Von Sabiene Jahn – 21. August 2025
Die Faktenlage vor dem 24. Februar 2022 scheint eindeutig: Waffenstillstandsberichte, gescheiterte Verträge, verhärtete Fronten. Doch unterhalb der Chronologie liegen Fragen, die bis heute ausgeklammert werden. Darf Moskau Artikel 51 der UN-Charta für sich reklamieren? Wer hat das Monopol, über die Existenz von Staaten zu entscheiden? Und was bedeutet es für die Weltordnung, wenn ein blockierter Sicherheitsrat Kriege weder verhindert noch beendet? Dieser Text wagt den Schritt über die reine Schuldfrage hinaus – und fragt, warum selbst das Völkerrecht das Töten nicht stoppt.
Die Chronologie „Die so andere Geschichte der Halbinsel Krim“, die Urs P. Gasche im Online-Blog „Infosperber“ am 18.08.2025 veröffentlicht hat, rückt eine für die westliche Lesart unbequeme Wahrheit in den Vordergrund: Nicht Russland hat sich die Krim 2014 mit Gewalt einverleibt, sondern die Ukraine hatte bereits seit 1991 mit allen Mitteln versucht, sich diese gegen den erklärten Willen der dortigen Bevölkerung anzueignen. Zahlreiche Referenden, Abstimmungen und Parlamentsbeschlüsse auf der Krim zeugen davon, dass die Mehrheit der Krimbevölkerung stets für einen Sonderstatus, eine enge Anbindung an Russland oder gar für den Austritt aus der Ukraine votierte. Doch Kiew ignorierte diese Willensbekundungen, drohte mit Gewalt, setzte Präsidenten ab, löste Parlamente auf und verhinderte mit juristischen Kniffen jedes Referendum, das eine Loslösung von der Ukraine erlaubt hätte. Die angewandten Mittel folgten stets demselben Muster: Juristische Annullierungen, polizeiliche und militärische Eingriffe, Androhung von Strafverfolgung wegen „Separatismus“ und die schrittweise Aushöhlung der Autonomierechte der Krim. 1995 gipfelte dies in einer regelrechten militärischen Operation: Bewaffnete Einheiten des ukrainischen Innenministeriums entwaffneten die Sicherheitskräfte des gewählten Krim-Präsidenten Juri Meschkow und deportierten ihn nach Moskau – ein von Kiew organisierter Putsch, der in westlichen Medien bis heute kaum thematisiert wird.