Von Florian Warweg – 4. Juli 2025
Alfons Mais, Generalleutnant der Bundeswehr, hatte bei der letzten Maybrit-Illner-Sendung „Krieg oder Frieden“ im ZDF in seiner Funktion als Inspekteur des Heeres in Bezug auf Russland erklärt: „Die haben gerade die Wehrpflicht von einem auf zwei Jahre erhöht“. Diese Behauptung führte er dann als einen zentralen Beleg dafür an, dass die Russische Föderation eine großangelegte konventionelle Auseinandersetzung mit dem Westen plane und insbesondere Deutschland entsprechend reagieren und aufrüsten müsse. Doch alle verfügbaren offiziellen russischen Quellen sprechen nach wie vor von einem Jahr Wehrpflicht. Auch die Presseabteilung der russischen Botschaft bestätigte dies auf Nachfrage. Die NachDenkSeiten wollten daher wissen, auf welcher Quellen- und Faktengrundlage sich der Heeresinspekteur im Brustton der Überzeugung so vor einem Millionenpublikum geäußert hat. […]
Auf die Unstimmigkeiten in den Aussagen des 21. Inspekteurs des Heeres machte als Erster der österreichische Politikwissenschaftler und Professor für Politikwissenschaft mit der Spezialisierung auf Sicherheitsforschung im post-sowjetischen Raum an der Universität Innsbruck, Gerhard Mangott, auf X aufmerksam:
„Ein deutscher General behauptet bei @maybritillner, die Wehrpflicht sei in Russland während des Krieges von 1 auf 2 Jahre erhöht werden. Das ist nicht richtig. Die Dauer der Wehrpflicht liegt seit 2008 bei 1 Jahr.“
Die Darlegung von Mangott ist nachweislich korrekt. Seit 2008 gilt in der gesamten Russischen Föderation eine Wehrpflicht von einem Jahr. Die einzige entsprechende Initiative, die Wehrpflicht auf zwei Jahre zu verlängern, wurde Ende November 2022 von zwei einzelnen Senatoren in den Föderationsrat (das Oberhaus des russischen Parlaments) sowie von einzelnen Abgeordneten in die Duma eingebracht. Das Vorhaben fand aber keinerlei Mehrheit und wurde dann auch bis heute nicht mehr weiterverfolgt.
Die NachDenkSeiten fragten in diesem Zusammenhang auch die Pressestelle der russischen Botschaft in Berlin zu dem Thema an. Der Presseattaché erklärte auf die Frage, ob die zitierte Aussage des Generalleutnants der Bundeswehr und Inspekteurs des Heeres so korrekt sei:
„Nein, das stimmt nicht. 2022 gab es eine Initiative von einzelnen Duma-Abgeordneten, mit der Forderung, die Wehrpflicht auf zwei Jahre zu erhöhen. Aber die wurden nicht realisiert. Also Fakt ist: Die Wehrpflicht in Russland liegt nach wie vor bei einem Jahr.“
Die bizarre Antwort des Verteidigungsministeriums
Dass der Sprecher des deutschen Verteidigungsministeriums auf die Frage, auf welcher Quellengrundlage die nachweislich falsche Aussage des Heeresinspekteurs („Die haben gerade die Wehrpflicht von einem auf zwei Jahre erhöht“) beruht, ernsthaft antwortet, diese sei „auf Grundlage unserer eigenen Lagebewertung“ erfolgt, lässt einen angesichts der zitierten Quellenlage mindestens kopfschüttelnd zurück …