Der Justizkrieg gegen Julian Assange geht weiter

Von Moritz Müller – 5. April 2024

Nachdem die Richter des Londoner High Court am Dienstag vergangener Woche dem Antrag von Julian Assange auf ein Berufungsverfahren mit Einschränkungen stattgegeben haben, ist Zeit gewesen, den Richterspruch genau zu lesen. Dabei wird klar, wie sehr das jetzige Vorgehen der Richter auf die Bedürfnisse der US-Regierung zugeschnitten ist. Anklage und Richter, die Teil des gleichen britischen Establishments sind, scheinen Hand in Hand zu arbeiten. Als Gegengewicht bleiben nur Teile der Presse und eine kritische Öffentlichkeit. Ein Teil dieser Öffentlichkeit ist FreeAssange Berlin, die uns diese Woche dankenswerterweise wieder mit einem aktuellen Newsletter beliefert haben. Einige weitergehende Gedanken zum Gerichtsentscheid vom 26. März von Moritz Müller.

Am 26. März haben Richterin Dame Victoria Sharp und Richter Jeremy Johnson Julian Assange vordergründig erst einmal erlaubt, am High Court von England und Wales Berufung gegen einige Punkte der erstinstanzlichen Entscheidung im Auslieferungsverfahren einzulegen.

Insgesamt hatten die Verteidiger von Julian Assange neun Punkte vorgebracht, die gegen eine Auslieferung an die USA sprechen. Von diesen haben Richterin und Richter nur drei Punkte zur Berufungsverhandlung zugelassen. Noch dazu haben sie der US-Regierung bis zum 16. April Zeit gegeben, diese Punkte durch Zusicherungen auszuräumen. Dies ist ein ungewöhnlicher Vorgang. Es kommt vielleicht manchmal vor, dass ein Gericht einer der streitenden Parteien Tipps zur Verhandlung gibt, aber in einem Fall von solcher Tragweite erscheint es sehr ungewöhnlich.

Die Richter haben Julian Assange untersagt, in einer eventuellen Berufungsverhandlung neue Beweise einzubringen, während sie es den USA erlauben, nach der Anhörung Ende Februar Zusicherungen (gleich neue „Fakten“) einzubringen.

Die nicht zugelassenen Beweise beziehen sich auf die Pläne der CIA, Julian Assange zu entführen oder zu töten. Die Richter zweifelten die Existenz dieser Pläne nicht an. Trotzdem wurden diese Beweise abgelehnt, mit der erstaunlichen Begründung, dass die USA diese Pläne gemacht hätten, weil die Gefahr gesehen wurde, dass Julian Assange nach Russland flieht. Diese Fluchtgefahr bestehe im Falle einer Auslieferung an die USA (und somit in die Hände auch der CIA) nicht mehr.

Es erscheint mir unvorstellbar, jemanden an ein Land auszuliefern, dessen zentraler Nachrichtendienst die Entführung bzw. Ermordung dieser Person geplant hat – noch dazu, wenn dieser Nachrichtendienst auch noch ein geheimes Mitspracherecht in einem eventuellen Verfahren gegen diese Person hat. Mit dieser Begründung erkennen die Richter Mord und Entführung quasi als legales Mittel an.

Außerdem verneinten die Richter, dass Julian Assange wegen seiner politischen Ansichten verfolgt wird. Zusätzlich dazu beriefen sich die Richter auf das Auslieferungsgesetz des Vereinigten Königreichs von 2003. Im Gegensatz zu § 4 im Auslieferungsvertrag zwischen den USA und dem Vereinigten Königreich enthält dieses Gesetz nämlich keine Sperrklausel bei Fällen politischer Natur. Assanges Rechtsanwälte hatten argumentiert, dass es keinen ergebe, dass diese Sperre bei der Auslieferung in 150 Staaten existiert, aber nicht im Fall der USA.

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