Die Software „Palantir“: Der „sehende Stein“ des Überwachungszeitalters

Von Detlef Koch – 4. August 2025

Wenn wir nicht eingreifen, könnte durch Werkzeuge wie die Software Palantir in nicht allzu ferner Zukunft eine automatisierte Sicherheitsarchitektur jeden Menschen unbemerkt erfassen – lückenlos, dauerhaft, ohne Widerspruchsmöglichkeit. Wer zur falschen Zeit am falschen Ort ist oder statistisch „abweicht“, wird zum Verdachtsfall. Jeder Verdacht wird zur Vorverurteilung und Unauffälligkeit wird zur Überlebensstrategie. Der Einsatz von Palantir muss darum strikt begrenzt, gesetzlich reguliert und unter echte, unabhängige Kontrolle gestellt werden.

Blicken wir zunächst in Tolkiens Herr der Ringe: Dort sind die Palantíri (Singular: Palantír) magische Seh-Steine, mit denen man über große Entfernungen kommunizieren und ferne Ereignisse beobachten kann. Diese allsehenden Kugeln verleihen Wissen und Macht, bergen aber auch Gefahren: Sie zeigen nur selektive Wahrheiten und können vom Bösen missbraucht werden. Sauron etwa nutzt einen Palantír, um andere in die Irre zu führen und geistig zu unterwerfen. Tolkiens Lehre: Technik, die unkontrollierte Sicht gewährt, wird gefährlich, wenn Machthunger ins Spiel kommt.

Dass sich ein modernes Überwachungsunternehmen aus dem Silicon Valley ausgerechnet Palantir nennt, ist also eine bewusste Provokation. Es suggeriert eine Vision grenzenloser Einsicht und Kontrolle über Informationen – mitsamt den ethischen Fragen, die Tolkien mit den Palantíri verknüpft hat.

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