Von Peter Schwarz – 9. Mai 2028
Deutschland muss militärisch aufrüsten, um – geläutert durch die Erinnerung an seine historischen Verbrechen – Freiheit und Demokratie gegen Russland (und auch die USA) zu verteidigen. So lautete zusammengefasst die Kernaussage der Rede, die Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am 8. Mai zum 80. Jahrestag der Kapitulation von Hitlers Wehrmacht hielt.
Steinmeier bezog sich in einer Passage seiner Rede auf Victor Klemperer, einen Sprachwissenschaftler jüdischer Abstammung, der die Nazi-Diktatur in Dresden überlebte und dessen Tagebücher zu den besten Darstellungen des Lebens im Dritten Reich gehören. Er hätte auch das Buch „LTI – Notizbuch eines Philologen“ erwähnen sollen, in dem Klemperer die Sprache des Dritten Reiches (Lingua Tertii Imperii) einer sorgfältigen Analyse unterzieht und nachweist, wie die Nazis Begriffe in ihr Gegenteil verkehrten und stereotyp wiederholten, um die öffentliche Meinung zu manipulieren. Derselben Technik bediente sich Steinmeier.
Der Bundespräsident sprach im Reichstagsgebäude vor den Spitzen von Staat und Gesellschaft, den Abgeordneten des Bundestags und dem Diplomatischen Corps. Zwei diplomatische Vertreter waren allerdings ausgeladen worden: Der Botschafter der Russischen Föderation, des Nachfolgestaats der Sowjetunion, die mit 13 Millionen gefallenen Soldaten und mindestens 15 Millionen getöteten Zivilisten die größten Opfer für die Niederringung des Nazi-Regimes gebracht hatte, sowie der Botschafter von Belarus.
Steinmeier begründete dies mit „Putins Angriffskrieg“ auf die Ukraine und der „Geschichtslüge“, der Krieg gegen die Ukraine sei eine Fortsetzung des Kampfs gegen den Faschismus, mit der der Kreml „imperialen Wahn, schweres Unrecht und schwerste Verbrechen“ verbräme. Er versprach, die Ukraine weiter militärisch gegen Russland zu unterstützen. „Ließen wir die Ukraine schutz- und wehrlos zurück, hieße das, die Lehren des 8. Mai preiszugeben!“
Steinmeier weiß es besser. Er war 2014 als damaliger deutscher Außenminister persönlich am Sturz des ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowytsch beteiligt, der sich geweigert hatte, ein unvorteilhaftes Abkommen mit der EU zu unterschreiben. Steinmeier traf sich mit dem Führer der rechtsextremen Swoboda-Partei, die auf Nazi-Kollaborateure aus dem Zweiten Weltkrieg zurückgeht, sowie anderen politischen Vertretern ukrainischer Oligarchen, um Absetzung des Präsidenten und die Machtübergabe zu vereinbaren. Am folgenden Tag trieben bewaffnete faschistische Banden Janukowytsch in die Flucht und die NATO begann, die kollabierte ukrainische Armee systematisch aufzurüsten.