Interview: Éva Péli – 2. Juni 2025
General a. D. Harald Kujat warnt vor den weitreichenden Folgen der Drohnenangriffe auf russische Bomber am Sonntag. Er bezeichnet die Attacke als „höchst riskantes Spiel“, das den Krieg ausweiten könnte. Kujat beleuchtet im Interview die militärische Bedeutung, mögliche westliche Beteiligung und die Eskalationsgefahr, die trotz laufender Verhandlungen weiter besteht. Das Interview mit Harald Kujat führte Éva Péli.
Éva Péli: Herr General Kujat, wie schätzen Sie den Angriff der ukrainischen Drohnen auf die russische strategische Bomberflotte ein?
General a. D. Harald Kujat: Der ukrainische Angriff unterscheidet sich von den Drohnenangriffen der letzten Zeit. Es ist zweifellos ein gelungener „Coup“ der Ukraine. Trotz der offensichtlichen Erfolge hat dieser Angriff keine nennenswerten Auswirkungen auf die Lage an der Front oder die Verteidigung der Ukraine gegen russische Luftangriffe, auch wenn der Eindruck erweckt werden soll, dies sei der Fall. Tatsächlich spitzt sich die militärische Lage der Ukraine zunehmend zu.
Die Angriffe richteten sich gegen die interkontinental-strategische Bomberflotte Russlands. Es ist noch unklar, wie viele Flugzeuge zerstört wurden und um welche Typen es sich genau handelt. Zwar werden – abhängig von der Zahl der tatsächlich zerstörten Flugzeuge – die Möglichkeiten Russlands, Marschflugkörper gegen die Ukraine einzusetzen, etwas einschränkt, aber dieser Effekt hat keine strategischen Auswirkungen.
Warum macht die Ukraine das?
Dies ist nicht der erste Angriff auf die strategische Bomberflotte von Russland. Bereits zuvor gab es Angriffe auf die Basis in Engels bei Saratow. Zudem wurden zwei Angriffe auf das russische Frühwarnsystem verübt, was eine destabilisierende Wirkung auf das strategische Verhältnis der beiden Supermächte auslösen könnte.
Da diese Angriffe die militärische Lage in der Ukraine nicht beeinflussen, muss man sich fragen, was ihr eigentlicher Zweck ist. Ich kenne nicht die Ziele der ukrainischen Führung, aber es liegt nahe, dass man versucht, den Krieg auszuweiten, indem eine scharfe russische Reaktion provoziert wird, die ein Eingreifen des Westens zur Folge hat. Das wäre eine sehr gefährliche Entwicklung.
Bei der Bewertung dieser Angriffe wird oft übersehen, dass sich in unmittelbarer Nähe der Flugplätze der strategischen Bomberflotte auch Nuklearwaffenlager befinden. Obwohl diese stark geschützt sind, besteht immer das Risiko, dass eine Drohne fehlgeleitet wird und ein solches Lager trifft. Jeder kann sich ausrechnen, welche Folgen dies hätte. Insofern ist dies ein höchst riskantes Spiel, das hier betrieben wird.