DB Cargo soll zerschlagen werden

Von Marianne Arens – 16. März 2024

Ein gewaltiger Konflikt zerreißt die Deutsche Bahn. Zehntausende Eisenbahner und Lokführer sind kampfbereit, um ihre Löhne und Arbeitsbedingungen zu verteidigen. Der Bahnvorstand dagegen ist entschlossen, den Konzern mit Hilfe der Gewerkschaften auf Profit zu trimmen und alle unprofitablen oder wenig Gewinn bringenden Bestandteile abzuwickeln.

EVG-Protest am Donnerstag, 14. März vor der DB-Cargo-Zentrale in Mainz
Dies betrifft in besonderem Maß die Gütersparte DB Cargo, die seit Jahren rote Zahlen schreibt. Gestützt auf ein „Weißbuch“ mit Empfehlungen der Unternehmensberatung Roland Berger hat der Vorstand die sogenannte „Transformation“ von DB Cargo auf den Weg gebracht. Wie sich zeigt, bedeutet sie, dass DB Cargo zerschlagen werden soll.

Die Bundesregierung, die als Eigentümerin des DB-Konzerns hinter dem Bahn-Vorstand steht, hat sich für die „Zeitenwende“ entschieden und verfolgt zwei Ziele: Die Profite zu steigern und Deutschland wieder „kriegstüchtig“ zu machen, wie es Verteidigungsminister Pistorius formuliert. Im Zusammenhang mit ihrem Kriegshaushalt 2024 ist die Regierung nicht mehr bereit, für die Defizite im Schienengüterverkehr aufzukommen.

Ein Ultimatum der EU-Wettbewerbsstelle hat zuletzt den willkommenen Vorwand geliefert, um die lange geplante Abwicklung der DB Cargo in ihrer jetzigen Form voranzubringen. Sie soll in sechs eigenständige Gesellschaften zerlegt werden, die angeblich „agiler“ wirtschaften und schneller auf den Markt reagieren könnten.

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„Mit Russland habe ich mir das schwerste Land ausgesucht“

Interview mit Ulrich Heyden- Interview: Éva Péli – 15. März 2024

Ulrich Heyden, ein (west-)deutscher Journalist zwischen zwei Kulturen: Nach 30 Jahren journalistischer Erfahrung in Russland – auch in Kriegs- und Krisengebieten – sind seit 2014 seine Kenntnisse des Landes, seine Berichte kaum mehr gefragt. Selbst Freunde in Deutschland sind oft besorgt, dass er sich Russland vermeintlich zu sehr annähere. Die Russlandfeindschaft wird aus seiner Sicht „in ein progressives Mäntelchen gekleidet“. Heyden macht sich wiederum um Deutschland Sorgen. Über seinen Weg nach Russland und seine Erfahrungen mit dem Land hat er ein Buch mit dem Titel „Mein Weg nach Russland“ geschrieben. Im Interview erzählt er über seine innige Beziehung zu Russland und dessen Menschen sowie zur russischen Kultur. Er berichtet von Erfahrungen, die viele Deutsche sich gar nicht vorstellen können, und erklärt, was westliche Medien von Journalisten in Russland erwarten. Wir haben ihn auch nach den deutsch-russischen Beziehungen gefragt und danach, ob Russland zu Europa gehört.

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Für Atombomben zertifiziert

Von German-Foreign-Policy.com – 15. März 2024

Der Tarnkappenjet F-35A, der künftig in Deutschland lagernde US-Atomwaffen einsetzen können soll, ist jetzt explizit dafür zertifiziert. In den USA beginnt eine neue Debatte über die „Vorzüge“ von Kernwaffentests.

Die deutsche Luftwaffe begrüßt die kürzlich bekannt gewordene Zertifizierung des US-Kampfjets F-35A für den Einsatz der künftig auch in Deutschland lagernden US-Atombomben B61-12. Die Zertifizierung sei „wichtig für unsere Beschaffung“ des F-35A, erklärt die Truppe. Die Bundesregierung hat 35 Exemplare des US-Tarnkappenjets bestellt, um mit ihm gegebenenfalls US-Kernwaffen im Rahmen der nuklearen Teilhabe einsetzen zu können. Der Kaufpreis wird auf gut zehn Milliarden Euro geschätzt. Die gegenwärtig modernsten Bomben B61-12 können präzise gesteuert werden, lassen sich auch mit geringerer Sprengwirkung einsetzen und nähren die Illusion, einen begrenzten nuklearen Schlagabtausch führen zu können; damit reduzieren sie Hemmungen gegenüber dem Einsatz von Kernwaffen und erhöhen so die Gefahr eines Atomkriegs. Wann sie die älteren Modelle in Büchel ersetzen sollen, ist nicht bekannt. Die Zertifizierung des F-35A für Atombomben erfolgt zu einer Zeit, zu der in den Vereinigten Staaten eine Debatte über die Wiederaufnahme von Kernwaffentests anläuft. Den Kernwaffenteststoppvertrag aus dem Jahr 1996 hat Washington nie ratifiziert; Moskau hat seine Ratifizierung annulliert. …

Der US-Tarnkappenjet F-35A ist, wie das US-Militärportal Breaking Defense in der vergangenen Woche berichtete, schon am 12. Oktober 2023 für den Einsatz von Kernwaffen zertifiziert worden. Die Zertifizierung gilt ausschließlich für die gegenwärtig modernste US-Atombombe vom Typ B61-12. Damit verfügt der F-35A nicht nur über „duale“, also sowohl konventionelle wie auch nukleare Fähigkeiten; er ist zudem der erste Kampfjet der fünften Generation, der Kernwaffen transportieren und abwerfen kann. Die Bundesregierung hatte im März 2022 im Grundsatz beschlossen, 35 Exemplare des Tarnkappenjets zu kaufen; Hauptgrund war, dass die Tornado-Jets, die aktuell für einen etwaigen Atomwaffeneinsatz im Rahmen der nuklearen Teilhabe bereitgehalten werden, aufgrund ihres Alters spätestens um 2030 aus dem Verkehr gezogen werden müssen. Als Gesamtkaufpreis für die Kampfjets werden rund zehn Milliarden Euro genannt. Dies hat in der Vergangenheit für Verwunderung gesorgt: Die Schweiz, die 36 Exemplare des F-35 kauft, zahlt dafür laut Berichten lediglich sechs Milliarden Franken. Hinzu kommt, dass der F-35 als pannenanfällig gilt. Allerdings nutzen ihn auch die drei anderen westeuropäischen Staaten (Belgien, die Niederlande und Italien), die im Rahmen der nuklearen Teilhabe über US-Atomwaffen verfügen.

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Taurus-Debatte: Was verschweigt Scholz?

Von Peter Schwarz – 15. März 2024

Die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine beherrscht seit Tagen die innenpolitische Auseinandersetzung in Deutschland. Die Übergabe dieser hochpräzisen Waffe, die von der Ukraine aus Moskau erreichen und gut gesicherte Bunker zerstören kann, würde eine massive Eskalation des Krieges bedeuten.

Bundeskanzler Olaf Scholz lehnt die Lieferung von Taurus bisher ab. Seine Begründung lautet, wegen ihrer großen Reichweite sei es nicht verantwortbar, die Kontrolle über die Waffe aus der Hand zu geben. Ihr Einsatz in der Ukraine würde deshalb den Einsatz deutscher Soldaten erfordern. Dies lehne er jedoch ab, da es einer direkten Kriegsbeteiligung Deutschlands gleichkäme.

Die CDU/CSU-Opposition, führende Mitglieder von Scholz‘ Regierungskoalition, insbesondere der Grünen und der FDP, ein Großteil der Medien sowie zahlreiche selbsternannte Kriegsexperten laufen gegen Scholz‘ Weigerung Sturm. Was er als Besonnenheit und Abwägung darstellt, denunzieren sie als Schwäche und Feigheit.

Typisch ist ein gemeinsamer Gastbeitrag, den die außenpolitischen Experten der Grünen und der CDU, Anton Hofreiter und Norbert Röttgen, am 11. März unter dem Titel „Der katastrophale Defätismus des Kanzlers“ in der F.A.Z. veröffentlichten. Sie überbieten sich in Kriegsrhetorik und scheuen vor keinem Risiko zurück. „Scholz’ Rhetorik macht uns schwächer, als wir sind,“ schreiben sie. „Atomkrieg, Eskalation, Kriegspartei“ seien nur einige der Schlagworte, die der Kanzler geprägt habe und die Putin signalisierten, er müsse keine ernsthaften Konsequenzen fürchten.

Die Unionsfraktion hat bereits zweimal einen Antrag in den Bundestag eingebracht, Taurus-Raketen an die Ukraine zu liefern. Beide scheiterten, weil sich die Abgeordneten von Grünen und FDP mit wenigen Ausnahmen an die Fraktionsdisziplin hielten und auch die AfD, Die Linke und die Wagenknecht-Partei dagegen stimmten.

Die Union begründet ihren Antrag ganz offen damit, dass die Ukraine in die Lage versetzt werden müsse, den Krieg tief nach Russland hineinzutragen. „Den ukrainischen Kräften mangelt es an der Fähigkeit, Versorgungslinien, Führungseinrichtungen und die logistischen Strukturen gezielt anzugreifen, um die Grundlage für das Vortragen weiterer erfolgreicher Offensiven zu schaffen,“ heißt es darin. Daher habe sie bereits mehrfach den Wunsch nach abstandsfähiger Präzisionsbewaffnung geäußert und eine Lieferung des Taurus-Marschflugkörpers erbeten.

In Wirklichkeit täuschen sowohl Scholz wie seine Widersacher die Öffentlichkeit. Sie wissen viel mehr, als sie öffentlich zugeben, und arbeiten hinter den Kulissen bei der Eskalation des Kriegs eng zusammen. Das wurde am Mittwoch deutlich, als die Auseinandersetzung über Taurus im Mittelpunkt einer Fragestunde des Bundestags stand.

Nachdem Norbert Röttgen (CDU) den Kanzler heftig attackiert hatte, ließ Scholz die Maske fallen. Er wechselte vom förmlichen Sie ins vertraute Du und warf dem „lieben Norbert“ vor, dass er als Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses die Gründe kenne, weshalb Taurus momentan nicht geliefert werden könne. Er verstecke sich dahinter, dass diese Informationen geheim seien.

Wörtlich sagte Scholz: „Was mich aber ärgert, sehr geehrter Abgeordneter, lieber Norbert, dass du alles weißt, und eine öffentliche Kommunikation betreibst, die darauf baut, dass dein Wissen kein öffentliches Wissen ist. Ich glaube, das sollte in der Demokratie nicht der Fall sein.“

Was wissen Scholz und Röttgen, was die Öffentlichkeit nicht wissen darf? Die Bevölkerung hat ein Recht darauf, es zu erfahren, denn es geht um nichts Geringeres als die Gefahr eines vernichtenden Nuklearkriegs.

Die Leichtfertigkeit, Risikobereitschaft und Rücksichtslosigkeit, mit denen Regierung, Opposition und Medien den Krieg gegen Russland anheizen und Russisch Roulette mit Atomwaffen spielen, sind atemberaubend. Ein Spiegel-Kommentar nannte es „fatal“, dass sich Scholz in der Öffentlichkeit als Friedenskanzler darstellen lasse „und damit sozialdemokratische Pazifismus-Träume vergangener Jahrzehnte triggert“. Und das in Deutschland, das für die größten Kriegsverbrechen der Menschheitsgeschichte verantwortlich ist!

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Regierungssprecher: Kanzler überzeugt, dass Israel sich weiterhin in Gaza an das Völkerrecht hält

Von Florian Warweg – 15. März 2024

Laut aktuellen UN-Angaben hat die israelische Armee seit Beginn ihrer Militäroperation in Gaza vor 158 Tagen (Stand 13. März) mindestens 13.000 Kinder und 9.000 Frauen getötet. Die Gesamtzahl der Toten wird mit 31.000 angegeben. Die Lieferung von lebensnotwendigen humanitären Gütern auf dem Landweg wird selbst mutmaßlich engen Partnern wie den USA und Deutschland verweigert. Laut Angaben von UN-OCHA sind bereits zwei Dutzend palästinensische Kinder den Hungertod gestorben. Die NachDenkSeiten wollten vor diesem Hintergrund wissen, ob der Kanzler nach wie vor zu seiner öffentlichen Einschätzung steht, dass Israel sich in Gaza vollumfänglich an das Völkerrecht halte. Der Regierungssprecher bejahte dies wider allen Fakten vor Ort.

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Was Putin im Interview gesagt hat und was der „Spiegel“ berichtet

Von Thomas Röper – 14. März 2024

Der russische Präsident Putin hat dem russischen Fernsehen ein großes Interview gegeben und natürlich war das für den Spiegel wieder eine Gelegenheit für Desinformation und Propaganda.

Der russische Präsident hat dem russischen Fernsehen vor den anstehenden Wahlen ein anderthalbstündiges Interview gegeben. Der Spiegel hat darüber einen Artikel mit der Überschrift „Krieg in Osteuropa – Putin prahlt mit russischen Atomwaffen“ veröffentlicht, der mit folgender Einleitung begann:

„Angeblich sind seine Nuklearwaffen moderner als die anderer Länder, angeblich sind sie bereit für einen Einsatz: Erneut droht der russische Präsident dem Westen. Und spricht von Truppen an der finnischen Grenze.“

Schauen wir uns an, was Spiegel-Leser erfahren und was Putin tatsächlich gesagt hat. …

Atomwaffen: Der Spiegel berichtet gerne über angebliche „Drohungen“ Putins. So auch dieses Mal. Der Spiegel-Artikel begann mit diesem Absatz:

„Der russische Präsident Wladimir Putin sieht sein Land für einen Atomkrieg gerüstet. Aus militärisch-technischer Sicht sei Russland bereit, Atomwaffen einzusetzen, wenn die Existenz des russischen Staats bedroht sei, sagte Putin in einem Interview der staatlichen Nachrichtenagentur Ria und des Senders Rossija-1. Seine nuklearen Waffen seien moderner als die anderer Länder. Es habe aber nie die Notwendigkeit bestanden, Atomwaffen in der Ukraine einzusetzen. Russland sei zu Gesprächen über die Ukraine bereit, aber nur, wenn diese auf »Realitäten« beruhten.“

Der Teil des Interviews, den der Spiegel hier sehr kurz zusammenfasst, war recht lang. Ich zitiere ihn hier zur Kenntnis kommplett.

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Der Inhalt des abgehörten Gesprächs ist der Skandal, nicht die Abhörung und Veröffentlichung

Von Finian Cunningham – 13. März 2024

Nach deutschem Recht gehörten die abgehörten deutschen Generäle ins Gefängnis: Erstens weil sie zwar nicht absichtlich, aber absolut fahrlässig militärische Geheimnisse ausgeplaudert haben, und zweitens, weil sie einen Angriffskrieg vorbereitet haben – siehe die juristische Beurteilung hier. Aber der ihnen vorgesetzte deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius deckt sie. Und in den deutschsprachigen Medienberichten über die Abhörung wird nur das Vorgehen Russlands kritisiert, der Inhalt des abgehörten Gesprächs aber ist kein Thema. Doch zumindest von außen gibt es bemerkenswerte Kommentare – zum Beispiel aus Nordirland. (cm)

Die deutsche Militärführung mag sich bei ihren privaten Gesprächen über Einsatzpläne gegen Russland dumm angestellt haben. Die Sicherheit ihrer inkompetenten Kommunikation – auch wenn sie lächerlich ist – mindert jedoch nicht die Ernsthaftigkeit dessen, was besprochen wurde. Generalleutnant Ingo Gerhartz und seine Adjutanten wägten ernsthaft die technischen und propagandistischen Mittel ab, mit denen Russland mit ballistischen Langstreckenraketen angegriffen werden könnte. Kurz gesagt, ein NATO-Mitglied wurde auf frischer Tat ertappt, als es einen Kriegsakt gegen Russland ausheckte.

Nachdem russische Medien die Tonaufnahme des Gesprächs veröffentlicht hatten, wurde es von deutscher Seite als Kriegsspielerei und als Versuch russischer Desinformation abgetan, die Regierung von Olaf Scholz zu unterminieren. Diese Vernebelung durch Berlin wird aber nicht funktionieren. Es ist eine unbestreitbare Tatsache, dass die deutschen Kommandeure darüber nachdachten, wie sie die ukrainische Offensivfähigkeit „optimieren“ könnten, um Ziele in Russland mit dem deutschen Langstrecken-Marschflugkörper Taurus zu treffen. Die Waffe ist angeblich noch nicht an das ukrainische Regime geliefert worden, weil einige deutsche Politiker befürchten, dass dies den Krieg mit Russland weiter eskalieren würde. Aus dem Tonband geht aber klar hervor, dass die deutschen Militärchefs frustriert sind, weil die Politiker die Lieferung der Taurus nicht anordnen.

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[Zum Originalbeitrag auf Informationclearinghouse]

Wehrbericht 2023: ein Aufruf zum Krieg und zur Militarisierung der Gesellschaft

Von Johannes Stern – 13. März 2024

Am Dienstag stellte die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl (SPD), den neuen Wehrbericht vor. Wie bereits in den vergangenen Jahren verfolgt er das Ziel, die deutsche Aufrüstungs- und Kriegsoffensive voranzutreiben.

Bei der Vorstellung des Berichts in der Bundespressekonferenz erklärte Högl, sie müsse „leider feststellen“, dass die Bundeswehr „immer noch von allem zu wenig“ habe. „Es fehlt an Munition, an Ersatzteilen, an Funkgeräten. Es fehlt an Panzern, an Schiffen und an Flugzeugen.“

Die kriegslüsternen Medien griffen Högls Aussagen begierig auf und zeichneten das Bild einer „Truppe im roten Bereich“ (Süddeutsche Zeitung), die endlich hochgerüstet und kriegstauglich gemacht werden müsse. Der Tagesspiegel schrieb: „Schrumpfende Truppe, desaströse Kasernen: So hart urteilt der neue Wehrbericht über die Zeitenwende.“ Und die F.A.Z. klagte: „Vollständig einsatzbereit sind die Streitkräfte demnach noch nicht.“

Mit dieser Propaganda verfolgt die herrschende Klasse eine Reihe miteinander verbundene Ziele. Zum einen sollen die Militärausgaben weiter erhöht werden. Der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbands, Oberst André Wüstner, forderte im ARD-Morgenmagazin eine massive Aufstockung des Wehretats: „Wir haben in allen Teilstreitkräften massive Probleme gemessen am Auftrag, an der Lage. Jetzt zu investieren, ist elementar.“ Das Sondervermögen Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden Euro habe „leider Gottes“ nichts verbessert.

Högl selbst hatte schon 2023 ein Sondervermögen in Höhe von 300 Milliarden Euro angemahnt. Der neue Wehrbericht stellt fest, es sei bereits heute erkennbar, „dass nach Ausschöpfen des Sondervermögens“ bis zum Ende des Jahres 2027 „eine deutliche Erhöhung des Verteidigungsetats in einer Größenordnung von mehreren Milliarden Euro notwendig sein wird“.

Dabei ist die Aufrüstung, die mit heftigen Angriffen auf soziale und demokratische Rechte einhergeht, bereits jetzt gigantisch. Offiziell plant die Regierung in diesem Jahr rund 72 Milliarden Euro für Verteidigung auszugeben. 51,95 Milliarden Euro entfallen dabei auf den regulären Verteidigungshaushalt und rund 20 Milliarden Euro stammen aus dem Sondervermögen. Berücksichtigt man weitere Militärausgaben, die in anderen Haushaltsposten und Fonds versteckt sind, beträgt der wirkliche Kriegsetat sogar 85,5 Milliarden Euro.

Unmittelbar geht es der herrschenden Klasse darum, die Kriegsunterstützung für die ukrainische Armee, die schreckliche Verluste erleidet und mit dem Rücken zur Wand steht, stark auszuweiten. „Trotz der eskalierenden und beunruhigenden Lage im Nahen Osten darf der Krieg in der Ukraine nicht in den Hintergrund rücken“, heißt es im Wehrbericht. „Bei der Unterstützung der Ukraine“ leiste die Bundeswehr „einen beachtlichen Beitrag“ und müsse das auch weiterhin tun.

Der Bericht gibt einen Eindruck davon, in welchem Ausmaß die Bundeswehr bereits Kriegspartei ist. Mit Ausrüstungs- und Waffenlieferungen aus eigenen Beständen sowie durch staatlich finanzierte Lieferungen der Industrie würden „materielle militärische Unterstützungsleistungen geboten, wie beispielsweise gepanzerte Gefechtsfahrzeuge, Mittel der Luftverteidigung, Artillerie und Logistik, Pionier- und Durchhaltefähigkeiten sowie Schutz- und Spezialausrüstung für die ukrainischen Streitkräfte.“ Zusätzlich habe die Bundeswehr „bislang etwa 10.000 ukrainische Soldatinnen und Soldaten, vor allem auf westlichen Waffensystemen, im Orts- und Häuserkampf, im Sanitätsdienst, als Pioniere und infanteristisch, erfolgreich und einsatzorientiert“ ausgebildet.

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Wegen Vorgehen in Gaza: Chile schließt Israel von der Internationalen Luft- und Raumfahrtmesse aus

Von Michael Roth – 13. März 2024

Chile hat Israel von der Teilnahme an der Internationalen Luft- und Raumfahrtmesse FIDAE, eine der größten ihrer Art weltweit, ausgeschlossen. Die Messe, die auch eine Leistungsschau für Waffen und anderes Kriegsgerät ist, fand vom 9. bis 14. April in der Hauptstadt des südamerikanischen Landes statt. Von Michael Roth.

Chile hatte im Januar beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag eine Untersuchung des Vorgehens von Israel in Gaza und in den besetzten Gebieten beantragt. Präsident Gabriel Boric erklärte zu dem Schritt seiner Regierung:

„Chile handelt konsequent auf der Grundlage von Prinzipien. Die Achtung der Menschenrechte, die in Gaza eindeutig verletzt werden, hat mich zu dieser folgerichtigen Entscheidung bewogen.”

Parlamentarier, eine Vielzahl von Organisationen und Tausende Menschen begrüßten die Entscheidung in einer Internetaktion. Die jüdische Gemeinde und der israelische Botschafter kritisierten sie jedoch scharf.

Seit der ersten Version im Jahr 1980 hat sich die Messe zu einer der fünf größten Luftfahrtmessen weltweit und zur größten in Lateinamerika entwickelt. Das Event wird vom Staat und der chilenischen Luftwaffe ausgerichtet und erfuhr eine Hinwendung zum Waffenschauplatz. In der Vergangenheit kreuzten dabei Jagdbomber vom Typ Mirage, Tornado und F16 in Schauflügen den chilenischen Himmel.

Israel wollte über die Direktion für internationale Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich (Sibat) 2024 erneut in Santiago seinen Einfluss auf den Handel mit Kriegsmaterial in Lateinamerika geltend machen.

Eine Gruppe von neun Rüstungsfirmen wendete sich an ein Berufungsgericht, um die Entscheidung des Präsidenten rückgängig zu machen. Sie klagten gegen den chilenischen Staat wegen willkürlicher Benachteiligung durch den Präsidenten, hatten damit aber keinen Erfolg. Das Gericht entschied, dass die zur Begründung der Eingabe vorgetragenen Argumente keinerlei Rückschluss auf die Verletzung verfassungsmäßiger Rechte zuließen.

Die Entscheidung von Präsident Boric erfuhr einige öffentliche Resonanz. Über 150 Organisationen aus allen gesellschaftlichen Bereichen und mehrere Tausend Einzelpersonen unterzeichneten online einen Brief an Präsident Boric … Darin begrüßten sie seine Entscheidung und verlangten weitergehende Maßnahmen.

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Polens Kriegskurs: Regierung und Opposition schließen die Reihen

Von Martin Nowak – 13. März 2024

Die jüngsten Debatten haben gezeigt, dass die Pläne der NATO-Staaten, direkt in den Krieg gegen Russland einzugreifen, weit fortgeschritten sind. Nachdem der französische Präsident Emmanuel Macron die mögliche Entsendung von NATO-Soldaten in die Ukraine ins Spiel gebracht hatte, entbrannte ein regelrechter Wettbewerb, sich mit kriegerischen Erklärungen zu überbieten.

Mit dabei war auch die neue polnische Regierung von Donald Tusk. Anlässlich des 25. Jahrestags des NATO-Beitritts veranstaltete der Sejm, das polnische Parlament, eine Podiumsdiskussion, an dem der Außen- und der Verteidigungsminister teilnahmen. Außenminister Radosław Sikorski bestätigte dort, dass bereits seit geraumer Zeit NATO-Soldaten in der Ukraine im Einsatz sind. Er bekräftigte die Initiative von Macron: „NATO-Truppen in der Ukraine sind nicht undenkbar.“

Verteidigungsminister Władysław Kosiniak-Kamysz hatte bereits Anfang Februar im Interview mit Super Express erklärt, dass man sich angesichts der jüngsten ukrainischen Niederlagen auf einen Krieg vorbereiten müsse. Auf Nachfrage hatte er bekräftigt, das sei „nicht einfach so daher gesagt“. Sein Ministerium habe bereits konkrete Vorbereitungsschritte unternommen.

Regierungschef Tusk hatte letzte Woche beim Treffen der Europäischen Volkspartei (EVP) in Bukarest erklärt: „Die Zeiten der glückseligen Ruhe sind vorbei. Die Nachkriegsepoche ist vorbei. Wir leben in neuen Zeiten, in einer Vorkriegsepoche. … Heute müssen wir deutlich sagen, dass wir vor einer einfachen Wahl stehen: Entweder wir nehmen den Kampf an, … oder wir werden fallen.“

Dafür sei es notwendig, an das „wirtschaftliche, finanzielle, demografische und moralische Potenzial Europas“ zu glauben, ergänzte der ehemalige EU-Ratspräsident.

Während die Politiker vom Krieg sprachen, wurde er zeitgleich geübt. Mit „Dragon 24“ fand in Polen der wichtigste Teil des NATO-Großmanövers „Steadfast Defender“ statt. 20.000 Soldaten aus neun Nato-Staaten – darunter Deutschland, Polen, Frankreich, die USA und Großbritannien – nehmen an dem Manöver rund 70 Kilometer südlich von Danzig und 170 Kilometer entfernt von der russischen Enklave Kaliningrad teil.

Unter anderem übte das deutsch-britische Pionierbrückenbataillon 130 die Überquerung der an dieser Stelle 320 Meter breiten Weichsel mit der M3-Schwimmbrücke. Wie Nato-Militärs erklärten, fließen in die Übungen auch jüngste Erfahrungen aus dem Ukrainekrieg mit ein. Dort verläuft die Front immer wieder entlang breiter Flüsse, die ohne technisches Gerät nicht zu überqueren sind.

Auch Polens Präsident Duda besuchte das Manöver und berief anschließend eine Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats ein, um eine „neue nationale Sicherheitsstrategie vorzubereiten“, bevor man zu Gesprächen nach Washington reise. An der Sitzung nahmen die Präsidenten des Sejms und des Senats, der Regierungschef, der Außen-, Verteidigungs-, Innen- und Geheimdienst-Minister sowie Vertreter aller Parlamentsfraktionen teil.

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