Von Patrick Kingsley, Ronen Bergman and Natan Odenheimer (übersetzt und eingeleitet von Thomas Röper) – 12. Juli 2025
Bisher galt es in Deutschland als antisemitische Verschwörungstheorie, wenn man Netanjahu vorgeworfen hat, er habe den Angriff der Hamas bewusst geschehen lassen, um sein eigenes politisches Überleben zu retten und von den Korruptionsvorwürfen gegen ihn abzulenken. Nun hat die New York Times das und einiges mehr bestätigt.
Für alle, die es sehen wollten, war es von Anfang an offensichtlich. Ich habe mich beispielsweise schon sechs Tage nach dem Überfall der Hamas auf Israel festgelegt, dass der israelische Ministerpräsident Netanjahu davor gewarnt wurde, den Angriff aber geschehen ließ, weil er ihm den Grund für einen Krieg geliefert hat, den er brauchte, um sein – nicht nur politisches – Überleben zu sichern, denn 2023 wurde Israel von Protesten gegen Netanjahu beherrscht, weil der eine Justizreform durchdrücken wollte, die ihn vor den laufenden Ermittlungen wegen Korruption schützen würde.
Die New York Times hat das nun nicht nur bestätigt, sondern sogar berichtet, dass Netanjahu danach Protokolle verändern ließ, um zu vertuschen, dass er gewarnt worden war, und dass er stattdessen die Chefs der israelischen Geheim- und Sicherheitsdienste zu Sündenböcken machen wollte. […]
Und auch dass Netanjahus Ziel die Vernichtung oder Vertreibung der Palästinenser aus Gaza war und ist, wurde sehr schnell offensichtlich, denn weniger als vier Wochen nach dem Angriff der Hamas hat die israelische Regierung bereits Förderlizenzen für Gasfelder vergeben, die vor der Küste von Gaza liegen und damit eigentlich den Palästinensern gehören. […]
Die New York Times hat nun in einer sehr langen Recherche, die sie unter der Überschrift „Wie Netanjahu den Krieg in Gaza verlängert hat, um an der Macht zu bleiben“ veröffentlicht hat, ausführlich aufgezeigt und bestätigt, dass Netanjahu lange vorher vor dem Angriff der Hamas gewarnt wurde, dass er den Angriff trotzdem geschehen ließ und ihn als Versagen der Geheim- und Sicherheitsdienste darstellen wollte. Danach war es Netanjahus Interesse […], den Krieg um jeden Preis weiterzuführen, um die Israelis im Kampf gegen den äußeren Feind hinter sich zu vereinen und von seinem Verfahren wegen Korruption, das ihn ins Gefängnis bringen kann, abzulenken.
Und wenn es ihm gelingt, die Palästinenser aus Gaza und dem Westjordanland zu vertreiben und damit ein Großisrael zu schaffen, wird Netanjahu in Israel zu einem Nationalhelden, der keine Strafe wegen Korruption mehr zu fürchten hat.
Die New York Times hat dazu noch zwei weitere Artikel veröffentlicht, einer erschien unter der Überschrift „Netanjahus Krieg“ und der zweite war eine Zusammenfassung der Recherche. Ich habe diese Zusammenfassung übersetzt, weil die Recherche selbst zu lang ist, um sie komplett zu übersetzen. Aber für alle Interessierten ist sie ausgesprochen lesenswert. […]
Die Erkenntnisse aus der Recherche der New York Times zu Benjamin Netanjahu
Die Verlängerung des Gaza-Krieges half dem israelischen Premierminister, eine politische Abrechnung zu verhindern.
Für diesen Artikel haben die Reporter mit mehr als 110 Beamten in Israel, den USA und der arabischen Welt gesprochen und zahlreiche Dokumente, darunter Sitzungsprotokolle, Kriegspläne und Gerichtsakten geprüft.