Von Samuel Charap/Jeremy Shapiro (kommentiert von Thomas Röper) – 7. Oktober 2025
Das Council on Foreign Relations hat einen Artikel veröffentlicht, der „eine schnelle Lösung für die Ukraine“ vorschlägt. Interessant ist, wer den Artikel geschrieben hat, der tatsächlich einen realistischen Weg zu Beendigung des Krieges vorschlägt. Aber diese Lösung dürfte an den Europäern scheitern.
Stammleser des Anti-Spiegel erinnern sich, dass ich 2023 sehr ausführlich über ein Papier der RAND-Corporation und darüber berichtet habe, wie dieses Papier im Laufe des Jahres 2023 schrittweise umgesetzt wurde. Das Ergebnis war die Einstellung der US-amerikanischen Ukraine-Hilfen Ende 2023, die erst 2024, wenn auch in weitaus geringerem Umfang, wieder aufgenommen wurden. Schon damals zeichnete sich ab, dass wichtige Kräfte in den USA sich aus dem Konflikt zurückziehen und ihn – inklusive der Kosten und Risiken – bei den Europäern abladen wollten.
Trump hat das dann nach seinem Amtsantritt Anfang 2025 schnell und mit der Brechstange durchgesetzt, aber das wäre ohne die Vorbereitung kaum so schnell möglich gewesen, denn sowohl Medien und als Politiker haben die europäische Öffentlichkeit schon ab Ende 2023 schrittweise darauf vorbereitet, dass die Europäer „mehr Verantwortung“ übernehmen müssten – weshalb der Schock der europäischen Öffentlichkeit darüber, als es dann Realität geworden ist, weitgehend ausblieb.
Der Autor des RAND-Papiers war Samuel Charap, einer der einflussreichen Berater in den USA. Wie einflussreich er ist, konnte man beispielsweise im Dezember 2023 sehen, als er zum „Russlanddinner“ des deutschen Botschafters in Washington eingeladen wurde, bei dem es um genau das RAND-Papier ging, das Charap Anfang 2023 darüber verfasst hatte, dass die USA in dem Krieg nichts gewinnen können und daher aus dem Ukraine-Abenteuer aussteigen sollten, was im Dezember 2023 fast umgesetzt war, weil die USA ihre Ukraine-Hilfen zu dem Zeitpunkt eingestellt hatten (und sie, wie gesagt, erst 2024 wieder in geringerem Umfang aufgenommen haben, bis Trump sie endgültig beendet hat).
Nun hat Charap wieder einen interessanten Artikel verfasst, dieses Mal für das Council on Foreign Relations, einen der mächtigsten Thinktanks der USA. Ich übersetze Charaps Artikel und werde anschließend noch einige Anmerkungen machen. […]
Eine schnelle Lösung für die Ukraine
Wie man Sicherheitsgarantien formuliert, die Kiew – und Moskau – glaubwürdig finden
Samuel Charap und Jeremy Shapiro
In ihren Diskussionen über die Beendigung des Krieges in der Ukraine konzentrieren sich Amerikaner und Europäer zunehmend darauf, Kiew Sicherheitsgarantien zu geben. Nach über einem Jahrzehnt Konflikt mit Russland, darunter vier Jahre totalen Krieges, traut die Ukraine Moskau verständlicherweise nicht zu, sich an einen Waffenstillstand zu halten. Bevor Kiew einen unterzeichnet, verlangt es von seinen wichtigsten Partnern die Zusicherung, dass die Ukraine im Falle eines erneuten russischen Angriffs nicht allein gelassen wird.
Um dieser Forderung nachzukommen, haben einige Verbündete vorgeschlagen, der Ukraine Zusicherungen nach dem Vorbild von Artikel 5 der NATO zu geben, der besagt, dass ein Angriff auf ein NATO-Land ein Angriff auf alle ist. Andere empfahlen die Stationierung europäischer Truppen im Land, um solchen Zusicherungen Nachdruck zu verleihen. Doch diesen Vorschlägen mangelt es an Glaubwürdigkeit. Die NATO-Verbündeten haben sich standhaft geweigert, direkt in den aktuellen Krieg einzugreifen. Daher ist jedes Versprechen, Russland in einem neuen Krieg zu bekämpfen, schlichtweg unglaubwürdig. Der Kreml weiß das besser als jeder andere, und solche Bluffs werden ihn nicht abschrecken.