferenz 2014 (SiKo), an der ich seinerzeit teilnahm. In einer konzertierten Aktion zwischen dem damaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck, dem damaligen Außenminister Franz-Walter Steinmeier und der damaligen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen wurde eine stärkere Verantwortungsübernahme, so der euphemistische Begriff für militärisch basierte Machtpolitik, Deutschlands gefordert. Steinmeier brachte es auf der SiKo mit der berühmt gewordenen Metapher „Deutschland ist zu groß, um Weltpolitik nur von der Außenlinie zu kommentieren“ zum Ausdruck. Mit dieser Aussage formulierte er nichts weniger als einen globalen Gestaltungsanspruch für Deutschland.

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Merz will Krieg: Was die Aufhebung der Reichweitenbeschränkung von Deutschland an Kiew gelieferter Waffen bedeutet

Von Thomas Röper – 27. Mai 2025

Bundeskanzler Merz hat erklärt. dass er die Beschränkungen der Reichweite für aus Deutschland an Kiew gelieferte Waffen aufhebt, und er hat ausdrücklich erklärt, dass die Ukraine damit nun „militärische Stellungen in Russland“ angreifen darf – was wohl den deutschen Kriegsbeitritt bedeuten würde.

Bundeskanzler Merz hat in einem Interview und danach auch auf X mitgeteilt, dass es keine Beschränkungen mehr für den Einsatz deutscher Waffen durch die Ukraine gegen Russland gibt. Auf X schrieb Merz:

„Wir werden alles tun, was in unseren Kräften steht, um die Ukraine weiter zu unterstützen. Das bedeutet auch keinerlei Reichweitenbeschränkungen mehr für Waffen, die wir liefern. Die Ukraine kann sich jetzt auch verteidigen, indem sie militärische Stellungen in Russland angreift.“

Um welche Waffen geht es?

Bisher hat Deutschland der Ukraine nur Waffen mit relativ geringer Reichweite geliefert. Dass Merz das nun explizit angekündigt hat, dürfte bedeuten, dass Merz beschlossen hat, der Ukraine deutsche Taurus-Raketen zu liefern. Vielleicht sind sie sogar schon in der Ukraine und ein Einsatz steht unmittelbar bevor.

Schon unmittelbar nach der Ankündigung der neuen Bundesregierung, die Waffenlieferungen an die Ukraine nicht mehr transparent zu veröffentlichen, sondern sie geheim zu halten, habe ich vor zwei Wochen in einem Artikel darauf hingewiesen, dass die Lieferung von Taurus weniger vor Russland als vor der deutschen Öffentlichkeit geheim gehalten werden soll. Hinzu kam, dass aus den USA unmittelbar zuvor gemeldet wurde, dass die US-Regierung Deutschland unter anderem die Lieferung von 125 Langstreckenraketen aus US-Produktion an die Ukraine genehmigt hat, was auf ATACMS hindeutet.

ATACMS sind Raketen mit einer Reichweite von etwa 300 Kilometer, die von HIMARS-Mehrfachraketenwerfern abgefeuert werden.

Es ist also anzunehmen, dass die Merz-Regierung der Ukraine sowohl Taurus als auch ATACMS liefert (oder schon geliefert hat). Die Ankündigung von Merz über die Aufhebung der Reichweitenbeschränkung für deutsche Waffen dürfte den Sinn gehabt haben, die deutsche Öffentlichkeit auf deren Einsatz vorzubereiten.

Was sagt Russland?

Während Mitte April noch die Koalitionsverhandlungen liefen, hat Merz gefordert, Kiew solle in die Offensive gehen und er bezeichnete die Krim als eines der Hauptziele der Angriffe der ukrainischen Streitkräfte. Unausgesprochen schwang dabei mit, dass Kiew dafür Taurus einsetzen könnte, wie Merz im Wahlkampf mehrmals öffentlich gedroht hat.

Auf die Aussage von Merz im April hat das russische Außenministerium deutlich reagiert und dessen Sprecherin Maria Sacharowa hat in einer Erklärung gesagt:

„Ich denke, es wäre für den CDU-Vorsitzenden hilfreich, Folgendes zu berücksichtigen: Ohne die direkte Hilfe von Bundeswehrsoldaten ist ein Kriegseinsatz dieser Marschflugkörper nicht möglich. Ein Angriff mit ihnen auf jedwede russischen Einrichtungen oder lebenswichtige Verkehrsinfrastruktur – und Merz nannte selbstbewusst die Krimbrücke als Ziel – wird als direkte Beteiligung der BRD an den Kampfhandlungen auf Seiten des Kiewer Regimes gewertet, mit allen sich daraus für Deutschland ergebenden Konsequenzen.“

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