Von Justus Leicht und Peter Schwarz – 25. Mai 2025
Seit Donnerstag feiern die herrschenden Kreise Deutschlands das Grundgesetz. Vor 75 Jahren, am 23. Mai 1949, hatte der Parlamentarische Rat den Text als provisorische Verfassung der Bundesrepublik Deutschland verkündet. Seither wurde er zwar mehrmals ergänzt und verändert, doch nie durch eine von einer Volksabstimmung bestätigte Verfassung abgelöst.
Das Grundgesetz bekennt sich zu „unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten“ und garantiert eine Reihe demokratische Grundrechte: Freie Entfaltung der Persönlichkeit, Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, Gleichberechtigung von Mann und Frau, Glaubensfreiheit, Meinungs- und Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit, Koalitionsfreiheit, usw.
Doch Verfassungstext und gesellschaftliche Wirklichkeit klafften schon immer auseinander. Der folgende Text von Justus Leicht, der am 23. Mai 2009 zum 60. Jahrestag des Grundgesetzes auf der WSWS erschien, weist dies überzeugend nach. Seither hat sich diese Kluft in einen tiefen Abgrund verwandelt.
Während Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Grundgesetz in einem Festakt vor den Spitzen von Staat und Gesellschaft als „großartiges Geschenk“ für Deutschland feierte, „das wir im Alltag der Republik pflegen, bewahren und verteidigen müssen“, ging die Polizei in der nahegelegenen Humboldt Universität gewaltsam gegen Studierende vor, die friedlich gegen den Genozid in Gaza protestierten, wegen dem Deutschland vor dem Internationalen Gerichtshof wegen „Beihilfe zum Völkermord“ angeklagt ist. Laut HU-Präsidentin Julia von Blumenthal kam der Räumungsbefehl „von ganz oben“.
Und während das Grundgesetz Handlungen, die das friedliche Zusammenleben der Völker stören und einen Angriffskrieg vorbereiten, unter Strafe stellt, ist die Bundesregierung dabei, Deutschland wieder „kriegstüchtig“ zu machen. Sie steht an vorderster Stelle bei der Eskalation der Kriege in der Ukraine, im Nahen Osten und gegen China.
Am deutlichsten zeigt die Institution des Verfassungsschutzes das wirkliche Verhältnis zwischen Verfassungswortlaut und gesellschaftlicher Realität. Ein Geheimdienst, der politische Parteien ausspioniert, mit Lockvögeln und Provokateuren durchsetzt und enge Verbindungen zur extremen Rechten pflegt, soll die Verfassung „schützen“. Schützen vor wem? Offensichtlich vor den Bürgern, die von den darin festgeschriebenen demokratischen Rechten Gebrauch machen wollen.