Von Thomas Röper – 15. Juli 2025
Letzte Woche haben Frankreich und Großbritannien „eine gemeinsame nukleare Abschreckung“ beschlossen. In Deutschland hat das kaum Schlagzeilen gemacht, dabei sind die Folgen potenziell enorm.
Schon im Kalten Krieg war es ein wichtiges Ziel der USA, dass ein Atomkrieg mit der Sowjetunion nach Möglichkeit auf Europa beschränkt bleibt. Zwar hatte die NATO in ihren Plänen für einen Krieg mit der Sowjetunion den frühen Einsatz von Atomwaffen geplant, aber dabei sollte es sich um taktische Atomwaffen, also um relativ kleine Sprengköpfe handeln. Strategische Atomwaffen, die bis in die USA reichen und sogar Großstädte ausradieren können, sollten möglichst nicht zum Einsatz kommen.
Zum Verständnis muss man wissen, dass die von den USA in Hiroshima und Nagasaki eingesetzten Atomwaffen nach heutiger Lesart sehr kleine Sprengköpfe hatten. Nach heutigem Maßstab wären das bestenfalls kleine taktische Atomwaffen, die sogar von Artillerie verschossen werden können. Die großen Sprengköpfe, die mit Interkontinentalraketen ins Ziel getragen werden, sind um teilweise das Hundertfache stärker als die „kleinen“ Atombomben des Zweiten Weltkrieges.
Das Ziel der USA hat sich bis heute nicht geändert, das Ziel der USA ist es bis heute, dass ein möglicher Krieg nicht das Gebiet der USA betrifft.
Daher war das Treffen des französischen Präsidenten Macron und des britischen Premierministers Starmer letzte Woche in London interessant, denn sie haben dabei unter anderem eine „eine gemeinsame nukleare Abschreckung“ beschlossen, was deutschen Medien wie dem Spiegel nicht einmal gesonderte Artikel wert war. Stattdessen hat der Spiegel das in einem Artikel mit der Überschrift „Neues Abkommen zwischen Großbritannien und Frankreich – Harmonie bis zum Schluss“ nur am Rande erwähnt. Der Spiegel schrieb darüber:
„Die bemerkenswerteste Vereinbarung dieses Staatsbesuchs dürfte jene für eine gemeinsame nukleare Abschreckung sein. Starmer und Macron verkündeten sie am späten Donnerstagnachmittag auf der Militärbasis Northwood nordöstlich von London. Beide Länder seien in ihrer Entscheidung für den Einsatz ihrer Nuklearwaffen weiterhin unabhängig und souverän, erklärte dort Emmanuel Macron in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Keir Starmer. Aber die Zusammenarbeit müsse angesichts der neuen Bedrohungen für Europa über die »Lancaster House«-Vereinbarung von 2010 hinausgehen.
»Die Zeiten haben sich geändert, deshalb muss sich auch die britisch-französische Partnerschaft weiterentwickeln«, sagte Macron. »Wir können uns keine extreme Bedrohungssituation für Europa vorstellen, die nicht eine schnelle Antwort von unserer Seite zur Folge hätte, welcher Natur diese Antwort auch sein mag.« Die Koordination der nuklearen Abschreckungspotenziale beider Länder werde nicht mehr ausgeschlossen: »Dies ist eine wichtige Botschaft für unsere Partner wie Gegner«, so der französische Präsident. Das unterzeichnete Abkommen sieht vor, eine gemeinsame Gruppe zur »nuklearen Supervision« zu gründen, die die Zusammenarbeit koordinieren soll.“
Was das bedeutet
Nachdem Trump am Montag erklärt hat , dass die USA faktisch aus dem Ukraine-Krieg aussteigen und den Krieg gegen Russland inklusive aller Kosten und Risiken den Europäern überlassen, hat diese Meldung eine ganz neue Tragweite bekommen, zumal US-Verteidigungsminister Hegseth schon beim NATO-Gipfel Ende Juni klar gesagt hat, dass es für die Europäer keinen Schutz nach Artikel 5 des NATO-Vertrages gibt, wenn sie in der Ukraine mit Russland aneinandergeraten.
Wenn die „Experten“ deutscher Medien diesen Zusammenhang irgendwann auch erkennen, dürften sie freudige Artikel darüber schreiben, dass nun die Briten und Franzosen den nuklearen Schutz Europas übernehmen werden, sollten die USA das ablehnen. Hurra!
Das Problem dabei ist, dass die Gefahr einer fatalen nuklearen Auseinandersetzung für Europa im Falle einer Eskalation in der Ukraine damit sogar größer geworden sein dürfte, anstatt kleiner.