Ist Trumps Friedensplan nur eine Täuschung?

Von Martin Jayvon (Übersetzung: Thomas Röper) – 20. Oktober 2025

Trumps Friedensplan hat Hoffnung auf ein Ende des israelischen Völkermordes in Gaza gemacht, doch immer mehr Analysten meinen, er sei eine Täuschung und werde nicht lange halten. […]

Das russische Fernsehen hat den Plan in einem Beitrag […] verhalten optimistisch eingeschätzt, aber auch festgestellt, dass Trump sich in dem Plan de facto die Herrschaft über den Gazastreifen angeeignet hat, indem er sich selbst zum Vorsitzenden des Komitees gemacht hat, das nun das Schicksal des Gazastreifens regeln soll.

Aber trotz allem Optimismus gibt es weiterhin israelische Angriffe mit Dutzenden toten Zivilisten täglich, womit Netanjahu die Hamas anscheinend zu Reaktionen provozieren will, um einen Vorwand zu haben, den Krieg wieder aufzunehmen. Auch die Lieferung humanitärer Hilfe nach Gaza hat Israel schon wieder ausgesetzt.

Das hat ein britischer Autor in einem Artikel vorhergesehen, der am schon am 15. Oktober auf der Seite eines russischen Thinktanks veröffentlicht wurde. Ich habe den Artikel übersetzt. […]

Trumps Gaza-„Friedensplan“ ist eine Täuschung, dies wird in der Realität passieren

Es gibt kaum Hoffnung auf einen dauerhaften Frieden im Gazastreifen – und gerade der Geiselaustausch könnte der Auslöser dafür werden, dass die Waffenruhe bricht.

Von Martin Jay | Strategic Culture Foundation

Wie viel Vertrauen kann man in das kürzlich angekündigte Waffenstillstandsabkommen setzen, das sowohl von Israel als auch von Hamas gebilligt und wohl von US-Präsident Donald Trump vermittelt wurde? Wer sind die Gewinner und wer die Verlierer? Und wie viel von dem, was die westliche Presse berichtet, entspricht überhaupt der Wahrheit?

Leider ist das Bild düster und es gibt wenig Grund zur Hoffnung auf einen dauerhaften Frieden im Gazastreifen, hauptsächlich deshalb, weil das sogenannte Abkommen kein Friedensvertrag, sondern eher ein temporärer Waffenstillstand zur Befreiung der israelischen Geiseln ist. Nicht viel mehr als das.

Gewiss umfasst der 20-Punkte-Plan mehr, doch die meisten Punkte sind vage formuliert und interpretationsfähig – kein gutes Zeichen, wenn man den Plan ernst nehmen soll. Vielleicht war er nie dazu gedacht, ernst genommen zu werden. Wie ich bereits zuvor schrieb, ist es wahrscheinlich, dass Trump das Ganze in letzter Minute hastig zusammenstellen ließ, da die mediale Aufmerksamkeit plötzlich auf die EU-Initiativen und die mögliche UN-Friedensinitiative gerichtet war.

Die wahren Gewinner: Trump und Netanjahu

[…] Von seinem ersten Tag im Amt an hätte Trump das Massaker in Gaza beenden können, doch er entschied sich, Netanjahu voll zu unterstützen, unter anderem durch zahlreiche genehmigte Waffenlieferungen. Für Netanjahu wiederum ist der politische Gewinn, 20 Geiseln lebend zu ihren Familien zurückgebracht zu haben, unbezahlbar. Und so werden – grob gesagt – Trump und Netanjahu sich selbst auf die Schultern geklopft haben, nachdem die Geiseln freigekommen sind.

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Israel nach dem 7. Oktober: Zwischen Entkolonialisierung und Zerfall*

Von Ilan Pappé (Übersetzung: Andreas Mylaeus) – 20. Oktober 2025

Es ist schwer vorherzusagen, was in Israel geschehen wird, aber die Geschichte könnte uns einen Hinweis geben.

Seit dem 7. Oktober 2023 ist ein Jahr vergangen, und es ist an der Zeit zu untersuchen, ob wir dieses monumentale Ereignis und alles, was darauf folgte, besser verstehen.

Für Historiker wie mich reicht ein Jahr normalerweise nicht aus, um aussagekräftige Schlussfolgerungen zu ziehen. Was jedoch in den letzten zwölf Monaten geschehen ist, fällt in einen viel breiteren historischen Kontext, der mindestens bis 1948 zurückreicht, und ich würde sogar behaupten, bis zur frühen zionistischen Besiedlung Palästinas im späten 19. Jahrhundert.

Daher können wir als Historiker das vergangene Jahr in die langfristigen Prozesse einordnen, die sich seit 1882 im historischen Palästina vollzogen haben. Ich werde zwei der wichtigsten davon untersuchen.

Kolonisierung und Entkolonisierung

Der erste Prozess ist die Kolonisierung und ihr Gegenteil – die Entkolonisierung. Die israelischen Aktionen im Gazastreifen und im besetzten Westjordanland im letzten Jahr haben der Verwendung dieser beiden Begriffe neue Glaubwürdigkeit verliehen. Sie wurden aus dem Vokabular der Aktivisten und Akademiker der Pro-Palästina-Bewegung in die Arbeit internationaler Tribunale wie des Internationalen Gerichtshofs übernommen.

Die etablierte Wissenschaft und die Medien weigern sich nach wie vor, das zionistische Projekt als koloniales oder, wie genauer gesagt wird, als siedlerkoloniales Projekt zu definieren. Da Israel jedoch im nächsten Jahr die Kolonisierung Palästinas intensiviert, könnte dies mehr Einzelpersonen und Institutionen dazu veranlassen, die Realität in Palästina als kolonial und den palästinensischen Kampf als antikolonial zu bezeichnen und auf Tropen über Terrorismus und Friedensverhandlungen zu verzichten.

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* Der Originalbeitrag erschien am 7. Oktober 2025 bei Al Jazeera unter dem Titel „Israel after October 7: Between decolonisation and disintegration“.

Hanussen ‒ ein Illusionist auf Abwegen. Buchrezension

Von Alexander Bahar – 19. Oktober 2025

Wilfried Kugel hat eine Neuauflage seiner Biographie über den legendären Illusionisten Erik Jan Hanussen vorgelegt.

Zahllose Legenden ranken sich um den berühmt-berüchtigten Wiener Illusionisten Erik Jan Hanussen, der unter dem bürgerlichen Namen Hermann Steinschneider 1889 in Ottakring bei Wien geboren wurde. In den 1920-er Jahren erlangte er mit öffentlichen Vorführungen seiner von ihm selbst als „Experimente“ bezeichneten Tricks und Kunststücke größte Popularität in Europa, Asien und den USA.

Erik Jan Hanussen (1889-1933) Foto: Österreichische Nationalbibliothek (ÖNB)

1923 wurde Hanussen wegen des öffentlich ausgetragenen (tätlichen) Streits mit seinem Widersacher, dem Zionisten Siegmund Breitbart, der bis zu Straßenschlachten in Wien führte, aus Österreich ausgewiesen.

1930 verlegte Hanussen seinen Wohnsitz nach Berlin. In der hektischen und politisch stark polarisierten deutschen Hauptstadt unterhielt er zu Beginn der 1930-er Jahre geschäftliche und freundschaftliche Beziehungen zu hohen NS- und SA-Führern. Für Hitlers heraufdräuendes „Drittes Reich“, in dem er sich eine einflussreiche Position erhoffte, betrieb Hanussen während seiner Veranstaltungen und Séancen begeistert Werbung. Durch die Aktivitäten seines ehemaligen Assistenten, des zionistischen Funktionärs Erich Juhn, sowie Enthüllungen seitens der kommunistischen Presse wurde die jüdische Abstammung Hanussens öffentlich und damit die Verbindung zu ihm für die Nazis kompromittierend. Im März 1933, wenige Tage nach dem Brand des Reichstagsgebäudes in Berlin, den Hanussen vorausgesagt hatte, wurde der „Hellseher“ von einem SA-Kommando ermordet, nachdem er vorher noch zum evangelischen Glauben übergetreten war.

Der Diplomphysiker und promovierte Psychologe Wilfried Kugel, zusammen mit dem Rezensenten Verfasser eines Standardwerks über den Reichstagsbrand („Der Reichstagsbrand – Wie Geschichte gemacht wird“), hatte sich ursprünglich mit dem Werk und der Biographie des Schriftstellers und Filmpioniers Hanns Heinz Ewers beschäftigt, über den er auch eine Biographie verfasst hat. Ewers war mit Hanussen bekannt und hatte der legendären Séance am Vorabend des Reichstagsbrandes beigewohnt, in deren Verlauf Hanussen diesen „vorhergesagt“ bzw. angekündigt hatte.

Nach Hanussens gewaltsamem Tod entwickelte sich eine schier undurchschaubare Vermischung von Tatsachen und Mystifikationen, zu denen Hanussen selbst bereits zu seinen Lebzeiten den Grundstein gelegt hatte bzw. die von verschiedensten Autoren post mortem in die Welt gesetzt wurden. Das machte die Erstellung einer wissenschaftlich exakten Biographie des „Gottes der Gaukler“ zu einem „abenteuerlichen und aufwändigen Unterfangen“, berichtet Kugel.

In mehrjährigen Recherchen gelang es dem Autor, teilweise nur schwer zugängliches Quellenmaterial zu sichten, darunter auch umfangreiche Justizakten. So wurde es ihm möglich, zahlreiche Verfälschungen in früheren Biographien des Illusionisten aufzudecken.

Aus der Erschließung von bis zu diesem Zeitpunkt unberücksichtigten und unbekannten Quellen ergaben sich zudem aufschlussreiche und erhellende Zusammenhänge, die unter anderem Hanussens Rolle bei der bereits genannten Brandstiftung im Berliner Reichstagsgebäude betreffen.

Der Autor legt belastbare Indizien vor, die nahelegen, dass Hanussen über seine engen Kontakte zu führenden NS- und SA-Größen von der bevorstehenden Brandstiftung Kenntnis hatte. Auch dadurch wurde er für die NS-Führung zum Risiko.

Es sei hier explizit darauf hingewiesen, dass der Autor keineswegs behauptet, Hanussens Wissen über die Reichstagsbrandstiftung beruhe auf dessen „hellseherischen Fähigkeiten“, wie es der Rezensent der NZZ den Autoren des Buches „Der Reichstagsbrand  – Wie Geschichte gemacht wird“ seinerzeit unterstellte, wobei er urteilte: „Selbst eine so zwielichtige Gestalt wie der berühmte Illusionist Erik Jan Hanussen mit seinen vorgeblich hellseherischen Fähigkeiten muss für ihre Argumentation herhalten.“ Hanussens unbestreitbare Zwielichtigkeit ist für die Tatsache, dass er über dokumentiertes Wissen von dem bevorstehenden Brand im Reichstagsgebäude besaß, völlig irrelevant.

Neben der minutiösen Darstellung der geschichtlichen und biographischen Fakten beschreibt und untersucht der Autor auch die von Hanussen verwendeten und vorgeführten Zaubertricks und Illusionskunststücke, wobei er versucht, die von dem Illusionisten für sich beanspruchten „paranormalen“ (hellseherischen, telepathischen und psychokinetischen Fähigkeiten) kritisch zu werten.

Die jetzt erschienene Neuauflage der 1998 erstmals unter dem Titel „Hanussen. Die wahre Geschichte des Hermann Steinschneider“ erschienene Monographie enthält gegenüber der Erstauflage umfangreiche Erweiterungen und Präzisierungen. Nach dem Erscheinen der Erstauflage, berichtet Kugel, hätten ihn zahlreiche Zuschriften mit zum Teil sehr interessanten Informationen erreicht. Verbessert habe sich die Quellenlage insbesondere auch dadurch, dass in den letzten Jahren viele Zeitschriften und Zeitungen digitalisiert wurden. In zwei Jahre währenden aufwändigen Recherchen in der deutschen Exil-Presse konnte der Autor die Vorgänge kurz vor Hanussens Ermordung schließlich sehr genau rekonstruieren. Infolge der umfangreichen Ergänzungen sei eine Neuauflage daher dringend notwendig geworden, wobei der Autor auch einige kleinere Fehler und Irrtümer der Erstauflage berichtigen konnte.

Nach Einschätzung Kugels war Hanussen „ein genialer Illusionist“. Er habe „alle Facetten der Massensuggestion“ beherrscht, „auf der Bühne, mit seiner eigenen Hanussen-Zeitung und teils sogar im Film.“ Mit seinen perfektionierten Illusionskunststücken, seiner Beherrschung der Hypnose und seinem Charisma sei Hanussen ein begnadeter Unterhalter und Demagoge gewesen, der über die Fähigkeit verfügt habe, ein Massenpublikum in seinen Bann zu ziehen.

Schicksal eines Zauberlehrlings

Als „ausgesprochen unrühmlich“ wertet Kugel den politischen Missbrauch, den Hanussen mit seinen unbestreitbaren Fähigkeiten trieb, indem er sich – obendrein als Jude – propagandistisch in den Dienst der NSDAP und ihres Führers Adolf Hitler stellte und sich damit zum Trommler der Nazi-Bewegung machte. Von jüdischen Kritikern, die der Autor zitiert, wurde Hanussen daher verschiedentlich vorgeworfen, er habe zu denen gehört, „die durch ihr gewissenloses Verhalten das Judentum herabsetzten“ und diskreditierten.

Hanussen verschrieb sich, um mit Goethe zu sprechen, „der Ausgeburt der Hölle“. Die Geister, die er rief, wurde Hanussen nicht mehr los.

Insofern ist Hanussens Leben und Wirken, so Kugels Fazit, auch für die heutige Zeit ein mahnendes Beispiel für selbstsüchtige und skrupellose politische Demagogie.

Wilfried Kugel, Hanussen: Aufstieg und Fall des Illusionisten, tredition, Hamburg 2025. Hardcover, gebunden: ‎364 Seiten, 104 Abbildungen, ISBN-13:‎ 978-3384676115 Informationen und Bestellungen: https://shop.tredition.com/booktitle/Hanussen/W-302-263-741. Bestellungen sind auch über alle Buchhandlungen und Online-Händler möglich.

Trump genehmigt CIA-Regimewechsel-Operationen in Venezuela

Von Andrea Lobo – 17. Oktober 2025

US-Präsident Donald Trump hat am Mittwoch bestätigt, dass er die Central Intelligence Agency (CIA) ermächtigt hat, tödliche, verdeckte Operationen in Venezuela durchzuführen, um die Regierung von Präsident Nicolás Maduro zu stürzen. Die World Socialist Web Site verurteilt diese kriminellen Pläne für die imperialistische Übernahme Venezuelas.

Als Reporter ihn im Weißen Haus zu einem Bericht der New York Times befragten, in dem mehrere US-Vertreter über die Ermächtigung zitiert wurden, bestätigte Trump ohne Umschweife die Anordnung. Das Eingeständnis stellt eine außerordentliche Eskalation der imperialistischen Aggression der USA gegen Venezuela und darüber hinaus dar.

Während der Pressekonferenz prahlte Trump auch damit, dass das Pentagon am Dienstag einen weiteren tödlichen Angriff auf ein Schnellboot in der südlichen Karibik verübt hatte, bei dem sechs Menschen ums Leben kamen. Damit hat das US-Militär inzwischen mindestens 27 Zivilisten bei Angriffen auf kleine Boote getötet, deren Insassen man – ohne jeglichen Beweis – des Drogenhandels beschuldigt hat.

Medien aus Trinidad berichteten, dass dieses jüngste Boot mehrere Passagiere aus Trinidad und Tobago an Bord hatte, wobei die Verwandten eines Opfers erklärten, dass es sich lediglich um einen jungen Wanderarbeiter handelte, der nach Hause zurückkehrte.

Parallel zu diesen außergerichtlichen Massenexekutionen wurden am Mittwoch in der Nähe der venezolanischen Küste strategische US-amerikanische B-52-Bomber entdeckt, die derart intensive Manöver durchführten, dass ein Abschiebeflug von Texas nach Venezuela nach Puerto Rico umgeleitet wurde. Die Stationierung dieser nuklearfähigen Bomber folgt auf Trumps Drohung von letzter Woche, „Feuer und Zorn“ gegen Venezuela zu entfesseln, sowie auf den Einflug von fünf US-Kampfjets vom Typ F-35 in den venezolanischen Luftraum am 2. Oktober.

Derzeit verfügen die US-Streitkräfte in der südlichen Karibik über rund 10.000 Soldaten und Matrosen, was eine erhebliche Kapazität für größere Operationen darstellt. Trump drohte am Mittwoch erneut damit, die Angriffe auf den Boden Venezuelas auszuweiten.

Die lange Geschichte der verdeckten Interventionen Washingtons – von Putschen und Attentaten über gekaufte Medien und manipulierte Wahlen bis hin zu korrumpierten Gewerkschaften – entfaltet sich heute, ohne auch nur den Anschein zu erwecken, man wäre noch um eine plausible Abstreitbarkeit bemüht.

Auf die direkte Frage, ob die CIA befugt sei, „Maduro auszuschalten“, sagte Trump: „Wäre es nicht lächerlich, wenn ich auf diese Frage antworten würde? Aber ich glaube, Venezuela spürt den Druck.“ Dies war ein klares Bekenntnis dazu, dass das Ziel der CIA-Operationen gerade der Regimewechsel ist. Washington hat ein Rekord-Kopfgeld von 50 Millionen Dollar auf Maduro ausgesetzt und beschuldigt ihn, das so genannte Sonnenkartell anzuführen, eine erfundene Organisation.

Die Bombardierungen, Aufmärsche und Drohungen sind kein bloßes Getue, sondern die offene Ankündigung einer bevorstehenden imperialistischen Intervention, die auf der Grundlage völlig falscher Vorwände vorbereitet wird.

Die Behauptung, Venezuela überschwemme die USA mit Drogen, ist offenkundig falsch. Zahlreiche Berichte von Drogenbehörden in den USA und auf internationaler Ebene haben bestätigt, dass nur sehr wenig Kokain und kein Fentanyl – die Hauptursache für Todesfälle durch Überdosierungen in den USA – aus Venezuela eingeführt werden.

In Wirklichkeit ist die CIA selbst eine der Organisationen, die für den Drogenhandel und die damit verbundene Gewalt verantwortlich sind. 1998 deckte der CIA-Generalinspekteur Frederick R. Hitz die Zusammenarbeit zwischen der CIA und dem Justizministerium mit Drogenhändlern unter der Regierung Reagan auf. Sie war Teil eines illegalen Plans zur Finanzierung der nicaraguanischen Contra-Milizen, die in den 1980er Jahren zum Sturz der sandinistischen Regierung eingesetzt wurden.

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Die Anatomie der Staatsräson. Israel: Die Maschine der Unterwerfung

Von Anna Zollner – 17. Oktober 2025

Hohes Gericht,

die Anklage lautet: ein Staat hat die Kontrolle über ein anderes Volk zur Staatsräson erhoben – und aus seiner Sicherheit ein Dogma gemacht, das keine Grenzen mehr kennt.

Israel, so sagt man, sei die einzige Demokratie des Nahen Ostens. Doch Demokratie endet dort, wo sie zur Besatzungsverwaltung wird. Und Israel ist heute weniger Staat als Maschine – ein Labor, in dem Theologie, Technologie und Gewalt zu einem System verschmelzen, das keine Opposition mehr kennt, nur Störungen.

Die Sprache dieser Maschine wurde 2017 kodifiziert, in einem Dokument, das in seiner Kälte an vergangene Jahrhunderte erinnert. Bezalel Smotrich, damals stellvertretender Vorsitzender der Knesset, nannte es den „Decisive Plan“, den Plan der Entscheidung. Ein Plan, der kein politisches Angebot ist, sondern ein Ultimatum:

„Jegliche nationale Hoffnung der Palästinenser muss ausgelöscht werden.“
Smotrich gab den Palästinensern drei Optionen:

  1. das Land zu verlassen,
  2. als „geduldete Ausländer“ in Israel zu leben,
  3. Widerstand zu leisten – „und dann wird die Armee wissen, was zu tun ist.“
    Er ergänzte, nüchtern, wie man in Verwaltungsakten schreibt:

„Nach dem jüdischen Gesetz muss immer eine gewisse Minderwertigkeit bestehen.“
Das ist keine rhetorische Entgleisung, sondern die juristische Sprache eines Systems, das Hierarchie zum Naturgesetz erhebt. Seit diesem Satz ist die Idee des Gleichwerts gestorben. Smotrichs Plan war kein Manifest eines Fanatikers, sondern ein Regierungsentwurf. Er markierte den Moment, in dem religiöse Exegese zur Verwaltungsvorschrift wurde.

Heute, acht Jahre später, heißt derselbe Mechanismus „Verwaltungsreform Westjordanland“. Checkpoints, Straßen, Wasserrechte, digitale IDs – alles in einem Raster neu gezogen. Wer dort lebt, lebt nicht mehr in Territorien, sondern in Datenfeldern. Gaza war Schritt 2.

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Trump gesteht – Ich gehöre der reichsten Zionistin der Welt

Von Rainer Rupp – 17. Oktober 2025

Es ist mehr als ein Witz, wie wenig Aufmerksamkeit die Mainstream-Medien dem Fakt schenken, dass der Präsident der Vereinigten Staaten wieder und wieder öffentlich zugibt, von der reichsten Israelin der Welt gekauft worden zu sein. Das ist besonders ironisch, wenn man bedenkt, wie besessen seine politischen Gegner während seiner ersten Amtszeit von der Möglichkeit waren, dass er bereits einer anderen ausländischen Regierung gehörte, nämlich Putin gehörte. Diese, damals von Trumps Gegnern gestreute Fehlinformation wurde während Trumps gesamter erster Amtszeit von den Mainstream Medien Mantra artig wiederholt und zu einem Weltuntergangsszenario gesteigert.

Klar, wenn es gegen Russland geht, kann man nichts anderes erwarten. Aber wenn es sich um eine israelisch-zionistische, vielfache Milliardärin handelt, die mit ihrem verstorbenen Ehemann und jetzt als Witwe den US-Präsidenten wie eine Marionette tanzen lässt, dann ist alles in Ordnung. Dann berichten die Medien nur von „guter alter Freundschaft“ unter Gleichgesinnten.

Die australische Investigativjournalistin Caitlin Johnstone hat das auf „X“ [wie auch in dem Artikel auf ihrem Blog: „Trump Keeps Admitting That He Is Bought And Owned By The World’s Richest Israeli“; die GG-Red.] treffend auf den Punkt gebracht: Trump plaudert in seiner Rede vor dem israelischen Parlament am Montag dieser Woche munter aus dem Nähkästchen Dinge aus, die ihn in einer funktionierenden Demokratie um Amt und Würden und ins Gefängnis gebracht hätten, aber niemand in den Kreisen der selbst-erklärten westlichen Eliten aus Politik und Medien hebt auch nur eine Augenbraue.

In seiner Rede vor den Abgeordneten der Knesset hat Präsident Trump erneut öffentlich zugegeben, dass er israel-freundliche Politik auf Geheiß der israelisch-amerikanischen Milliardärin Miriam Adelson und ihres verstorbenen Mannes Sheldon Adelson umgesetzt hat. Diesmal hat er sogar hinzugefügt, dass er glaubt, Adelson liebe Israel mehr als die USA. Wie charmant! Als ob das nicht schon genug wäre, um ein Impeachment-Verfahren auszulösen – oder wenigstens ein paar peinliche Fragen in den Talkshows. Stattdessen? Applaus von den Zuhörern in der Knesset und Schweigen im US-Kongress in Washington und in US- und Vasallen-Medien. Hier folgt die ins Deutsche übersetzte Mitschrift von Trumps diesbezüglichen Bemerkungen in der Knesset. Die Übersetzung ist nicht geschönt und grammatikalische Fehler gibt es auch im Original: …

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Siehe auch die deutsche Übersetzung des Beitrags von Caitline Johnstone auf Uncut-News:„Trump gibt immer wieder zu, dass er von den reichsten Israelis gekauft und besessen wird

Die venezolanische Putschistin María Corina Machado verspricht die Privatisierung des Ölsektors: US-Unternehmen werden „viel Geld verdienen“

Von Ben Norton – 17. Oktober 2025

Die mit dem Friedensnobelpreis 2025 ausgezeichnete María Corina Machado, eine von der US-Regierung finanzierte rechtsextreme Putschistin, versprach die Privatisierung des venezolanischen Ölsektors. US-Unternehmen würden „viel Geld verdienen“, erklärte sie gegenüber Donald Trump Jr.

Der Friedensnobelpreis 2025 wurde an María Corina Machado verliehen, eine rechtsextreme, kriegsbefürwortende venezolanische Oppositionsführerin, die seit mehr als zwei Jahrzehnten von der US-Regierung finanziert wird.

Machado war an zahlreichen gewaltsamen Putschversuchen in Venezuela beteiligt, darunter 2002, 2014, 2017, 2019 und erneut heute.

Sie steht nun im Mittelpunkt des Regimewechselkrieges der US-Regierung gegen Venezuela.

In einem Interview mit Donald Trump Jr. im Februar 2025 machte Machado deutlich, dass sie die staatliche Ölindustrie Venezuelas privatisieren und die natürlichen Ressourcen des südamerikanischen Landes an US-Unternehmen verkaufen will.

Machado erklärte begeistert, dass ihr neues Regime „der stärkste Verbündete der Vereinigten Staaten in der Region“ sein würde, wenn Trump ihr helfen würde, den venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro zu stürzen.

„Venezuela wird die beste Investitionsmöglichkeit für amerikanische Unternehmen sein, für gute Leute, die viel Geld verdienen werden”, versprach sie.

Das sagte Machado zum Sohn des US-Präsidenten (Hervorhebung hinzugefügt):

Vergessen Sie Saudi-Arabien, vergessen Sie die Saudis. Ich meine, wir haben mehr Öl, ich meine, unendliches Potenzial.

Und wir werden Märkte öffnen. Wir werden die Regierung aus dem Ölsektor verdrängen. Wir werden unsere gesamte Industrie privatisieren.

Venezuela verfügt über enorme Ressourcen: Öl, Gas, Mineralien, Land, Technologie. Und wie Sie bereits gesagt haben, haben wir eine strategisch günstige Lage, nur wenige Stunden von den Vereinigten Staaten entfernt.

Also werden wir das richtig machen. Wir wissen, was wir zu tun haben. […]

Und amerikanische Unternehmen befinden sich in einer super strategischen Position, um zu investieren. […]

Dieses Land, Venezuela, wird die beste Investitionsmöglichkeit für amerikanische Unternehmen sein, für gute Leute, die viel Geld verdienen werden.

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Originalbeitrag in englischer Sprache: Venezuelan coup leader María Corina Machado vows to privatize oil: US corporations will ‚make a lot of money

Washington und Brüssel in Mafia-Manier: Gemeinsam Belgrad erpressen

Von Hannes Hofbauer – 17. Oktober 2025

Seit 9. Oktober 2025 kann die größte Tankstellenkette Serbiens keine Kartenzahlungen mehr über Visa, American Express oder Mastercard annehmen. Es ist die Folge eines beispiellosen Akts der Erpressung, die das Land US-gefügig machen soll. Und Brüssel hakt nach.

Gegen das, was sich im serbischen Energiesektor anbahnt, sind die seit Monaten anhaltenden Proteste in den Straßen ein leicht handhabbares Hindernis für die Regierung von Aleksandar Vučić. Wie stark oder schwach die studentischen Demonstrationen auch vom Ausland unterstützt oder angestachelt wurden, jetzt schaltet Washington auf volle Attacke. Am 9. Oktober verhängte Donald Trump Sanktionen gegen den Energiekonzern „Naftna Industrija Srbije“ (NIS). Zeitgleich drosselte Kroatien die Zufuhr von Erdöl aus der Adria-Pipeline Janaf, die vom Tiefseehafen Omišalj aus das Binnenland Serbien mit dem wichtigsten Energieträger versorgt.

Die US-Sanktionen gegen NIS zielen auf Russland. Das war Vučić bereits vor gut einem Jahr klar, als der damalige US-Präsident Joe Biden die Zwangsmaßnahme androhte. Ihm war die Mehrheitsbeteiligung von Gazprom an dem serbischen Energieriesen ein Dorn im Auge. Über zwei Tochtergesellschaften hält der russische Konzern 56,2 Prozent von NIS. Das durfte nicht sein.

Entweder ihr schmeißt die Russen raus oder wir drehen euch den Ölhahn ab und sperren US-amerikanische Kreditkarten. So lautete die aus Mafia-Kreisen bekannte Geschäftspraxis der Amerikaner. Vučić erbat bei Donald Trump eine 9-monatige Bedenkzeit, die jetzt zu Ende gegangen ist, ohne dass Serbien die Anteile von Gazprom losgeworden ist. Eine Nationalisierung lehnte die serbische Regierung – bisher – ab, weil man damit Moskau vor den Kopf stoßen würde. Und ein Kauf der Gazprom-Anteile war für Serbien offensichtlich zu teuer.

Zuletzt setzte Washington eine 45-tägige Frist, um den russischen Mehrheitseigentümer rauszuwerfen. Jetzt steht den Serben entweder ein kalter Winter bevor oder eine Unterordnung unter die Vorgaben aus Washington. Dem Vernehmen nach bemüht sich der kroatische Ölkonzern INA um die Anteile von Gazprom. Unter dem herrschenden Druck könnten diese billig zu haben sein, jedoch nur dann, wenn Moskau bereit ist, sie zu verkaufen.

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Auf dem Weg zur Wehrpflicht

Von German-Foreign-Policy.com – 17. Oktober 2025

Die Bundesregierung bereitet die Reaktivierung der Wehrerfassung sowie die zukünftige Wiedereinführung der Wehrpflicht in Friedenszeiten vor und plant den Bau von 40.000 neuen Unterkünften in Bundeswehrkasernen für Wehrdienstleistende.

Trotz öffentlich ausgetragener Unstimmigkeiten arbeitet die Bundesregierung weiterhin an einem Gesetz, mit dem sie die Wehrerfassung reaktiviert, Anreize für den Wehrdienst schafft und eine Reaktivierung der Wehrpflicht in Friedenszeiten vorbereitet. Das Gesetz sieht vor, dass ab 2026 alle 18-Jährigen verpflichtet werden, der Bundeswehr Auskunft unter anderem über ihre körperliche Verfassung und ihre Bereitschaft zum Wehrdienst zu machen. Auf die Datenbank, in der diese Daten gespeichert werden, will die Bundesregierung im Kriegsfall auch der Agentur für Arbeit Zugriff gewähren. Die Regierungskoalition hatte vergangene Woche öffentlich Uneinigkeiten bezüglich des Entwurfes ausgetragen: Während Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) im Gesetzesentwurf zunächst auf Freiwilligkeit setzt, hatte die CDU/CSU-Fraktion für eine teilweise Verpflichtung eines Jahrgangs per Losverfahren plädiert. Einig sind sich die Regierungsparteien allerdings, dass es, sollten sich nicht ausreichend Freiwillige melden, zu einer Reaktivierung der Wehrpflicht kommen wird. Um künftig mehr Rekruten ausbilden zu können, plant Berlin den Bau von mehreren Zehntausend neuen Schlafplätzen in deutschen Kasernen.

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Jenseits der Schlagzeilen – Die Trümmer von Gaza und ein neokoloniales Projekt

Von Karin Leukefeld – 16. Oktober 2025

Sie „blicken nach vorn“, sie sprechen vom „Wiederaufbau von Gaza“ – aber ohne die Palästinenser einzubeziehen. Die scheinbaren „Siegermächte“ hinter Trump und Netanyahu haben, wenn sie „nach vorn“ blicken, nicht nur die unerschlossenen Gasfelder vor den Küsten von Syrien, Libanon und Gaza im Blick. Das angebliche Engagement für die Menschen in Gaza zielt auch auf die Kontrolle und Plünderung der gesamten Region. Von Karin Leukefeld.

Seit dem 15. Oktober findet die Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank in Washington statt. Deutschland ist durch Finanzminister Lars Klingbeil und Reem Alabali Radovan, Ministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), vertreten.

Alabali Radovan werde als „deutsche Gouverneurin der Weltbank“ an der Sitzung des Entwicklungsausschusses teilnehmen, „dem zentralen Gremium der Tagung“, hieß es in einer Terminvorschau des BMZ für die 42. Kalenderwoche. Die „inhaltlichen Schwerpunkte“ seien „die Themen Jobs und Privatsektormobilisierung“. Sie werde sich mit afrikanischen Partnern treffen, auch über die Unterstützung der Ukraine solle gesprochen werde. Schließlich gehe es um „die Perspektiven für Nahost und die Rolle der Weltbank mit Blick auf Gaza“.

Perspektiven für Nahost

Der Nahe Osten, genauer gesagt Israel, ist ein zentrales Anliegen der Bundesregierung. In einer Erklärung vom 9. Oktober begrüßte die Entwicklungshilfeministerin den „vereinbarten Waffenstillstand“ als „sehr gute Nachricht“. Die israelischen Gefangenen aus dem Gazastreifen „sollen endlich freigelassen werden“, sie freue sich für deren Familien. Uneingeschränkt könne man jetzt die notleidende Zivilbevölkerung versorgen, „das Hungern in Gaza wird endlich ein Ende haben“, so die Ministerin.

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