Russland muss den westlichen Mangel an Angst endlich beseitigen

Von Dmitri Trenin -10. März 2024

Es ist ein Paradox, aber die Realität: Die Politiker wissen, dass der amtierende US-Präsident Joe Biden mehr und mehr der Senilität verfällt und dass Donald Trumps künftige Beschlüsse oft irrational sein werden, dass aber Wladimir Putin ein absolut rationaler und auch besonnener Geist ist und dass, genau deshalb, der Einsatz von Nuklearwaffen von russischer Seite nicht erfolgen wird. Mit der Folge, dass der Westen im Krieg in der Ukraine immer intensiver mitmischelt, nicht nur mit Geld und immer gefährlicheren und wirksameren Waffen, sondern mehr und mehr auch mit direktem Know-how und dem Einsatz von eigenen Leuten – in „zivilen Klamotten“, wie das abgehörte Gespräch der deutschen Generäle verraten hat. In einem Artikel in der russischen Zeitschrift „Profil“ plädiert der bekannte russische Politologe Dmitri Trenin deshalb dafür, sich so zu verhalten, dass der Westen wirklich wieder Angst haben muss, wenn er sich weiterhin so benimmt. (cm)

Der Zusammenbruch der Hoffnungen auf einen ukrainischen Sieg über Russland hat bei Amerikanern und Europäern nicht zur Bereitschaft geführt, sich aus diesem Konflikt „wegzuschleichen“. Stattdessen gibt es eine neue Welle der Mobilisierung der Eliten des kollektiven Westens zur Konfrontation mit Moskau. Die Hoffnungen wurden ersetzt durch Befürchtungen. Was passiert, wenn Russland in der Ukraine einen Sieg erringt und Trump die amerikanische Wahl gewinnt? Das ist die große Angst der herrschenden liberalen Spitze des atlantischen Blocks von 2024.

Die Reaktion der westlichen Eliten ist nur äußerlich nervös. In Wirklichkeit ist sie systemisch. In Europa wurde eine mächtige Kampagne zur Vorbereitung auf einen Krieg mit Russland gestartet. Trotz offensichtlicher Ungereimtheiten und offensichtlicher Unlogik wird die These, dass „Putin nicht in der Ukraine Halt machen wird“ und dass die NATO-Länder – das Baltikum und Polen – bald von einer russischen Invasion bedroht sein werden, hartnäckig und nicht ohne Erfolg vertreten. Gleichzeitig wird die Frage aufgeworfen: Was, wenn Trump den neuen „Opfern der russischen Aggression“ nicht hilft? Und selbst wenn eine solche Aggression in den kommenden Jahren nicht stattfindet, soll, wie gesagt wird, die Wahrscheinlichkeit eines NATO-Krieges mit Russland mittelfristig steigen.

Die strategische Antwort auf die so formulierte Herausforderung wurde bereits genannt. Es handelt sich um eine dringende Wiederherstellung der Schlagkraft, der Kampffähigkeit und der Kampfbereitschaft der europäischen Armeen, um die Umstellung der militärisch-industriellen Komplexe der NATO-Länder auf Kriegsmodus, um eine weitere militärische Integration innerhalb des Blocks und um eine immer engere Verknüpfung von NATO und EU. Eine Reserveoption – für den Fall, dass die USA in die Isolation gehen – ist die Ausarbeitung von Möglichkeiten zur Bildung eines europäischen Militärbündnisses mit einer nuklearen Komponente. Für die Führung bietet sich Paris als Garant an.

Diese Angelegenheit ist nicht auf Rhetorik beschränkt. Die größten NATO-Manöver seit dem Kalten Krieg (Steadfast Defender“) wurden natürlich im Voraus geplant, aber sie entsprechen dem aktuellen Zeitpunkt. Aufgabe der viermonatigen Manöver ist es nicht nur, das Vorgehen der Streitkräfte der Allianz im Falle eines großen europäischen Krieges zu üben, sondern auch zu versuchen, Russland einzuschüchtern, unter anderem durch die Simulation von Atomschlägen tief in seinem Hoheitsgebiet. Taktisch gesehen sollen die Übungen auch dazu dienen, einige russische Kräfte und Mittel von der Erfüllung ihrer Aufgaben im Rahmen der Strategischen Verteidigungsstreitkräfte abzulenken.

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