„Heute braucht man in der Ukraine keine Schuldbeweise mehr, um Oppositionelle strafrechtlich zu verfolgen“

Von Maxim Goldarb – 1. November 2023

… Erst kürzlich wurde mein Artikel über die Tatsache veröffentlicht, dass in der Ukraine alle, die mit der Regierung nicht einverstanden sind, zu „Staatsverrätern“ erklärt werden. Nur wenige Wochen nach der Veröffentlichung dieses Artikels, am 12. Oktober 2023, führte der Sicherheitsdienst der Ukraine (SBU) eine Hausdurchsuchung in meiner Wohnung in Kiew durch, bei der persönliche Gegenstände und Rentenersparnisse meiner Eltern beschlagnahmt wurden, da die Strafbehörden nichts Illegales finden konnten. Dann haben der Sicherheitsdienst der Ukraine und die Staatsanwaltschaft – als ob sie dem Algorithmus folgen würden, den ich damals erwähnt hatte – mich in Abwesenheit angeklagt, angeblich Informationsaktivitäten zugunsten des Aggressors (Russland, Red.) zu begehen und den Angriff gegen die Ukraine zu rechtfertigen. Dem Gericht wurde ein Antrag auf meine Verhaftung und Unterbringung im Gefängnis übermittelt. Gleichzeitig wurde mir das Verdachtsdokument selbst aber nicht ausgehändigt und nicht zugestellt, wie es das gesetzlich vorgeschriebene Verfahren verlangt hätte, wodurch meine Rechte auf Verteidigung grob verletzt wurden. Was aber war die Grundlage für den SBU und die Staatsanwaltschaft, eine so schwere Anschuldigung gegen mich zu erheben? Wahrscheinlich einige schwerwiegende Beweise für die Schuld? Beweise: operative Daten, nicht klassifizierte Daten, Ergebnisse von Zeugenbefragungen, Ergebnisse von Telefonabhörungen, Durchsuchungen und Inspektionen? Nein! Vielleicht Spionage, Sabotage, Staatsstreich, Mord, Korruption? Auch nein! Denn das war es nicht und konnte es auch nicht sein: Als Anwalt, als Advokat, agiere ich immer ausschließlich im juristisch korrekten Bereich. Heute aber braucht man in der Ukraine keine Schuldbeweise mehr, um Oppositionelle strafrechtlich zu verfolgen, es genügen Beiträge in sozialen Netzwerken und/oder Aussagen über die Ursachen und Folgen des Krieges in der Ukraine, also eine andere, von der Position der offiziellen ukrainischen Behörden abweichende Haltung.

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