Hintergründe der Signa-Pleite

Von Peter Schwarz – 1. Dezember 2023

Es bedürfte eines Schriftstellers vom Range eines Balzacs oder Thomas Manns, um den Aufstieg und Fall des Immobilienspekulanten René Benko zu schildern, dessen Signa-Holding am Mittwoch Insolvenz anmeldete. Benko ist das Produkt und die Verkörperung einer kranken Gesellschaft, in der Profit und Reichtum alles gelten, das Schicksal und selbst das Leben einfacher Menschen dagegen nichts.

Es handelt sich um die größte Pleite in der Geschichte Österreichs. Benkos wirtschaftliche Aktivitäten beschränkten sich aber nicht auf das Alpenland. Er war weltweit und vor allem in Deutschland im Geschäft. Sein Absturz könnte ein Erdbeben auslösen.

Zehntausende Arbeitsplätze sind in Gefahr – in Kaufhausketten wie Galeria (Kaufhof und Karstadt), Globus und Selfridges, die sich Signa einverleibt hat, und in der Bauindustrie, wo stillstehende Großbaustellen und ausbleibende Zahlungen zahlreiche Firmen gefährden. 2022 arbeiteten weltweit rund 40.000 Personen in Unternehmen, die Signa gehörten. Innenstädte drohen zu veröden, falls die riesigen Immobilien der Holding leer bleiben.

Auch einige der 120 Banken, die Benko in der Hoffnung auf raschen Profit ihr Geld anvertrauten, könnten ins Schleudern geraten. JPMorgan schätzt, dass Signa seinen Kreditgebern insgesamt mindestens 13 Milliarden Euro schuldet. Bei der Schweizer Privatbank Julius Bär steht die Holding mit mehr als 600 Millionen Franken in der Kreide, bei der österreichischen Raiffeisen Bank International mit 750 Millionen Euro. Auch die Schweizer USB, die französische Natixis, die italienische UniCredit, die Bank of China sowie mehrere deutsche Landesbanken sind mit dreistelligen Millionensummen betroffen.

Im Immobiliensektor droht eine Kettenreaktion. Benko war nicht der einzige, der die Kombination aus niedrigen Zinsen und steigenden Immobilienpreisen nutzte, um ein Vermögen anzuhäufen. Er war nur forscher und skrupelloser als andere. Die Erhöhung der Zinsen und der damit einhergehende Rückgang der Immobilienpreise haben diesem Modell den Boden entzogen. Nach der Signa-Pleite wird es für Immobilienkonzerne zudem schwerer, neue Kredite zu erhalten.

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