„Stoppt von der Leyen!“

Von German-Foreign-Policy.com – 19. September 2025

Deutschland: erbitterter Widerstand gegen von der EU-Kommission vorgeschlagene Israel-Sanktionen. In Gaza steigt die Zahl der Todesopfer auf über 65.000, die Zahl der Hungertoten auf 435. UN-Kommission stuft das Geschehen als Genozid ein.

In Deutschland zeichnet sich erbitterter Widerstand gegen die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Israel-Sanktionen ab. Es sei „erschütternd“, dass Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen „ihre unausgegorene Idee von Handelssanktionen … durchzieht“, äußert etwa Armin Laschet (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag; man müsse sie stoppen. Die Kommission hatte zuvor vorgeschlagen, Sanktionen gegen extrem rechte Minister zu verhängen und das EU-Assoziierungsabkommen mit Israel auf dem Feld des Handels auszusetzen. Ein Nein aus der Bundesrepublik könnte beide Maßnahmen scheitern lassen. Dies droht, obwohl die Situation im Gazastreifen verheerend ist und die israelischen Streitkräfte ihre neue Bodenoffensive fortsetzen. Offiziell sind inzwischen mehr als 65.000 Menschen zu Tode gekommen, über 80 Prozent von ihnen Zivilisten; die Zahl der Hungertoten ist auf mindestens 435 gestiegen. Am Dienstag kam eine unabhängige UN-Kommission in einem Bericht zu dem Resultat, Israel verübe einen Genozid; wer sich ihm nicht entgegenstelle, mache sich der „Komplizenschaft“ schuldig. Hilfsorganisationen rufen zur Intervention im Gazastreifen auf.

Tod und Zerstörung

Bereits am Montag, als die israelischen Streitkräfte ihre Bodenoffensive auf Gaza begannen, war die Vernichtung in der Stadt umfassend. Allein in der Woche zuvor seien dort über 600 Wohnhäuser, mehr als 600 Zelte, zehn Schulen und fünf Moscheen zerstört worden, teilte die Palästinensische Autonomiebehörde mit; Fotos, die die gezielte Zerstörung von Hochhäusern zeigten, waren um die Welt gegangen. Geflohen war bis dahin nur ein Drittel der insgesamt gut eine Million Einwohner der Stadt – unter anderem, weil auch die angeblich sichere Zone im Süden des Gazastreifens, in die die israelische Regierung die Menschen aus Gaza zu vertreiben sucht, immer wieder angegriffen wird, mit tödlichen Folgen.[1] Die Zerstörungen sind in den vergangenen Tagen weiter eskaliert; die israelischen Streitkräfte griffen zum Beispiel das einzige Kinderkrankenhaus in Gaza mehrmals an. Die Zahl der dokumentierten Todesopfer hat den Gesundheitsbehörden in Gaza zufolge inzwischen 65.000 überschritten, wobei laut internen Daten des israelischen Militärs 83 Prozent aller Todesopfer Zivilisten sind (german-foreign-policy.com berichtete [2]). Wissenschaftler gehen davon aus, dass eine große Anzahl an Toten unentdeckt unter Trümmern liegt und die Opferzahl also noch höher ist. Die Zahl der Hungertoten ist am Donnerstag auf 435 gestiegen, davon 147 Kinder.[3]

Komplizenschaft

Während Tod und Zerstörung eskalieren, steigt die Zahl der Resolutionen internationaler Organisationen, die scharfe Kritik üben und Konsequenzen fordern. Am Dienstag etwa legte eine unabhängige Kommission der Vereinten Nationen einen Bericht vor, in dem sie zu der Schlussfolgerung kommt, bei den israelischen Verbrechen im Gazastreifen handle es sich eindeutig um einen Genozid. „Die Verantwortung“ dafür liege bei den höchsten staatlichen Stellen in Israel, die „seit zwei Jahren eine genozidale Kampagne mit der speziellen Absicht“ orchestrierten, „die palästinensische Bevölkerungsgruppe in Gaza zu zerstören“.[4] „Die internationale Gemeinschaft“ dürfe nicht untätig bleiben, forderte die Vorsitzende der Kommission, Navi Pillay; Nichtstun laufe auf „Komplizenschaft“ hinaus. Pillay verwies auf die völkerrechtliche Pflicht sämtlicher Staaten, „alle verfügbaren Mittel“ zu nutzen, „um den Genozid in Gaza zu stoppen“. Am Mittwoch veröffentlichten führende Repräsentanten von mehr als zwei Dutzend großen, in Gaza aktiven Hilfsorganisationen einen Appell, in dem sie alle Staaten aufforderten, „jedes verfügbare politische, wirtschaftliche und rechtliche Instrument einzusetzen, um zu intervenieren“.[5] Wer das unterlasse, sei nicht nur Komplize, sondern trage dazu bei, einen gefährlichen Präzedenzfall zu schaffen.

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