Hoffnungen auf einen Sturz Putins zeugen von Unwissenheit über Russland

Von Thomas Röper – 11. Oktober 2022

Im Westen fordern immer mehr Politiker, Putin zu stürzen. Das ist ein Zeichen dafür, wie wenig man im Westen über das heutige Russland weiß, denn ohne Putin würde Russland noch viel anti-westlicher agieren. – Im Westen hört man immer öfter, mit einem Russland unter Putin dürfe man nicht verhandeln. Das ist die offene Forderung, in Russland einen Regimechange durchzuführen. Allerdings zeigt diese Forderung westlicher Medien und Politiker, dass sie von Russland rein gar nichts verstehen. … Offenbar meinen diejenigen, die die Forderung stellen, mit einem Russland unter Putin nicht mehr zu verhandeln, in Russland solle es eine Farbrevolution geben, so wie etwa 2014 den Maidan in der Ukraine. Diese Vertreter des Westens verkennen dabei eines: In der großen Mehrheit der russischen Gesellschaft hat das Modell der westlichen Demokratie einen schlechten Ruf. Die „westliche Demokratie“ durften die Russen in den 90er Jahren erleben und das war für Russland die wahrscheinlich schwärzeste Zeit des 20. Jahrhunderts. In Russland herrschten damals Gesetzlosigkeit, auf Korruption basierende polizeiliche Willkür und die staatlichen Institutionen waren faktisch zusammengebrochen. Anstatt dagegen etwas zu tun hat der Westen dieses kaputte Russland als „Partner“ gefeiert, während die Menschen verarmt und Willkür auf allen Ebenen ausgesetzt waren. Die ohnehin viel zu niedrigen Gehälter wurden oft Monate lang nicht bezahlt und sich an staatliche Stellen zu wenden, um auch nur zum Beispiel einen Raub anzuzeigen, war sinnlos. Natürlich gibt es in Russland eine junge Generation, die sich daran nicht mehr erinnert und die daher empfänglich ist für die Propaganda des Westens über angebliche Demokratie und Wohlstand. Aber das ist eine Minderheit, denn die Mehrheit erinnert sich an die 90er Jahre und sie hat mit einem Blick auf die nach dem Maidan 2014 angeblich demokratische Ukraine gesehen, dass die „westliche Demokratie“, wenn sie in Staaten der ehemaligen Sowjetunion aufgebaut wird, zu Zuständen führt, die wie in Russland in den 90er Jahren gewesen sind. Oder – siehe den Krieg im Donbass seit dem Maidan – es wird noch schlimmer. Gleichzeitig sehen alle in Russland das Beispiel der Krim, die sich 2014 mit Russland vereinigt hat, und jeder sieht, dass der Lebensstandard auf der Krim wesentlich höher ist als in der Ukraine, zu der die Halbinsel davor gehörte.

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