Linkspartei-Granden huldigen Erzreaktionär Schäuble

Von Johannes Stern – 4. Januar 2023

Seit dem Tod von Wolfgang Schäuble am 26. Dezember ergehen sich Politik und Medien in Lobeshymnen auf den langjährigen CDU-Vorsitzenden und Finanz- und Innenminister. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier pries ihn als „herausragenden Staatsmann“ und „Glücksfall für die deutsche Geschichte“, Bundeskanzler Olaf Scholz (beide SPD) als „scharfen Denker“ und „streitbaren Demokraten“ und die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) als „eine überragende Persönlichkeit mit politischer und programmatischer Weitsicht“.

Besonders hervor tun sich bei der penetranten Heiligsprechung des Erzreaktionärs Schäuble auch prominente Vertreter der Linkspartei. Der langjährige Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, veröffentlichte auf X (vormals Twitter) sogar ein Foto, das ihn kniend vor Schäuble zeigt. Im Text zum Bild feiert er ihn als „herausragenden Demokraten“

Noch überschwenglicher gab sich der Gründervater der Linken und ehemalige Präsident der Europäischen Linken Gregor Gysi. Auf X würdigte er Schäuble für „seine Geradlinigkeit, seine Disziplin und seine menschliche Anständigkeit“, die „bis heute Maßstäbe in der Bundespolitik“ setzten. Und weiter: „Sein unbeugsamer Einsatz für Berlin als gesamtdeutsche Hauptstadt bewies politische Weitsicht. Seinen Sinn für Humor spürte ich mehrfach.“

Die persönliche und politische Ehrerbietung der Linkspartei-Granden für Schäuble ist nicht einfach eine persönliche Marotte. In ihr zeigt sich der durch und durch pro-kapitalistische und rechte Charakter der Linkspartei. Der 1942 in Freiburg geborene Schäuble war einer der reaktionärsten Politiker der deutschen Nachkriegsgeschichte und spielte seit seinem Eintritt in den Bundestag 1972 eine Schlüsselrolle beim Abbau von demokratischen Rechten, sozialen Angriffen und der Rückkehr des deutschen Militarismus.

Wenn Schäuble in irgendetwas „herausragend“ war, dann in seiner Rolle als Todfeind der Arbeiterklasse. Am deutlichsten zeigte sich das in der letzten Dekade im deutsch-europäischen Spardiktat, dass Schäuble als Finanzminister zwischen 2009 und 2017 auf dem ganzen Kontinent durchsetzte. Vor allem Griechenland verordnete er mit geradezu sadistischer Lust ein Austeritätspaket nach dem anderen, was Millionen in bittere Armut stürzte und das Bildungs- und Gesundheitssystem einer ganzen Gesellschaft zerstörte.

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