Von Andre Damon – 15. Juli 2025
„Vielleicht ist dies der letzte Sommer in Frieden“, sagte der reaktionäre deutsche Historiker Sönke Neitzel im März im deutschen Fernsehn. Diese Aussage wird derzeit in den Medien wieder breit diskutiert.
Neitzel äußerte sie nicht als Warnung vor einer Katastrophe, die es abzuwenden gilt, sondern als militaristisches Argument für eine Beschleunigung der deutschen Aufrüstung, insbesondere der Vorbereitung auf einen Krieg mit Russland.
Deutschland müsse die Bedeutung von „Soldatenkulturen“ wieder erkennen, forderte Neitzel damals in einem Interview mit der taz. Als Beispiel dafür führte er die Armee Adolf Hitlers an: Die Wehrmacht habe verstanden, wie wichtig „Soldatenkulturen“ seien. Sie habe den Soldaten „Identität, Kohäsion und Motivation“ vermittelt, „mit Liedern, mit Uniformen, mit Auszeichnungen, mit Abzeichen (…)“.
Achtzig Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erinnert Neitzels Erklärung vom „letzten Sommer in Frieden“ an den Ton der imperialistischen Agitation vor dem Ersten und Zweiten Weltkrieg. Der preußische General Friedrich von Bernhardi argumentierte 1912 in seiner berüchtigten Abhandlung „Deutschland und der nächste Krieg“, dass Krieg „eine biologische Notwendigkeit“ und der Motor des menschlichen Fortschritts sei. Bernhardi zufolge, war Krieg in Europa „unvermeidlich“.
Bernhardi versuchte, die konkreten, räuberischen Absichten des deutschen Imperialismus, der danach zweimal Europa zu erobern versuchte, mit Allgemeinplätzen über den Krieg als Bedingung der Menschheit zu bemänteln. Er gab damit einer Kriegsstimmung Ausdruck, die vor dem Ausbruch des Weltbrandes in den herrschenden Kreisen Europa vorherrschte. Der Erste Weltkrieg kostete dann 15 bis 24 Millionen Menschen das Leben.
Ähnlich verhält es sich mit Neitzel, dessen Rede vom „letzten Friedenssommer“ die blutrünstigen Pläne aller imperialistischen Mächte zum Ausdruck bringt.
Zunächst muss gefragt werden: Wenn das heute „Frieden“ ist, wie sieht dann der Krieg aus? Israel liquidiert gerade mit Unterstützung der USA und der europäischen Mächte das palästinensische Volk; in Europa tobt der größte Landkrieg seit dem Zweiten Weltkrieg; erst vor wenigen Tagen hat US-Präsident Donald Trump den Iran bombardiert.