Von Florian Rötzer – 9. Juni 2025
Der Vertreter der russischen Delegation bei den Verhandlungen in Istanbul, Wladimir Medinski, hatte vergangenen Mittwoch die Bereitschaft angekündigt, am Wochenende, 7. bis 9. Juni, den weiteren Gefangenenaustausch mit der Ukraine zu beginnen. Es sollten verwundete und kranke Gefangene sowie unter 25-Jährige ausgetauscht werden. Dazu hatte Russland erklärt, einseitig 6000 Leichen von gefallenen ukrainischen Soldaten zu übergeben.
„Wir haben alle, die wir konnten, identifiziert, DNA-Tests gemacht und herausgefunden, wer sie sind. Nächste Woche werden wir diese Leichen der ukrainischen Seite übergeben, damit sie diese auf menschliche Weise beerdigen können“, sagte Medinski am 2. Juni nach den Verhandlungen. Man sei bereit, die Leichen russischer Gefallenen zu übernehmen: „Falls sie Leichen haben, werden wir sie auch entgegennehmen. Bislang wissen wir nichts darüber.“
Man kann vermuten, dass die russische Führung mit dem Angebot, das Kiew nicht ablehnen kann, ein Danaer-Geschenk machen will. Die Frage ist nicht nur, ob die Ukraine für einen 1:1-Tausch genügend russische Kriegsgefangene besitzt. Vor allem aber stellt die Übergabe von so vielen Leichen die Ukraine vor schwierige Entscheidungen. Schließlich war zu Beginn des Krieges beschlossen worden, dass die Familie eines im Kampf Getöteten 15 Millionen UAH (über 300.000 Euro) erhalten soll. Bei 6000 Gefallenen wären das bis zu 90 Milliarden Griwna, fast 2 Milliarden Euro. In der Rada wurde am 5. Juni überdies ein Gesetzesentwurf eingereicht, nach dem auch die Familien von in der Gefangenschaft Verstorbenen die Entschädigung von 15 Millionen UAH erhalten sollen.