Von Jens Berger – 14. August 2025
Kurz vor dem Gipfeltreffen zwischen den USA und Russland in Alaska dreht der Berliner Hauptstadtjournalismus noch einmal so richtig auf. Die eigene Deutungshoheit in der Ukrainepolitik befindet sich im freien Fall und man sieht seine Felle davonschwimmen. Nun übt man sich auch noch in Küchenpsychologie und feiert Merz’ „Krisendiplomatie“. Das lädt zum Fremdschämen ein. Einen besonders grotesken Tiefpunkt setzt dabei einmal mehr der Spiegel, bei dem die Grenzen zwischen Satire und wahrscheinlich sogar ernst gemeinten Leitartikeln immer mehr verwischen.
„Mark Rutte weiß, wie Donald Trump tickt. Der NATO-Generalsekretär hat Erfahrung darin, Botschaften so zu verpacken, dass der US-Präsident sie versteht. Schlicht müssen sie sein, gern auch schmeichelhaft.“ – wenn ein Artikel bereits so beginnt, kann es sich doch eigentlich nur um Satire handeln. Oder? Für Leser, die nicht so im Thema sind: Was der Spiegel hier zwischen den Zeilen als Ruttes „Verhandlungsgeschick“ bezeichnet, bezeichnete Martin Sonneborn treffender als „astreine Arschkriecherei“. Rutte hatte im „Streit“ um die 5-Prozent-Rüstungsausgaben-Regelung der NATO nicht nur verbal, sondern auch inhaltlich den Kotau vor Donald Trump gemacht und dessen absurde Maximalforderung einfach adaptiert und ihm in Großbuchstaben dann dazu gratuliert, wie toll er doch sei und wie doof die Europäer sind. Das, lieber Spiegel, ist keine Verhandlungstaktik, sondern eine völlig abstruse Unterwerfungsgeste. Überließen die Europäer Rutte die diplomatischen Verhandlungen mit Trump im Vorfeld des Alaska-Gipfels, käme am Ende wohl eine „Carte Blanche“ für Trump und ein Tweet heraus, wie großartig Trump doch die Europäer aus dem Spiel gedrängt habe.