Von Jens Berger – 23. Oktober 2025
Wer nur die Meldungen der Tagesschau zum drohenden Produktionsstopp beim Automobilkonzern VW verfolgt, könnte glatt denken, die deutsche Automobilindustrie sei Opfer einer willkürlichen chinesischen Handelspolitik. Doch wer den Wirtschafts- und Politthriller um den niederländischen Chiphersteller Nexperia aufmerksamer verfolgt, muss zu anderen Schlüssen kommen. Die Krise ist eine direkte Folge des US-Wirtschaftskrieges gegen China und gegen die EU. Allen voran die niederländische Regierung erweist sich dabei einmal mehr als Trojanisches Pferd der USA innerhalb der EU. Mittel- bis langfristig ist nicht die chinesische, sondern die deutsche Industrie das Opfer dieses Wirtschaftskrieges.
Der Schutz des Eigentums genießt nicht nur im deutschen Grundgesetz, sondern auch im Regelwerk der Welthandelsorganisation WTO eine elementare Rolle. Und dies ist verständlich, sind doch internationale Investitionen ohne verbindliche Spielregeln kaum vorstellbar. In unserem Selbstverständnis sind wir Europäer freilich Musterknaben bei der Einhaltung dieser Regeln. Doch dies ist ein Mythos, der sehr weit entfernt von der Realität ist, wie nicht zuletzt in den letzten Wochen die Affäre um den Chiphersteller Nexperia zeigt.
Nexperia ist eine Ausgliederung des namhaften niederländischen Philips-Konzerns. Das Unternehmen mit Sitz in Nijmegen und Produktionsstätten in Asien, Europa – u.a. in Hamburg – und den USA ist heute Weltmarktführer bei der Produktion technisch einfacher Halbleiterbauelemente, die in unzähligen elektronischen Geräten, aber auch zuhauf in modernen Autos zum Einsatz kommen. Laut Branchenschätzungen stecken rund 500 Bauelemente von Nexperia in jedem Auto, das heute in Deutschland vom Band läuft. Weltweit hat das Unternehmen einen Marktanteil von 40 Prozent bei Standardchips für die Automobilindustrie. Nexperia stellt pro Jahr über 100 Milliarden dieser Halbleiter her. Das klingt zwar gewaltig, aber das Geschäft mit derlei Massenware ist offenbar nicht sonderlich margenstark, weshalb europäische Chiphersteller das Feld der Konkurrenz aus China überlassen haben.