Chinageschäft im Wirtschaftskrieg

Von German-Foreign-Policy.com – 12. April 2024

Kanzler Scholz reist nach China, um über das deutsche Chinageschäft unter den Bedingungen des sich verschärfenden Wirtschaftskriegs zu verhandeln. Der Kampf um Marktanteile bei Technologien der Klimawende spitzt sich zu.

Die Vorbereitung von EU-Strafzöllen gegen Exporte aus China überschattet die kurz bevorstehende Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz in die Volksrepublik. Scholz wird dort am Wochenende zu einem mehrtägigen Besuch erwartet, der ihn zunächst zu Standorten deutscher Unternehmen in den Millionenmetropolen Chongqing und Shanghai, anschließend zu Gesprächen mit Präsident Xi Jinping sowie Ministerpräsident Li Qiang nach Beijing führen wird. Zentrales Gesprächsthema ist die Zukunft des deutschen Chinageschäfts unter den Bedingungen des sich rasant verschärfenden Wirtschaftskriegs zwischen dem Westen und der Volksrepublik. Das betrifft sowohl die zuletzt auf Rekordhöhe gestiegenen deutschen Investitionen in der Volksrepublik als auch die aktuell boomenden chinesischen Exporte vor allem bei Technologien der Klimawende, die die Marktpositionen auch deutscher Unternehmen bedrohen – so etwa bei Windkraftanlagen und Elektroautos. Zunehmend stellt sich die Frage, welche Weltmarktanteile Deutschland (84 Millionen Einwohner) und China (1,4 Milliarden Einwohner) in Zukunft halten sollen. Parallel baut die Bundeswehr ihre gegen China gerichtete Präsenz in der Asien-Pazifik-Region aus.

[Hier weiterlesen]

Gefahr eines Kriegs zwischen Israel und Iran wächst angesichts der neuen Offensiven in Gaza

Von Thomas Scripps – 12. April 2024

Am Donnerstag haben die Spannungen zwischen Israel und dem Iran einen neuen Höhepunkt erreicht, nachdem die USA vor einem „unmittelbar bevorstehenden“ Angriff Teherans gewarnt hatten. Das iranische Regime hat seit dem israelischen Bombenangriff auf seine Botschaft in Syrien Anfang April, bei dem hochrangige Mitglieder des iranischen Militärs getötet worden waren, mit Vergeltung gedroht.

Der israelische Außenminister Israel Katz drohte am Donnerstag: „Wenn der Iran von seinem Staatsgebiet aus angreift, wird Israel reagieren und den Iran angreifen.“

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erklärte in einer Rede vor Soldaten auf dem Luftwaffenstützpunkt Tel Nof: „Wir befinden uns in schwierigen Zeiten. Wir sind mitten in einem Krieg in Gaza, der mit voller Wucht weitergeht. Darüber hinaus setzen wir unsere unermüdlichen Bemühungen für die Rückkehr unserer Geiseln fort, bereiten uns aber auch auf Herausforderungen an anderen Fronten vor.“

„Wir haben ein einfaches Prinzip etabliert: Wer uns angreift, den greifen wir an. Wir sind bereit, unserer Verantwortung für Israels Sicherheit gerecht zu werden, bei der Verteidigung und beim Angriff.“

Laut israelischen Nachrichtensendern hat die Luftwaffe des Landes vor kurzem gemeinsam mit Zypern bei Militärübungen „einen Angriff auf den Iran simuliert.“ Die Israelischen Verteidigungskräfte sind in höchster Alarmbereitschaft, der Wochenendurlaub wurde gestrichen und das Heer hat zusätzliche Reservisten für die Luftabwehr einberufen.

Der ranghöchste US-General, Erik Kurilla, traf in Israel zu Gesprächen mit Verteidigungsminister Yoav Gallant ein, dem US-Außenminister Antony Blinken am Mittwochabend in einem Telefonat die uneingeschränkte Unterstützung Washingtons für Israel bei einem Konflikt mit dem Iran zugesichert hatte. Präsident Joe Biden hatte zuvor am selben Tag bei einer Pressekonferenz erklärt: „Wie ich Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bereits erklärt habe, ist unser Eintreten für Israels Sicherheit gegen diese Bedrohung durch den Iran und seine Stellvertreter eisern, eisern.“

Der republikanische Senator Marco Rubio, ein Mitglied des Geheimdienstausschusses, beschrieb die Lage als „die gefährlichste im Nahen Osten seit 1973“ und warnte: „Der Iran will von seinem eigenen Staatsgebiet aus einen Großangriff auf Israel starten. Israel wird darauf sofort mit einem noch härteren Gegenangriff im Iran reagieren.“

Während die USA und die europäischen Mächte den Iran drängen, auf solche Provokationen [nicht] zu reagieren, fordern sie von Teheran eine „Zurückhaltung“, die sie von ihrem Verbündeten Israel niemals erwarten würden. Der amerikanische Nahost-Beauftragte Brett McGurk wies die Außenminister von Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Katar und dem Irak an, mit Teheran zu sprechen und die Regierung zum Nachgeben zu drängen. […]

Tatsächlich sind es jedoch die imperialistischen Mächte, die ständig und vorsätzlich die Eskalation vorangetrieben haben. Sie haben Israel Waffen geliefert und diplomatische wie militärische Unterstützung zugesagt, um einen Völkermord in Gaza zu verüben und dreiste Angriffe auf seine Gegner im Libanon und Syrien zu führen. Letzten Dezember erklärte Gallant, Israel führe einen „Mehrfrontenkrieg“ an „sieben Schauplätzen.“

[Hier weiterlesen]

„Das Evangelium“. Welche Kriegsziele verfolgt Israel?

Von Michael Lüders – 11. April 2024

.. Aus aktuellem Anlass wollen wir uns einmal mehr der Situation im Nahen Osten zuwenden zu. Beginn des Monats April 2024 machte die Tötung von sieben Mitarbeitern eines amerikanischen Hilfswerkes, World Food Kitchen Furore. Drei Fahrzeuge mit Führungspersonal wurden nacheinander bombardiert. War es ein Irrtum? War es Absicht? Fakt ist, dass zwischen den einzelnen Angriffen eine gewisse Zeit verging. Wär es ein Irrtum gewesen, hätte man wahrscheinlich nach dem ersten Angriff die Sache korrigieren können. Am Ende jedenfalls waren sieben Menschen tot. Es sind seither, seit Beginn des Krieges im Gazastreifen schon mehr als 100 palästinensische Helfer getötet worden, aber nun waren es Ausländer, das hat natürlich dann noch mal die Emotionen zusätzlich angeheizt, umso mehr, als in den USA die Kritik wächst am Vorgehen der israelischen Armee, der dortigen Kriegsführung mit so vielen zivilen Opfern im Gazastreifen. Die Verantwortlichen sollen angeblich zur Rechenschaft gezogen werden, aber wahrscheinlich muss man davon ausgehen, dass es sich eher um eine optische Maßnahme handelt, denn es ist ja nicht ein Einzelfall gewesen, tragischerweise, der sich nun ereignet hat in der Hitze des Gefechtes. Man muss sich immer vor Augen führen, dass das Aushungern der Zivilisten im Gazastreifen Teil ist der israelischen Kriegsstrategie. Yoav Galant, der israelische Verteidigungsminister hat es am 9. Oktober sehr klar benannt, er gab nämlich zu Protokoll (Zitat): Wir werden von nun an den Gazastreifen vollständig belagern und abriegeln, es wird kein Strom mehr geben, kein Essen kein, Wasser, keinen Brennstoff, alles wird heruntergefahren, wir bekämpfen menschliche Tiere und wir handeln entsprechend.“ Soweit Yoav Galant, der israelische Verteidigungsminister und die Folgen sind natürlich gravierend. Sie haben gehört vom Hunger im Gazastreifen. Schauen wir uns das mal näher an.

[Zum YouTube-Video des Vortrags]

Selensky fabuliert in der Bild über eine neue ukrainische Gegenoffensive

Von Thomas Röper – 11. April 2024

Selensky, dessen Armee sich überall auf dem Rückzug befindet, verspricht in der Bild-Zeitung eine neue Offensive. Natürlich nur, wenn er dafür neue Waffen bekommt.

Die ukrainische Armee ist geschlagen, ihr geht die Munition und vor allem die Soldaten aus. Inzwischen wird in der Ukraine sogar die Einberufung von Frauen gefordert, um die Verluste auszugleichen.

Trotz der desolaten Lage an der Front fabuliert der ukrainische Präsident in einem Interview mit der Bild-Zeitung von einer neuen Gegenoffensive, allerdings nur, wenn der Westen die Waffen liefert:

„Ja, wir haben einen Plan für eine Gegenoffensive. […] Ja, Russland hat mehr Leute, mehr Waffen. Aber die modernen Waffensysteme hat der vereinte Westen. Deshalb werden wir bestimmte Technologien bekommen. Und wenn wir die Produktion weiter steigern, wenn wir Lizenzen von unseren Partnern bekommen, dann geht es nicht um die Zahl der Menschen. Es geht um die Qualität der Waffen.“

Steht eine Schlacht um Charkow bevor?

Natürlich dürfte Selensky selbst nicht ernsthaft an eine anstehende Gegenoffensive glauben, zu verzweifelt versucht die Ukraine derzeit ihre Verteidigungslinien zu halten. Und auch dass die Ukraine in aller Eile Verteidigungslinien um Kiew baut, spricht nicht für ernsthafte ukrainische Pläne für eine Offensive.

Die Ukraine versucht alles, um vom Westen neue Waffen und vor allem Munition zu bekommen. Auch die Meldungen, die es fast täglich aus dem Pentagon darüber gibt, dass die Ukraine ohne neue US-amerikanische Waffen den Krieg verliert, sind kein Zeichen für eine überraschende Ehrlichkeit in Washington, sondern müssen vor dem Hintergrund des innenpolitischen Streits über die Freigabe der 60 Milliarden Dollar Ukraine-Hilfen gesehen werden.

Tatsächlich mehren sich die Anzeichen für eine russische Offensive. Russland scheint mit dem intensiven Beschuss ukrainischer Stromkraftwerke dafür den Boden zu bereiten. Vor allem Charkow dürfte dabei ein Ziel sein, denn aus dem Gebiet lässt die Ukraine immer wieder die russischen Grenzregionen Belgorod und Kursk angreifen.

Die Anzeichen dafür sind so deutlich, dass die ukrainische Propaganda erklärt hat, die russische Offensive auf Charkow sei „ein Gerücht, das Moskau verbreitet, um Panik zu schüren“. Allerdings lässt die Ukraine immer mehr Ortschaften in der Region evakuieren, weil sie einen russischen Vormarsch fürchtet.

[Hier weiterlesen]

Deutschland muss sich wegen Beihilfe zum Genozid in Gaza verantworten

Von Peter Schwarz – 11. April 2024

79 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, in dem die Nazis sechs Millionen Juden ermordeten, steht Deutschland erneut wegen Beihilfe zum Völkermord vor dem höchsten internationalen Gericht. Am 8. und 9. April verhandelte der Internationale Gerichtshof in Den Haag über eine Klage Nicaraguas, das der deutschen Regierung vorwirft, gegen die UN-Völkermordkonvention und andere internationale Vereinbarungen zu verstoßen, die Deutschland unterzeichnet hat.

Obwohl sie rechtlich dazu verpflichtet sei, habe die deutsche Regierung nichts unternommen, um einen Genozid im Gazastreifen zu verhindern, heißt es in der Klage. Stattdessen stelle sie Israel Hilfe, einschließlich militärischer Ausrüstung, zur Verfügung, die bei der Begehung eines Völkermords verwendet werde. Sie weigere sich, Personen anzuklagen und zu bestrafen, die schwerwiegende Verbrechen gegen das Völkerrecht begingen. Und in einer weiteren Verletzung ihrer Verpflichtungen aus dem humanitären Völkerrecht habe sie die finanzielle Unterstützung für das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA eingestellt.

Nicaragua verlangt, dass der IGH Deutschland verurteilt und außerdem in einem Eilverfahren einen Stopp der deutschen Waffenlieferungen an Israel, eine Überprüfung, wo die Waffen eingesetzt wurden, und eine Fortsetzung der Hilfszahlungen an die UNRWA anordnet.

Die Beweise, die Nicaragua zur Untermauerung der Klage anführt, sind überwältigend und nicht zu widerlegen.

[Hier weiterlesen]

Während der Westen den Hunger in Afrika ignoriert, verschenkt Russland Getreide

Von Thomas Röper – 11. April 2024

In mehreren afrikanischen Ländern drohen akute Hungersnöte, aber der Westen hilft trotz voller Getreidespeicher nicht. Ganz anders Russland, das hunderttausende Tonnen Getreide kostenlos an afrikanische Länder geliefert hat.

Im Sommer 2022 haben die westlichen Medien wochenlang berichtet, Russland blockiere ukrainische Getreideexporte über das Schwarze Meer und setze so den weltweiten Hunger als Waffe ein, weil das ukrainische Getreide von den ärmsten Ländern der Welt so dringend gebraucht wird. Das ukrainische Getreide sei für die Dritte Welt bestimmt und die EU setzte sich angeblich dafür ein, dass die bösen Russen endlich erlauben, dass das ukrainische Getreide an die ärmsten Länder geliefert werden kann.

In der Folge wurde im Sommer 2022 das Getreideabkommen geschlossen und das ukrainische Getreide konnte über das Schwarze Meer exportiert werden. Die westlichen Medien haben dann schnell aufgehört, darüber zu berichten, denn es stellte sich heraus, dass das ukrainische Getreide gar nicht an die ärmsten Länder der Welt ging, sondern vor allem in die EU. Das konnte man auf der entsprechenden Seite der UNO nachlesen, aber das sollten die Menschen im Westen nicht erfahren.

Russland hat das Abkommen im Sommer 2023 verlassen, was die westlichen Medien nochmal für Desinformation genutzt haben, aber seitdem ist es in den westlichen Medien recht ruhig geworden, was die Frage von Getreidelieferungen an die hungernden Länder der Welt angeht. Der Grund dafür dürfte sein, dass sich am Hunger nichts geändert hat, dass der Westen aber immer noch nicht hilft.

[Hier weiterlesen]

Deutschland vor Gericht

Von German-Foreign-Poicy.com – 11. April 2024

Deutschland steht in Den Haag wegen möglicher Beihilfe zum Völkermord vor Gericht. Grund sind deutsche Waffenlieferungen an Israel, das sich wegen eines etwaigen Genozids im Gazastreifen verantworten muss.

Deutschland muss sich erstmals vor dem höchsten UN-Gericht wegen etwaiger Beihilfe zum Völkermord verantworten. Eine entsprechende Klage Nicaraguas hat zu Wochenbeginn zu öffentlichen Anhörungen vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag geführt. Managua wirft Berlin vor, Israel politisch wie auch mit Waffenlieferungen zu unterstützen, obwohl dessen Kriegführung im Gazastreifen gegenwärtig vom Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag auf einen möglichen genozidalen Charakter untersucht wird. Der IGH erkennt zumindest plausible Anhaltspunkte für einen Genozid. Bestätigte sich der Verdacht, dann hätte sich die Bundesregierung mit der Genehmigung von Rüstungsausfuhren nach Israel der Beihilfe zum Völkermord schuldig gemacht. Eine erste förmliche Stellungnahme des IGH wird noch im April erwartet. In mehreren westlichen Staaten haben Gerichte, Parlamente oder Konzerne inzwischen Rüstungsgeschäfte mit Israel gestoppt, um einen offenen Bruch des Völkerrechts zu vermeiden. Die Zahl der Todesopfer im Gazastreifen übersteigt mittlerweile 33.400, darunter Dutzende Palästinenser, die an Unterernährung oder an Wasserentzug verstarben.
Erste Anordnungen des IGH

Faktisch hängt das Resultat von Nicaraguas Klage gegen Deutschland vom Resultat von Südafrikas Genozidklage gegen Israel ab. Südafrika wirft Israel vor, im Gazastreifen einen Genozid zu begehen, und hat am 29. Dezember 2023 ein entsprechendes Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag angestrengt. Zugleich reichte Pretoria mehrere Eilanträge ein, denen der IGH – nach einer öffentlichen Anhörung vom 11. und 12. Januar – am 26. Januar in einer einstweiligen Anordnung teilweise stattgab. In ihr forderte das höchste Gericht der Vereinten Nationen Israel auf, umgehend sicherzustellen, dass seine Kriegführung keinen der Tatbestände aus Artikel II der Völkermord-Konvention erfüllt. Dies bezog sich unter anderem darauf, dass die israelische Regierung eine angemessene Versorgung der Zivilbevölkerung im Gazastreifen mit Nahrung und Medikamenten verhinderte. Am 28. März legte der IGH mit einer zweiten einstweiligen Anordnung nach. Darin stellte er fest, im Gazastreifen bestehe nicht nur das „Risiko einer Hungersnot“; die Hungersnot habe mittlerweile sogar schon „begonnen“. So seien mindestens 31 Menschen, davon 27 Kinder, an Unterernährung oder Wasserentzug gestorben. Der IGH ordnete deshalb erneut eine angemessene Versorgung im Gazastreifen an.

[Hier weiterlesen]

Amerikanische und britische Vertreter leugnen israelische Verbrechen, obwohl Gaza bewusst ausgehungert wird

Von Thomas Scripps – 11. April 2024

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin erklärte am Dienstag bei einer Senatsanhörung zu Vorwürfen über den von Israel verübten Völkermord in Gaza: „Wir haben keine Beweise dafür.“

Er fügte hinzu: „Wir haben uns verpflichtet, Israel durch Sicherheitshilfe bei der Verteidigung seines Staatsgebiets und seiner Bevölkerung zu unterstützen.“

Zuvor hatte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am gleichen Tag bestätigt, dass ein Datum für den Bodenangriff auf Rafah festgelegt wurde und gedroht: „Keine Macht der Welt wird uns aufhalten.“ In Rafah leben über 1,5 Millionen Palästinenser, die große Mehrheit davon Flüchtlinge.

Ein Einmarsch in Rafah würde die Zahl der Todesopfer in Gaza in ungeahnte Höhen schnellen lassen. Laut den aktuellen Zahlen des Gesundheitsministeriums von Gaza wurden am Dienstag 153 Personen getötet und 60 verletzt. Die Gesamtzahlen stiegen damit auf 33.360 und 75.993, wobei die vermissten und nicht erfassten Personen nicht berücksichtigt sind. Unter den Toten befinden sich 14.500 Kinder und 9.560 Frauen.

Die israelische Regierung weiß, dass die Palästinenser in Rafah nirgendwo hin können. Das Verteidigungsministerium hat zynischerweise eine Ausschreibung für 40.000 Zelte veröffentlicht, die angeblich zur Unterbringung der zu erwartenden Flüchtlinge dienen sollen. Ein Regierungsvertreter bestätigte, dass dies Teil der Vorbereitungen auf die Offensive in Rafah sei.

Der britische Außenminister David Cameron und sein US-Amtskollege Antony Blinken versuchten auf einer Pressekonferenz in abstoßender Weise, die wachsende Zahl der Kriegsverbrechen zu vertuschen.

[Hier weiterlesen]

Wie die USA ihre eigene „regelbasierte Ordnung“ zerstören

Von Spencer Ackerman (eingeleitet und übersetzt von Thomas Röper) – 10. April 2024

Die USA versuchen, das Völkerrecht durch die von ihnen erdachte „regelbasierte Ordnung“ zu ersetzen, doch das Verhalten der USA beim Gazakrieg hat die Idee der „regelbasierten Ordnung“ de facto begraben.

Dass die USA versuchen, das geltende, auf der UNO und ihrer Charta basierende Völkerrecht durch die „regelbasierte Ordnung“ zu ersetzen, auf die sich westliche Politiker in den letzten Jahren immer berufen, ist nicht neu. Die „regelbasierte Ordnung“ ist eine Erfindung der USA, wobei die Regeln niemand niedergeschrieben oder beschlossen hat. „Regelbasierte Ordnung“ bedeutet, dass die USA Regeln festlegen und sie auch jederzeit im Alleingang ändern können, und dass alle Staaten der Welt sich diesen Regeln zu fügen haben. Details dazu finden Sie hier.

Es ist wenig überraschend, dass diese „regelbasierte Ordnung“ außerhalb des Westens als Versuch eines Diktates angesehen wird und daher nicht allzu beliebt ist. Das konnten wir nach der Eskalation in der Ukraine beobachten, als sich die nicht-westlichen Staaten geweigert haben, sich den anti-russischen Sanktionen anzuschließen, weil man außerhalb des Westens eine vollkommen andere Sicht auf den Ukraine-Konflikt hat als im Westen.

Der US-geführte Westen hat in der Folge versucht, die nicht-westliche Welt, den sogenannten globalen Süden, auf seine Seite zu ziehen. Diese Versuche waren erfolglos. Und nach der Unterstützung des Westens für den Völkermord Israels im Gazastreifen haben viele Staaten des globalen Südens hinter den Kulissen alle Gespräche mit dem Westen über Menschenrechte, Werte und so weiter abgebrochen, weil die Doppelmoral des US-geführten Westens allzu offensichtlich geworden ist.

In den USA läuft daher ein innenpolitischer Kampf um die Frage der Unterstützung Israels, weil Experten davor warnen, dass die Unterstützung der US-Regierung für Israel alle Bemühungen, den Einfluss der USA im Rest der Welt auch nur zu erhalten, torpediert.

Die politischen Entscheidungen des Westens werden in den USA getroffen, weshalb der Diskurs über solche Fragen auch in den großen US-Medien stattfindet. Das ist ein wichtiger Unterschied zu beispielsweise Deutschland, weil es in deutschen Medien kaum kontroverse Diskussionen über außenpolitische Themen gibt, denn die Entscheidungen darüber werden nicht in Deutschland getroffen.

Ich will als Beispiel dafür, wie diese Diskussionen in den USA laufen, einen Meinungsbeitrag aus der New York Times zeigen, den Spencer Ackerman, ein preisgekrönter Journalist, der in vielen großen westlichen Medien schreibt, verfasst hat. Da der Artikel durchaus kritisch gegenüber Israel ist, sei angemerkt, dass Ackerman aus einer jüdischen Familie stammt. Ich habe seinen Artikel übersetzt.

[Hier weiterlesen]

Israel zieht Soldaten aus Chan Junis ab, um sich vor Angriff auf Rafah neu zu formieren

Von Jordan Shilton – 10. April 2024

Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu machte am Montag klar, dass es „ein Datum“ gibt für einen Angriff auf Rafah, die südlichste Stadt des Gazastreifens. Am Tag zuvor hatten die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) ihre Truppen aus Chan Junis abgezogen. Nach einer brutalen viermonatigen Kampagne von Tod und Zerstörung in der einst größten Stadt im südlichen Gazastreifen haben die IDF-Soldaten in Chan Junis ein Trümmerfeld hinterlassen.

Israels Verteidigungsminister Yoav Gallant erklärte am Sonntag, das Militär werde sich „neu formieren“ und auf „Folgeeinsätze“ vorbereiten. Der israelische Fernsehsender Channel 13 berichtete am Montag, dass die Evakuierung der mehr als 1,5 Millionen Menschen, die derzeit in Rafah eingepfercht sind, bereits in dieser Woche beginnen könnte, wobei der Prozess „mehrere Monate“ dauern würde. Mit Blick auf die Rafah-Operation erklärte Netanjahu: „Sie wird stattfinden. Es gibt ein Datum.“

Bei Abzug der 98. Division aus Chan Junis machten die IDF deutlich, dass sie zwei Brigaden in der Enklave behalten würden, um „die Handlungsfreiheit der IDF und ihre Fähigkeit zur Durchführung präziser nachrichtendienstlicher Operationen zu wahren“.

Sprecher des Weißen Hauses und des US-Außenministeriums versuchten, den Abzug als einen Schritt in Richtung Waffenstillstand darzustellen. Sowohl der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates des USA, John Kirby, als auch der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, erklärten, dass die Vereinigten Staaten nicht über einen Starttermin für eine Rafah-Offensive informiert seien. Sie verwiesen auf eine neue Runde von Waffenstillstandsgesprächen, die am Sonntag in Kairo eröffnet wurde. Bei diesen soll Berichten zufolge ein Vorschlag zur Umsetzung eines Waffenstillstands während des muslimischen Feiertags Eid al-Fitr diskutiert worden sein.

Washington und die willfährigen Leitmedien wollen offenbar den Eindruck erwecken, dass Israel und die USA sich ernsthaft um einen Waffenstillstand bemühen. Gleichzeitig wurde der Hamas eine Art Ultimatum gestellt. Kirby erklärte unverblümt: „Zum Schluss des Wochenendes wurde der Hamas ein Vorschlag unterbreitet, und jetzt liegt es an der Hamas, ihn umzusetzen.“

Mit anderen Worten: Wenn die Hamas nicht den „Durchbruch“ macht, indem sie die totale Kapitulation vor den IDF akzeptiert und alle Geiseln freilässt, auch ohne Garantien für einen dauerhaften Waffenstillstand zu haben, wird sie die Schuld für den blutigen Angriff auf Rafah tragen. Die Regierung Biden wird behaupten, sie habe alles getan, um den Angriff zu verhindern, und gleichzeitig hoffen, dass sich niemand an die insgesamt 1.800 2.000-Pfund-Bomben erinnert, die die USA kürzlich an Israel geliefert haben – gerade rechtzeitig, um sie auf Rafah abzuwerfen.

[Hier weiterlesen]