Von Peter Schwarz – 4. November 2025
Diesen Vortrag hielt Peter Schwarz, Mitglied der internationalen Redaktion der WSWS, am 2. November auf einer Veranstaltung des Mehring Verlags im Rahmen der Linken Literaturmesse Nürnberg.
Die Stadt Nürnberg hatte vorher gedroht, die Veranstaltung zu verbieten, wenn die Bezeichnung des israelischen Vorgehens in Gaza als „Völkermord“ und die Verurteilung der Kriegspolitik der Bundesregierung nicht aus dem Ankündigungstext entfernt werden. Der Mehring Verlag protestierte dagegen mit einem Flugblatt, das er an alle Messe-Besucher verteilte. Die Resonanz war überwältigend. Rund 120 Besucher drängten sich im völlig überfüllten Kinosaal, um sich den Vortrag anzuhören und gegen die Zensur zu protestieren. Auch die Verlage der Buchmesse verabschiedeten einstimmig eine Resolution gegen die Zensur.
Vor 80 Jahren, am 20. November 1945, begann im Nürnberger Justizpalast nur drei Kilometer von hier entfernt der Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher des Nationalsozialismus. Führende Politiker, Militärs und Funktionäre des Nazi-Regimes standen wegen Verbrechen gegen den Frieden (wegen der Planung und Durchführung eines Angriffskriegs), wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und wegen Kriegsverbrechen vor dem eigens dafür geschaffenen Internationalen Militärgerichtshof.
Der Prozess betrat juristisches Neuland: der Grundsatz „Nulla poena sine lege“, der besagt, dass eine Tat nur dann bestraft werden darf, wenn ihre Strafbarkeit zum Zeitpunkt der Tat bereits gesetzlich festgelegt war, wurde teilweise außer Kraft gesetzt. Aber dies schien angesichts der Dimension der Verbrechen, die die Nazis begangen hatten, unausweichlich.
Die Prozesse sollten diese Verbrechen vor der Weltöffentlichkeit entlarven und sicherstellen, dass etwas Vergleichbares nie wieder geschieht. Wichtige Prinzipien des Völkerstrafrechts, die später in der UN-Charta und im Völkerrecht verankert wurden, gehen auf die Nürnberger Prozesse zurück.
Auf der Erinnerungstafel, die heute vor dem Gerichtssaal steht, steht geschrieben:
In Nürnberg wurde mit dem Internationalen Militärgerichtshof erstmals die Idee eines ‚Weltstrafgerichtshofs‘ umgesetzt. Die damals entwickelten Grundsätze wurden als ‚Nürnberger Prinzipien‘ zur Grundlage der modernen Völkerstrafgerichtsbarkeit. Doch erst mit dem Rom-Statut von 1998 und dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag erfüllte sich die Forderung nach einer dauerhaften Rechtsinstanz des Völkerstrafrechts …