Interview: Michael Holmes – 1. November 2025
Michael Lüders hat Politik und Islamwissenschaften in Berlin und Damaskus studiert, war viele Jahre Nahost-Korrespondent für Die Zeit und gehört heute dem erweiterten Vorstand des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) an. Im Interview spricht er über sein neues Buch „Drecksarbeit: Israel, Amerika und der imperiale Größenwahn“ – und über Israels Angriffskriege gegen den Iran, Palästina, Syrien, Libanon, den Irak, Jemen und Katar. Lüders erklärt, wie Israel und die USA mit Kriegen, Sanktionen und Regimewechseln ihre Macht in der Region sichern, warum Deutschland diese Politik stützt und welche Folgen ein neuer Krieg gegen den Iran hätte – für die gesamte Region und weit darüber hinaus. Das Gespräch führte Michael Holmes.
Michael Holmes: Herr Lüders, heute sprechen wir über Ihr neues Buch. Es heißt „Drecksarbeit: Israel, Amerika und der imperiale Größenwahn“. Es geht auch viel um Deutschland und Israel – und nicht nur um Gaza und Palästina, sondern um die ganze Region und darum, was Israel dort macht.
Ich muss Sie zunächst aber trotzdem zu den jüngsten Ereignissen fragen, nämlich dem Waffenstillstand in Gaza. Danach kommen wir dann zu Iran, Libanon, Syrien, Jemen, Katar und vielleicht auch der Westbank, die gerne vergessen wird. Zunächst, was halten Sie von diesem Waffenstillstand in Gaza? Ist das ein Grund zur Hoffnung? […]
Michael Lüders: […] Nun also zu Ihrer Frage, Herr Holmes. Der Waffenstillstand – grundsätzlich ist es natürlich gut, wenn die Waffen schweigen und wenn Menschen nicht getötet werden. Allerdings sterben sie ja im Gazastreifen auch weiterhin. Der Trick der israelischen Regierung ist, dass man sozusagen Low-Profile-Killings macht, also unterhalb der Wahrnehmungsschwelle, zumindest in den hiesigen Medien. Allein in den ersten acht Tagen nach Verkündigung dieser Waffenpause sind mehr als 120 Palästinenser im Gazastreifen von israelischer Seite getötet worden. Dieser Waffenstillstand ist ein brüchiger. Wie gesagt: Dass die Waffen schweigen, ist für sich genommen eine gute Sache. Daran gibt es jetzt nichts auszusetzen. Aber der Friedensplan von Donald Trump sieht ja nicht vor, ein Fahrplan zu sein mit Blick auf die Gründung eines palästinensischen Staates, sondern es ist im Grunde genommen der Versuch, ein Protektorat zu errichten unter amerikanischer Aufsicht, unter Einbeziehung regionaler Staaten, wenn das gelingt. Aber es ist nirgendwo die Perspektive gegeben für einen palästinensischen Staat.