Die nächste Front? Armenien wendet sich dem Westen zu

Von Thomas Röper – 10. März 2024

Unbemerkt von den Medien wendet sich Armenien, das formell ein Verbündeter Russlands ist, dem Westen zu. Hier wird der nächste Konfliktherd geschürt.

Armenien schafft es eigentlich nur dann in die deutschen Medien, wenn es Probleme rund um Bergkarabach gibt. Wahrscheinlich können die meisten Deutschen Armenien nicht einmal auf Anhieb auf der Landkarte finden.

Dabei ist Armenien ein geopolitisch wichtiges Land, denn es ist als christliches Land im Kaukasus von islamischen Ländern umgeben und hat eine traditionell enge Verbindung zu Russland, das den Armeniern beigestanden hat, als das Osmanische Reich gegen die Armenier vorgegangen ist, was von vielen als Völkermord an den Armeniern eingestuft wird.

2018 brachte die „Samtene Revolution“, eine von vielen in der Reihe der pro-westlichen Farbrevolutionen, Nikol Paschinjan an die Macht. Paschinjan ist pro-westlich, geht aber intelligenter vor als beispielsweise die moldawische Präsidentin Sandu. Er hat seinen pro-westlichen Kurs langsam vorbereitet, weil ein offen anti-russischer Kurs in Armenien zunächst sehr unpopulär gewesen wäre.

Bergkarabach und die OVKS

Der Krieg um Bergkarabach im Jahr 2020 kam Paschinjan wie gerufen, denn Armenien ist Mitglied der OVKS, das ist ein Verteidigungsbündnis, in dem sich die GUS-Staaten Armenien, Kasachstan, Kirgisistan, Russland, Tadschikistan und Weißrussland zusammengeschlossen haben. Die armenische Regierung beschuldigte die OVKS, ihre Bündnisverpflichtungen nicht erfüllt zu haben, weil die OVKS Armenien bei dem Konflikt mit Aserbeidschan um Bergkarabach nicht zur Hilfe gekommen ist.

Allerdings sind die armenischen Vorwürfe an OVKS haltlos, denn Aserbeidschan hat nicht Armenien angegriffen, sondern die zu dem Zeitpunkt von Armeniern bewohnte Republik Bergkarabach, die aber von keinem Staat der Welt – auch von Armenien nicht – anerkannt wurde. Es lag also kein Angriff gegen Armenien vor, bei dem die OVKS zu Beistand verpflichtet gewesen wäre.

Danach hat der armenische Premierminister Paschinjan bei Gesprächen mit der EU Ende 2022 ohne Not anerkannt, dass Bergkarabach ein Teil Aserbeidschans ist, obwohl nach dem von Putin 2020 ausgehandelten Waffenstillstand noch große Teile Bergkarabachs von Armeniern bewohnt waren. Nach Paschinjans Anerkennung war klar, dass Aserbeidschan das Problem, das auf seinem offiziellen Staatsgebiet eine abtrünnige und bewaffnete Region bestand, irgendwann lösen würde, was im September 2023 dann auch passiert ist, als Aserbeidschan in Bergkarabach einmarschiert ist und die Existenz der nicht-anerkannten Republik Bergkarabach beendet hat.

Die armenische Regierung von Paschinjan hat diese Entwicklung mit ihrer Anerkennung, dass Bergkarabach ein Teil Aserbeidschans ist, selbst provoziert. Aber sie gibt die Schuld an den Entwicklungen Russland, das damit nichts zu tun hat, sondern auf eine Verhandlungslösung gesetzt hat und von Paschinjans Anerkennung komplett überrumpelt wurde.

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