Von Thomas König – 4. November 2025
Eine der Reaktionen auf Russlands Angriff auf die Ukraine ist Carlo Masalas „Wenn Russland gewinnt. Ein Szenario“. Das Buch offenbart, dass das Problem in der aktuellen politischen Betrachtung der russisch-deutschen Beziehungen ist, dass niemand zwischen der Angst der Eliten und den Ängsten der Bevölkerung trennt.
„Narwa, Estland, am 27. März 2028: In den frühen Morgenstunden werden die Menschen durch Explosionen geweckt. Zwei russische Brigaden dringen von Norden und Osten in die Stadt ein. […] Binnen weniger Stunden ist die 57000 Einwohner zählende Stadt im Grenzgebiet zu Russland erobert. […] Der Angriff auf das Baltikum hat begonnen.“ So beginnt Carlo Masalas „Szenario“.
In seinem Vorwort hat Masala, Professor für Internationale Politik an der Universität der Bundeswehr, zuvor sein Vorhaben skizziert: Entwickelt „nach wissenschaftlichen Maßstäben“ und in stark komprimierter Form zeige das vorliegende Szenario möglich Entwicklungen in der Zukunft auf und solle zum Nachdenken anregen, zum Mit- und Weiterdenken. Bedenken muss man dabei, dass es sich bei diesem Szenario, wie Masala zu Beginn seines Texts einräumt, „immer nur [um] eine, aber nicht die einzige Möglichkeit [handelt], wie sich die Dinge entwickeln können.“
Masalas Erzählung
Bei Masala dient das Narrativ von Putins imperialistischen Großrussland-Fantasien als angenommene Grundlage. Masala wirkt hierbei wie ein Musterbeispiel aus dem Psychologie-Lehrbuch für eine Projektion, wenn er die Ausdehnung des Machtbereichs der NATO und die imperialistischen Ansprüche der USA mit ihren über 800 Militärbasen in über 80 Ländern der Welt stillschweigend als natürlichen Zustand der Dinge akzeptiert und kritisiert, wie die Russen – in seiner Vorstellung – ähnliche Ambitionen entwickeln.